Schutzausrüstung: Weil Spahns Bestellung nicht klappt – werden Länder jetzt selbst aktiv
In Deutschland gibt es unter denjenigen, die Schutzkleidung dringend benötigen beziehungsweise beschaffen wollen, einen immer größeren Wettlauf um Masken, Brillen und Kittel.
Das sächsische Sozialministerium habe eingeräumt, dass der Wettlauf zu höheren Preisen führe, berichtet die „Süddeutschen Zeitung“ unter Berufung auf eine eigene Umfrage unter den Bundesländern. Es sei in einem überhitzten Markt kaum noch möglich, Ware zu erhalten.
Doch zurückstecken wolle kaum jemand. Rheinland-Pfalz unternehme alles, um insbesondere Medizin- und Pflegeeinrichtungen „durch eigene Ankaufaktivitäten auf dem Weltmarkt zu unterstützen“, teilte die Landesregierung mit.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat dieser Tage ein eigenes Ankaufsverfahren gestartet. Doch weil das, was der Bund bislang liefern kann, bei Weitem nicht reicht, sind etliche Bundesländer selbst aktiv geworden. Sie nutzen der Umfrage zufolge spezielle Kontakte von Unternehmen in ihren Ländern, um vor allem in China Schutzmaterial zu kaufen.
Krankenhäuser, Apotheken, Wohlfahrtsverbände und Pflegedienste, die nicht auf staatliche Zuteilungen warten wollen, prüfen ebenfalls, was der Markt noch hergibt. Eigentlich sollte die Beschaffung über die Bundesregierung in Berlin laufen.
Zentrale Beschaffung funktioniert nur zum Teil
Dort habe der Krisenstab des Innenministeriums und des Gesundheitsministeriums Mitte März eine „zentrale Beschaffung von Schutzausrüstung für das Gesundheitswesen beschlossen“, teilte das sächsische Sozialministerium der „Süddeutschen Zeitung“ mit.
Die Bundesländer hätten dann ihren Bedarf für die nächsten sechs Monate ermittelt, ebenso wie die Kassenärztlichen Vereinigungen für den ambulanten Bereich, also für die Arztpraxen. Doch bislang sind erst wenige Lieferungen eingegangen, etwa in Sachsen, wie das dortige Sozialministerium mitteilte.
Allein in Sachsen werden wöchentlich 1,4 Millionen hochwertige Masken (FFP2) und mehr als 10 Millionen Einmalhandschuhe benötigt. In den anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus: Man wisse nicht „wann und in welcher Menge wir weitere Schutzkleidung erhalten“, teilte die Stadt Hamburg mit.
„Die Bundesregierung hat bereits vor Wochen zugesagt, für die Länder zentral Schutzausrüstung zu beschaffen. Dieser Zusage kann der Bund leider nur schrittweise nachkommen“, teilte das zuständige Ministerium in Rheinland-Pfalz der „Süddeutschen Zeitung“ mit.
Auch Bremen sei dazu übergegangen, selbst Masken und anderes mehr bestellen, weil „die Lieferungen über den Bund geringer ausgefallen sind, als erhofft und benötigt.“
Regierung billigt Wiederverwendung medizinischer Schutzmasken
Der Krisenstab der Bundesregierung billigt angesichts der Notlage die Wiederverwendung medizinischer Schutzmasken. Angesichts der Beschaffungsprobleme gelte es, „pragmatische und zielführende, aber dennoch sichere Lösungen zu finden“, hieß es am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung der Ministerien für Gesundheit und für Arbeit. Ziel sei, „die Versorgung des medizinischen Personals mit Atemmasken mit Filterfunktion zu gewährleisten“.
Vorgesehen ist demnach Atemmasken der Filterfunktionen FFP2 und FFP3 bis zu dreimal wiederzuverwenden. Dafür gelten allerdings eine Reihe von Auflagen.
So müssen die Masken personifiziert sein und zwischen den Einsätzen durch Erhitzen dekontaminiert werden. Das neue Verfahren könne „in Ausnahmefällen, wenn nicht genügend persönliche Schutzausrüstung vorhanden ist“, angewandt werden, „ohne das Schutzniveau zu senken“.
Normalerweise sind medizinische Schutzmasken für den einmaligen Gebrauch vorgesehen. Tatsächlich wird die Wiederverwendung schon vielerorts von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen praktiziert, da sonst das Personal völlig ungeschützt arbeiten müsste. (dts)
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