Wer wird Baerbocks Nachfolger im Auswärtigen Amt?

Während die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD in Berlin in ihre entscheidende Phase gehen, werden die Spekulationen über die Besetzung der Ministerposten intensiver. Der frühere Unionschef und Ministerpräsident von NRW, Armin Laschet, wurde zuletzt als möglicher Kandidat für das Amt des Außenministers genannt.
Zuletzt hatte Gerhard Schröder dieses Amt für die Union von 1961 bis 1966 inne – sieht man vom letzten DDR-Außenminister Lothar de Maizière ab. Seit 1982 ist es üblich, dass der kleinere Koalitionspartner für das Auswärtige Amt zuständig ist. Allerdings könnte im Fall der wahrscheinlichen Koalition aus Union und SPD die Konstellation eintreten, dass Boris Pistorius Bundesverteidigungsminister bleibt. Dann würde die Union zum Ausgleich das Außenministerium erhalten.
Helmut Kohl hatte Laschet und andere junge Abgeordnete zur Außenpolitik ermuntert
Laschets Name ist spätestens seit seinem gemeinsamen Besuch am 20. März mit der scheidenden Außenministerin Annalena Baerbock im Nahen Osten im Gespräch. Er ist bereits jetzt Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. In der Zeit von 1999 bis 2005 war er Mitglied des Europäischen Parlaments mit Schwerpunkt Außen- und Sicherheitspolitik.
In einem Interview mit „Bild“ schließt er einen Wechsel in dieses Ministeramt nicht aus – sollte dieses an die Union gehen. Er mache, so Laschet, „eigentlich, seit ich politisch tätig bin, Außenpolitik“. Helmut Kohl habe damals die jungen Abgeordneten explizit dazu motiviert.
Zwar war bislang die Europapolitik der außenpolitische Schwerpunkt Laschets. Allerdings hat er unter anderem für die Nahostpolitik bedeutsame Kontakte in Länder wie Israel oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Vor allem gegenüber muslimischen Ländern hat Laschet eine intakte Gesprächsbasis. Als früherer Integrationsminister in NRW hatte er einen weitgehend kultursensiblen Ansatz verfolgt. Dies öffnete ihm nicht nur bei Verbänden von Einwanderern in Deutschland Türen – sondern auch in deren Herkunftsländern.
Verständnis für Merkels Gas-Strategie
Armin Laschet als Außenminister wäre ein deutlicher Stilbruch gegenüber der Ära Baerbock. Der frühere Ministerpräsident hatte mit Blick auf den Bürgerkrieg in Syrien vor einer Unterstützung dschihadistischer Rebellen gewarnt. Im Ukraine-Krieg gehörte er zu den wenigen Stimmen in der Union, die sich gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern wandten.
Mit Blick auf Russland deutet er ein Ende der reinen Konfrontationspolitik an. Dies, obwohl er bekennt, im Kalten Krieg die alte Sowjetunion als „imperiale Bedrohung“ wahrgenommen und nie ein „romantisiertes Verhältnis“ zu dem Land gehabt zu haben. Gegenüber „Bild“ äußerte Laschet:
„Ein Außenminister und auch ein Regierungschef muss mit jedem reden. Das ist gerade das Kunststück von Außenpolitik. Dreiviertel der Mitglieder der UN-Vollversammlung sind Diktaturen autoritärer Herrscher. Aber mit jedem muss man reden und gemeinsame Lösungen finden.“
Dass die Regierung Merkel auf Gaslieferungen aus Russland gesetzt hatte, hält Laschet ebenfalls für einen realpolitisch nachvollziehbaren Schritt. Es wäre vor dem Ukraine-Krieg nicht vermittelbar gewesen, vierfach teureres und umweltschädlicheres Gas zu kaufen, nur um die Abhängigkeit zu verringern.
Laschet traut Trump Lösung in der Ukraine zu – und kritisiert Europäer
Laschet plädierte dafür, US-Präsident Donald Trump enger an Europa zu binden. „Es bringt uns keinen Millimeter weiter, wenn wir uns jeden Tag ereifern über Donald Trump und uns über ihn lustig machen“, sagte der CDU-Außenpolitiker der Funke Mediengruppe. Es gelte, ihm zu verdeutlichen, dass eine enge Zusammenarbeit auch im amerikanischen Interesse sei.
„Es gibt geopolitische Konflikte, nicht nur mit Russland, sondern auch mit China. Trump wird uns auch noch mal brauchen“, sagte Laschet. Dennoch müsse sich Europa darauf vorbereiten, dass die USA nicht mehr zur Verfügung stehen.
Laschet traut es US-Präsident Donald Trump zu, ein Abkommen zur Beendigung des Krieges zu schließen. Er kritisiert in diesem Kontext die abrupten Positionswechsel der Europäer. Erst habe niemand Gespräche führen wollen und Bundeskanzler Olaf Scholz schon für bloße Telefongespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert. Nun drängten alle an den Verhandlungstisch.
Der frühere CDU-Chef verteidigt die Versuche der Europäer, den syrischen Rebellenführer Ahmed Al-Scharaa zu umgarnen. Man wisse nicht, ob man das in fünf Jahren nicht bedauern werde. Aber wenn man nicht die Nähe suche, würden schon jetzt andere Kräfte an diese Stelle treten.
Pistorius könnte vom Verteidigungsministerium ins Auswärtige Amt wechseln
Von Laschet wäre auch eine stärkere außenpolitische Annäherung an Frankreich zu erwarten. Im „Bild“-Interview äußerte er, es sei zwar in Ordnung gewesen, dass Kanzler Scholz eine so enge Beziehung zu den USA unter Joe Biden gesucht habe. Allerdings wäre auch ein emotionaleres Verhältnis zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wünschenswert gewesen.
Inwieweit die Besetzung des Außenministeriums mit Laschet spruchreif ist, bleibt ungewiss. Dieser selbst erklärt, dass Personalentscheidungen dieser Art häufig erst in der letzten Nacht der Koalitionsgespräche fielen. Im Gespräch waren bislang auch andere Namen. Für den Fall einer Besetzung des Ministeriums durch die Union wurden auch die Namen von Johann Wadephul und Norbert Röttgen genannt, die eher für eine Fortführung des Baerbock-Kurses stünden.
Sollte Pistorius nicht Verteidigungsminister bleiben, könnte er selbst ins Außenministerium wechseln. SPD-Chef Lars Klingbeil hat jedoch auch seine Co-Parteisprecherin Saskia Esken als mögliche Option ins Spiel gebracht. Der designierte Kanzler Friedrich Merz erklärte dazu, dass er Eskens Flexibilität in Krisensituationen schätzte.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion