Wer bellt, der beißt nicht

Klimaschutz- und Antirassismuscamp bis Sonntag in Lurup
Titelbild
(Heike Soleinsky)
Von 20. August 2008

Here we are – da sind wir, heißt es in der Auftakt-Demonstration des Klima- und Antiracamps (Antira steht für Antirassismus), die gemeinsam am vergangenen Wochenende ihre Zelte auf einem idyllischen Platz in Lurup aufgeschlagen haben. Da sind sie also. Das wurde in den Medien ein paar Tage zuvor ja schon angekündigt, als Steine und Farbbeutel an Politiker und Mitarbeiter der Ausländerbehörde adressiert und mit der Tat auf das Camp verwiesen wurde. Haben die Kleingärtner am Vornhornweg jetzt gewaltbereite Nachbarn?

Friedliche Organisationen

Ralf Meyer, Pressesprecher der Hamburger Polizei, sagte der Epoch Times dazu: „Ich würde den bürgerlichen Organisationen, die dort teilnehmen, wie der Flüchtlingsrat und Robin Wood, nicht unterstellen, dass sie gewaltbereit sind.“ Dass der FDP-Abgeordnete Robert Bläsing sagte, bei einer Demonstration auf dem Flughafen würden Fluggäste und Personal notfalls auch mit Wasserwerfern geschützt, bezeichnet man auf der Homepage des Antiracamps jedoch als „Aufruf zum Bürgerkrieg“. Klingt das nicht sehr aggressiv? Meyer sieht das gelassen: „Hunde, die bellen, beißen nicht. Wir beobachten, wir sind auch präsent. Manche reden ja davon, dass sie auf das Rollfeld gehen wollen. Das wäre ein Eingriff in den Luftverkehr und damit eine Straftat, und dann würden wir unverzüglich eingreifen. Aber wir glauben, dass die meisten eben doch friedlich sein werden.“ Das bestätigt auch ein Schrebergärtner, der gerade über seine Pforte zum Camp blickt: „Keine Probleme. Ab halb elf ist dort alles ruhig.“

Im Camp geht es also friedlich zu, wenn es dort auch welche gibt, die sich mit den Werfern der Farbbomben solidarisieren. Weit Schlimmeres würden Flüchtlinge in Deutschland erleiden, sagen sie. Und damit sind wir schon beim Thema des Camps: „Ökologische und soziale Gerechtigkeit.“

„Norddeutsche Abschiebezentrale“

„Hamburg kommt die traurige Rolle als norddeutsche Abschiebezentrale zu“, sagen die Leute vom Antiracamp. Sie plädieren für einen Global Pass, gültig für jeden und überall, und fordern: „Gleiche Rechte für alle.“ Dazu gehören das Recht auf Bildung, Gesundheitsversorgung, Arbeit, globale Bewegungsfreiheit. Jeder soll in jedes Land kommen und seine Koffer auspacken können.

Victor, ein schwarzhäutiger Mann mit würdevoller Ausstrahlung ist ein verarmter Bauer aus der Republik Kongo (ehemals Zaire), der für die anderen Bauern in seinem Land spricht. Deutsche Firmen und Banken haben an der Verschuldung des Landes durch falsche Wirtschaftlichkeitsstudien zu Zeiten der Mobutu-Diktatur glänzend verdient. „Wir haben Gold, wir haben Diamanten, wir haben Holz. Wieso profitieren nicht wir, sondern die multinationalen Konzerne davon?“, fragt er. Hochspannungsleitungen vibrieren über den Dörfern, doch sie selbst haben keinen Strom. Durch den Klimawandel bleibt der Regen entweder aus oder schüttet in riesigen Mengen. Bald werden sich die Bauern gezwungen sehen, ihr Land zu verlassen. Rund 80 Prozent der Bevölkerung lebt auf dem Land. Victor wundert sich über Europa, das Maßnahmen gegen die jungen Leute aus seinem Land ergreift und nicht Maßnahmen gegen die Ursachen. „Der Klimawandel ist keine ökologische oder technische, sondern eine soziale Frage“, sagt dazu Tadzio Müller, Pressesprecher des Klimacamps.

Täglich finden im Camp rund um die Uhr Workshops, Filmvorführungen und Diskussionen statt, zu denen alle Interessierten eingeladen sind. Dabei geht es um Biosprit, industrielle Produktion, Ernährung, um antirassistische Internetprojekte, globale soziale Rechte und auch um Burnout in politischen Gruppen. Jeden Tag sollen zudem Aktionen außerhalb des Camps laufen. So dürfte man in Altona am vergangenen Montag nicht schlecht über die „Prüfung“ von Altonas unterirdischem Salzstock auf seine Eignung als Atommüll-Endlager gestaunt haben – und darüber, wie Aktivisten schon die ersten Atommüll-Gebinde mit der Hamburger Hochbahn anlieferten.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 34/08

(Heike Soleinsky)
(Heike Soleinsky)
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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