Weniger Tierhaltung, mehr Naturschutz: BUND geht mit Verfassungsbeschwerde gegen Ampel vor
Der Umweltverband BUND reicht Verfassungsbeschwerde gegen die Naturschutz-Politik der Bundesregierung ein. Die entsprechenden Dokumente seien bereits am Dienstagabend bei den Richtern in Karlsruhe eingegangen, teilte der Verband in Berlin mit.
Mit der Beschwerde will der Verband die Ampelregierung dazu zwingen, ein „umfassendes gesetzliches Konzept“ zum Schutz der Artenvielfalt vorzulegen und den Verlust von Arten umgehend zu stoppen.
BUND: Tierhaltung einschränken, weniger Pestizide
Konkret fordert der BUND von der Politik klare Einschränkungen für das Ausmaß der Tierhaltung und des Pestizideinsatzes, wie der BUND-Landesvorsitzende Sachsen, Felix Ekardt, sagte. „Wir brauchen da mengenmäßige Beschränkungen.“
Auch die im Juni verabschiedete EU-Wiederherstellungsverordnung lasse der Politik „viel zu lange Zeit“ und sei „in ihren Anforderungen zu ungenau“, argumentieren die Kläger. Die EU-Vorgaben seien zudem „voll von Ausnahmen“, sagte Ekardt.
Die Bundesregierung hatte jüngst auf Anfrage der Unionsfraktion erklärt, sie wolle bis September 2026 einen „Nationalen Wiederherstellungsplan“ zur Umsetzung des EU-Gesetzes vorlegen.
Es verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis 2030 je mindestens 20 Prozent der Flächen und Meeresgebiete zu renaturieren. Bis 2050 sollen dann alle „sanierungsbedürftigen Ökosysteme“ erfasst werden. Dies betrifft nicht nur Naturschutzgebiete betreffen, sondern auch bewirtschaftete Flächen wie Wälder, Felder und auch städtische Gebiete. Die Mitgliedstaaten setzten allerdings eine Reihe von Ausnahmen durch.
Erste Verfassungsbeschwerde dieser Art weltweit
Es handelt sich laut BUND weltweit um die erste Verfassungsbeschwerde dieser Art. Angeschlossen haben sich auch mehrere Einzelkläger, darunter der bekannte Schauspieler Hannes Jaenicke sowie der Naturschützer Christof Martin. Die Kläger wollen in Karlsruhe geltend machen, dass ihre im Grundgesetz geschütztes Rechte auf Leben und Gesundheit, Eigentum und Freiheit durch die Folgen eines fortschreitenden Biodiverstitätsverlusts verletzt werden.
Ob die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe die Regierung tatsächlich zu einem effektiveren Naturschutz bewegen kann, ist schwer abzusehen.
Vorbild für die Klage ist die Klima-Verfassungsbeschwerde, die der BUND 2018 zusammen mit dem Solarenergie-Förderverein vor das Bundesverfassungsgericht brachte und der sich mehrere Einzelpersonen anschlossen. Die Klage hatte Erfolg, Karlsruhe erklärte das damalige Klimaschutzgesetz 2021 für teilweise verfassungswidrig.
Es sah die vielfach jungen Einzelkläger in ihren Freiheitsrechten verletzt, erklärte die Verbände aber nicht für beschwerdebefugt. Der BUND hofft laut Prozessvertreterin Franziska Heß nun, dass sich diese Einschätzung ändert. Daraufhin sah sich die Ampel gezwungen, das Bundesklimaschutzgesetz im Eiltempo nachzuschärfen.
Juristisch vertreten wird die Verfassungsbeschwerde wie schon im Falle der Klima-Verfassungsbeschwerden von der Berliner Kanzlei Baumann Rechtsanwälte.
BUND-Jurist warnt vor „massiven Freiheitseingriffen“
Das Tempo bei Artensterben und Naturzerstörung sei „noch dramatischer als die Geschwindigkeit der Klimakrise“ und doch werde zu wenig dagegen unternommen, erklärt der Verband.
„Beim Erhalt der Biodiversität geht es um nichts Geringeres als um unsere Lebensgrundlagen. Die Natur in Deutschland wird jedoch nur unzureichend geschützt und der Verlust schreitet voran“, erklärte die stellvertretende BUND-Bundesvorsitzende Myriam Rapior.
Obwohl Fachleute seit Jahren auf diesen Missstand hinweisen würden, komme die Regierung nicht ins Handeln, beklagt sie.
Auch Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik ist laut BUND als Prozessvertreter in das Verfahren eingespannt. Die Menschheit laufe „in die Katastrophe“ und riskiere ihre Existenzgrundlagen, sagt er.
Es gehe um Existenzielles, etwa darum, ob Böden weiter fruchtbar seien und Pflanzen weiter bestäubt werden könnten. Wenn wirksamer Naturschutz weiter vertagt werde, könnte er künftig nur noch „mit massiven Freiheitseingriffen machbar“ sein, warnt der Jurist und BUND-Landesvorsitzende in Sachsen.
Weltnaturkonferenz in Kolumbien
Seit Montag wird auch international wieder um die Rettung der Artenvielfalt gerungen: Auf der Weltnaturkonferenz im kolumbianischen Cali kommen Verhandler aus aller Welt zusammen, um konkrete Schritte zur Umsetzung eines globalen Naturschutzabkommens auszuarbeiten.
Vor zwei Jahren hatten sich rund 200 Staaten im kanadischen Montreal auf 23 Ziele, die bis 2030 erreicht werden sollen, verständigt. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.
Zudem sollen die Industrieländer bis 2025 jährlich rund 20 Milliarden Dollar für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen.
Zum Auftakt der Konferenz räumte die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ein, dass die Situation in den vergangenen zwei Jahren „nicht besser geworden“ sei. (dpa/red)
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