Weniger Flüchtlinge aus der Ukraine – mehr Asylbewerber aus anderen Staaten
Die Zahl der Einreisen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nach Deutschland geht weiter zurück. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Mathias Middelberg hervorgeht, wurden laut Ausländerzentralregister im April rund 19.300 Einreisen erfasst.
Im Mai kamen demnach im Zusammenhang mit dem russischen Einschreiten in der Ukraine rund 15.600 Menschen nach Deutschland. In den ersten drei Monaten dieses Jahres waren in dem Register noch insgesamt rund 81.600 Einreisen aus der Ukraine erfasst worden. Wie viele Menschen aus der Ukraine Deutschland seit Jahresbeginn wieder verlassen haben, um trotz des Krieges in ihre Heimat oder in ein anderes EU-Land zu reisen, geht aus den abgefragten Zahlen nicht hervor.
Aufnahmefähigkeit ist Sorge der Gemeinden
Während die Zahl der Kriegsflüchtlinge, die aus der Ukraine einreisen, kontinuierlich zurückgehe, nehme der Anteil der Asylbewerber aus anderen Staaten zu, sagte Middelberg, der als stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion für Haushalt, Finanzen auch für Kommunalpolitik verantwortlich ist. Die Sorgen der Gemeinden „hinsichtlich eines Endes der Aufnahmefähigkeit“ würde immer drängender.
Umso wichtiger sei es, „dass die Bundesregierung den unter den EU-Staaten nun formulierten Asylkompromiss nicht weiter aufweicht“, forderte Middelberg. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) solle dafür sorgen, dass der Kompromiss zügig umgesetzt werde, „damit die Asyl-Ankunftszahlen in Deutschland endlich zurückgehen“.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine werden in den EU-Staaten aufgenommen, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde in den ersten fünf Monaten dieses Jahres für 125.556 Menschen erstmals in Deutschland ein Asylantrag gestellt. Das waren fast 77 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten Schutzsuchenden kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.
UNHCR: Krisen treiben Flüchtlingszahlen auf Rekordhöhe
Ukraine, Afghanistan, Sudan: Weltweit ist die Zahl der Flüchtlinge und Migranten auf einen Rekord gestiegen. Aktuell sind rund 110 Millionen Menschen unterwegs, Zweidrittel davon in ihren Heimatländern, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf berichtete. Die Organisation verlangt mehr Anstrengungen, um Fluchtursachen zu bekämpfen und Flüchtlingen und Migranten beizustehen. Im Juni 2022 waren rund 100 Millionen Menschen unterwegs gewesen.
Die Zahlen seien verheerend, sagte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. „Es ist ein Armutszeugnis für den Zustand unserer Welt“, meinte er. Es gebe immer mehr Krisen, aber kaum Lösungen. 5,7 Millionen Flüchtlinge und Migranten gab es im vergangenen Jahr, aber nur 340.000 Flüchtlinge und Migranten kehrten aus dem Ausland in ihre Heimat zurück.
Asyl und ähnlicher Schutz sind Menschen vorbehalten, die vor Krieg, Konflikten, Verfolgung und Gewalt fliehen. Nach der UN-Flüchtlingskonvention sind alle Länder verpflichtet, sie aufzunehmen.
Asylsysteme sind überlastet
Laut dem UN-Kommissar wären, weil legale Migrationswege fehlten, die Asylsysteme überlastet. Behörden erkennen bei vielen Asylbewerbern angegebene Fluchtgründe aber nicht an. In Deutschland wurden 2022 bei knapp 230.000 Asylentscheiden die Anträge von fast 50.000 Personen abgelehnt. Rund 50.000 weitere Fälle erledigten sich – etwa, weil Personen in anderen Ländern registriert waren oder Anträge zurückzogen.
Grandi äußerte die Befürchtung, dass sich die aktuelle Krise im Sudan ausweiten könnte. Noch seien Hunderttausende Geflohene in Nachbarländern untergekommen. Aber der Osten des Landes sei als Terrain von Menschenschmugglern bekannt. Wenn Recht und Ordnung im Sudan nicht bald wieder hergestellt würden, könnten diese Schmuggler Sudanesen auf die Fluchtrouten „nach Libyen und weiter“ bringen, wie Grandi sagte.
Vom Mittelmeerstaat Libyen starten viele Schleuserboote Richtung Europa. Im Sudan gibt es seit Mitte April einen Machtkampf zwischen Truppen des De-facto-Präsidenten und dessen bisherigem Stellvertreter. Seit dem Beginn der Gewalt sind UN-Angaben zufolge mittlerweile fast 1,9 Millionen Menschen geflohen.
Deutschland gehört neben Türkei und Iran zu den Top-Aufnahmeländern
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat nach UNHCR-Angaben 2022 die schnellste Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst: Ende 2022 waren nach dem Bericht 5,7 Millionen Menschen innerhalb der Grenzen in der Ukraine vertrieben worden oder ins Ausland geflüchtet. Ende 2022 seien weltweit insgesamt 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen gewesen, 19,1 Millionen mehr als ein Jahr zuvor.
Gut ein Drittel der Vertriebenen flüchtete ins Ausland. Davon waren wiederum Zweidrittel in Ländern mit niedrigen oder mittleren Einkommen. Sie harren meist in Nachbarländern ihrer Heimat aus – in der Hoffnung auf eine baldige Heimkehr. Die Türkei beherbergte Ende 2022 die meisten Flüchtlinge, gefolgt vom Iran, wo überwiegend Afghanen unterkamen, Kolumbien und Deutschland.
Grandi lobt die geplante Reform des EU-Asylwesens. Die EU will Asylsuchende, die aus einem Staat anreisen, der als sicher gilt, künftig nach dem Grenzübertritt in einer Aufnahmeeinrichtung festhalten. Nach einer zügigen Prüfung der Gesuche sollen Abgelehnte umgehend zurückgeschickt werden. (dpa/er)
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