Weiterer Rotstrich: Deutscher Ärztetag verabschiedet Beschluss zur „Anti-Homöopathie“

Nach dem 128. Deutschen Ärztetag kocht die Debatte um die Erstattung ärztlicher homöopathischer Leistungen hoch. Kritiker argumentieren mit einem „Placebo-Effekt“ und bezeichnen die Homöopathie als „pseudomedizinische Methode“.
Streit um Anerkennung der Homöopathie erneut entfacht
Globuli sind als alternative Medizin bei vielen beliebt. Doch die Homöopathen stoßen auf Gegenwind in der Ärzteschaft.Foto: iStock
Von 11. Mai 2024

Seit Jahren sorgt das Thema Homöopathie für kontroverse Diskussionen. In vielen Bundesländern wurde bereits die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der (Muster-)Weiterbildungsordnung gestrichen. Nun setzte der 128. Deutsche Ärztetag einen weiteren Rotstrich an.

Danach soll Homöopathie künftig weder als Kassenleistung zur Abrechnung kommen, noch im Rahmen eines Sonderstatus in der Gebührenordnung für Ärzte Erwähnung finden. Das geht aus einem Beschluss des 128. Deutschen Ärztetages hervor, der vom 7. bis 10. Mai in Mainz stattfand.

Das Prinzip der Homöopathie „Similia similibus curentur“ – Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt – wurde vor über 200 Jahren von dem deutschen Arzt, Apotheker und Chemiker Samuel Hahnemann (1755–1843) begründet. Viele Menschen schwören auf diese Behandlungsmethode, die nicht nur das Symptom, sondern den Menschen als Ganzes betrachtet. Statt wie üblich ein Medikament aufgrund einer Diagnose zu verschreiben, sucht ein Homöopath das Mittel heraus, das zum individuellen Zustand des Patienten passt. Erfolge dieser Methode werden von Kritikern jedoch als „Placebo-Effekt“ belächelt.

Geht es nach dem Wortlaut des Beschlussantrages vom 10. Mai, so stellt die Anwendung von Homöopathie in Diagnostik und Therapie „in der Regel keine mit rationaler Medizin, dem Gebot der bestmöglichen Behandlung sowie einem angemessenen Verständnis medizinischer Verantwortung und ärztlicher Ethik vereinbare Option“ dar.

Das Gremium nimmt insoweit Bezug auf eine Aussage des Beirats der Europäischen Wissenschaftsgemeinschaft, der die Europäische Union wissenschaftlich berät. Dieser stellte im Jahr 2017 fest, „dass die Behauptungen zur Homöopathie unplausibel sind und nicht mit etablierten wissenschaftlichen Konzepten übereinstimmen“. Außerdem würde die Anwendung von Homöopathie generell das Vertrauen der Patienten und der Bevölkerung in die Natur und den Wert wissenschaftlicher Evidenz für die Entscheidungsfindung in der Gesundheitsversorgung „untergraben“. Der Rat forderte, dass in Europa nur nachweisbar wirksame Medizinprodukte verkauft werden dürfen.

„Pseudomedizinische Methode“

In den letzten Jahrzehnten hätte sich eine „Fehlwahrnehmung“ der Homöopathie verbreitet, kritisiert der Deutsche Ärztetag. Die Bevölkerung sehe die Homöopathie fälschlicherweise als bewährte Alternative zur Schulmedizin, dies erkläre auch die in Umfragen festgestellte Beliebtheit der Homöopathie.

Die Homöopathie sei jedoch „als pseudomedizinische Methode“ und „Placebo-Therapie“ zu betrachten, sodass ihr auch keine Sonderstellung in ärztlichen Vergütungssystemen zukommen sollte.

„Pseudomedizinische Methoden wie die Homöopathie gehören nicht in ärztliche Hände“, argumentieren die 15 Ärzte, die den Antrag beim 128. Deutschen Ärztetag einbrachten.

Durch die ärztliche Anwendung von Homöopathie werde „das notwendige Vertrauen in die Medizin als Fachgebiet sowie die Wissenschaft allgemein untergraben“.

Die gesellschaftliche Verantwortung des „herausgehobenen Berufsstandes“ der Ärzte hingegen gebiete ein klares Bekenntnis zu wissenschaftlichem Denken. Der Deutsche Ärztetag forderte den Gesetzgeber auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Homöopathen befürchten Verbot

Schon im Vorfeld hatte der Antrag auf Streichung der Leistungen beim Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte für Empörung gesorgt. Letztlich laufe es auf ein Verbot der ärztlichen Homöopathie hinaus, erklärt der Verband in einer Pressemitteilung vom 9. Mai.

Bezug nehmend auf die Begründung, dass die Homöopathie nicht mit den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin vereinbar sei, hält die erste Vorsitzende, Dr. Michaela Geiger, dem Deutschen Ärztetag entgegen:

„Diese Begründung verleugnet den aktuellen Stand der Homöopathie-Forschung und verkennt die Versorgungsrealität in unseren Praxen.“

Neben der Bestätigung in der täglichen Praxis habe die Homöopathie ihre Wirksamkeit unter etablierten Studienbedingungen vielfach unter Beweis gestellt. Die Zusammenschau aller wissenschaftlichen Nachweise, die sich aus randomisierten Doppelblindstudien, Metaanalysen und Beobachtungsstudien in Human- und Veterinärmedizin ergebe, spreche deutlich für die Wirksamkeit, den Nutzen, die Nachhaltigkeit und für die Kosteneffizienz der Homöopathie.

Geiger erinnerte die Delegierten des 128. Deutschen Ärztetages daran, dass sie alle Ärztinnen und Ärzte vertreten – „auch jene rund 60.000, die neben der konventionellen Medizin auch komplementäre Verfahren anwenden“.

Dass der Beschluss den Ärztetag letztlich doch passierte, kommentierte Geiger auf X mit den Worten: „Der Anti-Homöopathie Beschluss spaltet die Ärzteschaft und die Gesellschaft. Wir fordern die Politik auf, sich dieser Tendenz mit Entschlossenheit entgegenzustellen.“

Inwieweit der Beschluss des Deutschen Ärztetages in der Politik durchgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion