Weidel in Hamburg: „Ungebetene Gäste“ im Saal – 16.000 Demonstranten draußen
In der Spitze protestierten bis zu 16.000 Menschen aus Hamburg und anderswo am Donnerstag, 16. Januar, gegen den Auftritt der AfD-Kanzlerkandidatin im Hamburger Rathaus. Das Hamburger Bündnis gegen Rechts hat zu der Demo mit dem Namen „Alle gemeinsam gegen Alice Weidel und die AfD“ aufgerufen.
Insgesamt 1.500 Polizisten, darunter rund 550 aus anderen Bundesländern, waren im Einsatz, um Recht und Ordnung auf den Straßen zu sichern. Die Demo startete gegen 16:40 Uhr mit einer Kundgebung am Hauptbahnhof und setzte sich gegen 17:30 Uhr – laut Polizei – mit rund 5.000 Teilnehmern in Richtung des Rathauses der Zweimillionenmetropole an der Elbe in Bewegung.
Es klingt wie im Dritten Reich und schaudert einen.
Diese Menschen – zum Besuch von #AliceWeidel – sind definitiv lost.
Ersetzt das Rathaus der Hansestadt durch eine riesige Moschee.
Dann sind sie zufrieden und fühlen sich heimisch.#Hamburg #wirsindmehr #Illner #Weidel… pic.twitter.com/DnmcNEo1ko— ✍ Klartext aus Muc 💻 🤳 (@e_munich) January 17, 2025
Demonstranten versuchen, Bannmeile zu durchbrechen
Nachdem der Aufzug durch die Straßen Hamburgs noch etwa 250 Meter vom Endkundgebungsplatz Bergstraße und unweit des Rathauses entfernt war, wurde er von der Polizei gestoppt, „da Teilnehmende Vermummungsgegenstände angelegt hatten“. Als die Polizei die Demonstranten per Lautsprecher „zum Ablegen ihrer Vermummung“ aufforderte, taten sie das – und der Umzug konnte weiterziehen. Später versuchten vor Ort gewaltbereite Personen, die Absperrung der Polizei zum Bannkreis am Rathaus mehrfach zu durchbrechen, wurden jedoch von den Einsatzkräften davon abgehalten. Unter anderem mussten die Beamten körperliche Gewalt und Pfefferspray einsetzen.
Dieses Video ist beängstigend! Die gewaltbereite Antifa ist der wahre Feind unserer Demokratie. #AfD #Hamburg https://t.co/3ah4satDBY
— Ela (@Einfach_Ela_) January 16, 2025
Gegen 20:15 Uhr endete die Abschlusskundgebung, nachdem schon währenddessen „ein Großteil der Teilnehmenden sukzessive“ gegangen war. Die Polizei merkte noch an, dass die Veranstaltung ansonsten friedlich verlaufen sei.
Ein Demonstrant erklärte die Ausschreitungsmomente in einem X-Video so, dass einige Antifa-Anhänger versucht hätten, die Bannmeile zu durchbrechen, um ins Rathaus zu gelangen. Die Polizei habe das verhindert und dadurch deren „Versammlungsfreiheit mal wieder nicht zugelassen“, so die Sicht des Demonstranten, die auch auf dem Instagram-Kanal des linken Netzwerks „widersetzen“ veröffentlicht wurde.
#Hamburg
Wenn der Antidemokrat spricht.
„Einige Antifaschisten haben versucht durch die Banmeile durchzukommen und bis ans Rathaus zu kommen.“
Anschließend ist die Polizei eingeschritten und er redet was von „Unsere Versammlungsfreiheit mal wieder nicht zugelassen“ 🤦🏻♂️🤡🙈🤪😂 pic.twitter.com/91zl2ehMGy— AldousHuxley (@AHuxley1963) January 17, 2025
Rathaus proppevoll – alles „ungebetene Gäste“?
Im Rathaus tagte ab 19 Uhr, abseits des Trubels auf der Straße und doch nicht unberührt davon, die Dialog-Veranstaltung der AfD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg – mit Gastrednerin Weidel.
Nach Angaben des NDR hätte der Platz im Großen Festsaal des Rathauses für Zuschauer nicht ausgereicht, sodass die Rede der Kanzlerkandidatin per Streaming auf andere Säle übertragen worden sei.
Peter Tschentscher (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister, hatte sich auf seinem Instagram-Account am Tag des Weidel-Besuchs so geäußert: „Heute ist ein guter Tag, um an die Hamburgische Verfassung zu erinnern. Denn manchmal hat man auch im Rathaus ungebetene Gäste. Aber unsere Demokratie ist stark und wehrhaft.“
Tschentschers Äußerung wurde wiederum von der Fraktion der AfD in der Hamburger Bürgerschaft aufgenommen und von Dirk Nockemann, Hamburgs AfD-Fraktionschef und -Landesvorsitzender, auf X kommentiert: „Während friedfertige Bürger unserer Veranstaltung beiwohnen möchten, planen Linke gewaltsame Blockaden. Anstatt diese Gewaltandrohungen konsequent zu verurteilen, fällt dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher nichts weiter sein, als von ‚ungebetenen Gästen‘ im Rathaus zu fabulieren und die Stimmung weiter anzuheizen“, so der Jurist.
Weidel: „Gewalt keine Form der Auseinandersetzung in Demokratie“
Weidel sprach eingangs bereits von gewalttätigen Vorkommnissen durch Demonstranten in Hamburg und vor allem auch beim AfD-Parteitag in Riesa am vergangenen Wochenende. Sie sagte, sie habe sich „extra für die Linksextremen, für die Linken, für die Antifa, diesen Herz-Pulli angezogen“. Mit diesen Worten zeigte Weidel ihr Kleidungsstück symbolisch her, um daraufhin zu erklären, dass dies eine „klare Nachricht“ sei: „Gewalt ist niemals und darf niemals die Form der Auseinandersetzung in einer Demokratie sein.“
Weidel sprach in ihrer Rede von „Gewaltanwendung, von Massenausschreitung von Linken, von der Antifa“. Dies erinnere „gerade uns Deutsche“ an unsere „dunklen Zeiten, an die Zeiten des Totalitarismus“, so Weidel. Im Dritten Reich habe man die „schlagende SA“ gehabt, die auch auf Andersdenkende eingeschlagen habe. „Und ich muss Ihnen sagen: Diese Zeiten möchte ich nicht mehr wiederhaben.“
Weidel erinnerte an einen italienischen Schriftsteller, der nach seiner Rückkehr aus dem Exil gesagt habe: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, dann wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus‘, sondern ‚Ich bin der Antifaschismus‘.“
Weidel sagte, dass dieser Mann recht gehabt habe – und seine Worte zugleich Warnung an die heutige deutsche Gesellschaft sein sollten: „Wie kann das sein, dass diese Veranstaltung massiv geschützt werden muss“, dass man nicht ungezwungen zu den Menschen sprechen könne und sie, Weidel und auch andere AfD-Politiker, unter „massivem Personenschutz“ stünden. „Riesenaufgebot von Polizei und Behörden hier“ und es gebe linksextreme Gewalttäter, „die uns zu Hause aufsuchen, die Anschläge auf AfD-Funktionäre ausüben“. Weidel fragt, wie das alles sein könne „in einer freien Gesellschaft, die wir doch eigentlich haben wollen“.
Und tatsächlich: „Das Rathaus gleicht einer Festung“, schreibt die „Welt“ und verweist auf doppelte Kontrollen, die die Teilnehmer auf dem Weg zu Weidel durchlaufen mussten. Mehrere Ringe von Absperrungen hatte die Polizei außerhalb davon gezogen. Vor dem Haus: bürgerlicher Protest, vermischt mit der linksextremen Szene, so das Blatt.
Im Verlauf ihrer Rede ging Weidel auch auf „Impftote“ und „Impfgeschädigte“ in der Pandemie ein. Sie erklärte, sich zu wünschen, dass da „Verantwortung übernommen würde“. Das könne das Geschehen nicht wiedergutmachen, „aber man kann um Vergebung bitten“, so die AfD-Chefin in ernstem Ton – „und wir können auch verzeihen“.
CORONAZEIT:
Alice Weidel gibt ihr Versprechen! 🔥🇩🇪#Hamburg pic.twitter.com/t2LipwO9Wb
— Heimatgefühl (@HeimatliebeDE) January 16, 2025
Allerdings: „Sich zu verstecken und die Meinung niederzumachen“, das sei etwas, „wo wir als Alternative für Deutschland hinterhergehen werden – und diese Menschen zur Rechenschaft ziehen“.
Demonstrant schrie im Saal: „Widerstand ist überall“
Es war schon später Abend und die Veranstaltung war fast zu Ende, als gegen 21 Uhr (YT-Video ab 2:01:14), während der abschließenden Fragerunde an Weidel, plötzlich lautes Geschrei im Saal ertönte: „Widerstand ist überall“, rief da lauthals ein junger Mann, der sich offensichtlich in den Saal geschmuggelt hatte.
„Egal, was sie sagt, sie wollen 1933 zurück, auch wenn es im neuen Gewand kommt“, äußerte der Störer seine politische Ansicht. Er wurde aus dem Saal begleitet, während Weidel kommentierte: „Ach Mensch, bleib doch noch ein bisschen. Mal’n bisschen Zuhören. Schulung.“ Dann riet Weidel, man solle ihm doch einer „ordentlichen Ausbildung, eine Umschulung“ zuführen, dann könne er „auch wieder geradeaus denken“, so Weidel.
„Widerstand ist überall“
AfD Fraktion im Dialog 16.1.25 Hamburg pic.twitter.com/u7hYDZY2T6
— Weichreite (@weichreite) January 16, 2025
Weidel-Hotel-Vorfall
Abends dann soll sich noch ein Malheur in einem Hamburger 5-Sterne-Hotel ereignet haben. Der Vorfall fand später auch den Weg in die Presse. Als Weidel im Louis C. Jacob einchecken wollte – sie hatte dort aus unbekannten Gründen unter falschem Namen reserviert –, wies man die AfD-Kanzlerkandidatin ab und stornierte die Reservierung. Auf Informationen der „Bild“ sei die AfD-Co-Chefin dann auf das Courtyard by Marriott am Hamburger Flughafen ausgewichen. Auf Nachfrage bei der AfD Hamburg habe es geheißen, dass es Privatsache sei, wo Weidel übernachte und von der DSR Hotel Holding, zu der das Louis C. Jacob gehöre, habe es geheißen, dass man „sich grundsätzlich nicht zu Informationen über Gäste“ äußere.
Der Hamburger DJ, Musikproduzent und Schauspieler Jan Leyk („Berlin – Tag & Nacht“) geht in einem Beitrag auf den Hotel-Vorfall ein, über den ihn zuvor ein Insider aus der Hamburger Gastronomie informiert habe. Leyk schrieb in seinem längeren Post auf X, es gehe nicht darum, „ob man Frau Weidel oder ihre politische Haltung unterstützt oder nicht“, sondern darum, dass wir uns „als Gesellschaft zunehmend weigern, das auszuhalten, was zur Demokratie gehört: Respekt vor Andersdenkenden“ und Toleranz beginne dort, „wo es unbequem wird“.
Der Musikproduzent fragte, wie weit man sich von einem „demokratischen Grundverständnis“ entfernt habe, wenn politischer Diskurs dazu führe, „dass jemandem das Recht auf eine Übernachtung“ verweigert werde. „Wir sprechen hier von einem Menschen, einer Politikerin, die eine Rede gehalten hat – völlig legal und legitim, auch wenn sie nicht jedem gefällt.“ Leyk spricht im Weiteren von gesellschaftlicher Spaltung, von Menschlichkeit und wie man miteinander umgehe und: „Dass gerade nach der Coronazeit immer noch Menschen bereit sind, so weit zu gehen, andere Menschen auszugrenzen, nur weil sie für eine politische Meinung stehen, die nicht mit der eigenen übereinstimmt, ist beängstigend.“ Demokratie bedeute, „auch das Unbequeme auszuhalten“, denn alles andere führe in die Richtung, „in der diejenigen selbst zu dem werden, was sie eigentlich ablehnen“.
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