Weicht die Ampel die Verwendung des Sondervermögens für die Bundeswehr auf?
Es ist gerade mal ein Jahr her, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vollmundig ankündigte, die Bundeswehr zur „am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa“ zu machen. Dazu beitragen sollte das im Juni 2022 vom Bundestag verabschiedete Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro.
Doch damit noch nicht genug. Er werde sicherstellen, dass die Bundeswehr dauerhaft gut finanziert sei, berichtete Epoch Times seinerzeit. „Bitte denken Sie nicht, dass das jetzt mit dem Sondervermögen nur eine Ausnahme ist und danach alles so wird wie zuvor“, sagte Scholz im September 2022.
„Auch meine Aussage, dass wir den Verteidigungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern werden, gilt, und damit können Sie auch planen“, versprach der Kanzler den Führungskräften der Bundeswehr.
Nun sollen auch laufende Kosten beglichen werden
Der Bundestag hatte im Frühjahr 2022 extra das Grundgesetz geändert, um ein Sondervermögen einzurichten, für das die sogenannte „Schuldenbremse“ nicht gilt. Doch im Spätsommer des Jahres gab es Kritik, weil von dem Geld bis dato noch nichts bei der Bundeswehr angekommen war.
Dabei waren neue Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe und Waffen für die Soldaten in greifbare Nähe gerückt. Denn Scholz hatte auch versprochen: „Ziel ist eine leistungsfähige und fortschrittliche Bundeswehr, eine Bundeswehr, die ihren Kernauftrag, die Landes- und Bündnisverteidigung, erfüllen kann, weil sie ausreichend ausgestattet ist.“
Doch nun, ein Jahr später, ist offenbar von diesen forschen Zielen nicht mehr viel übrig geblieben. Eher das Gegenteil ist der Fall, berichtet der „Business Insider“. Denn wie nun aus einem überarbeiteten Entwurf des Haushaltsfinanzierungsgesetzes hervorgeht, will die Bundesregierung „klammheimlich den Zweck des Sondervermögens deutlich aufweichen“. Statt ausschließlich für den Kauf moderner Waffensysteme gedacht, sollen mit dem Geld auch laufende Ausgaben bezahlt werden.
Schwammige Formulierungen beunruhigen Verteidigungsministerium
Dem Vernehmen nach hat Finanzminister Christian Lindner die Änderungen in den rechtlichen Vorgaben für das Sondervermögen in der vergangenen Woche im Kabinett vorgestellt. Bisher heißt es unter anderem in dem Gesetz: „Die Mittel des Sondervermögens sollen der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen.“
Das Wort „bedeutsam“ soll ebenso gestrichen werden wie der Nachsatz. Der Begriff Ausrüstungsvorhaben „umfasst insbesondere bedeutsame Maßnahmen im Bereich der Rüstungsinvestitionen nebst mit diesen zusammenhängende Forschung, Munitionsausgaben, Infrastrukturprojekte sowie Projekte auf den Gebieten der Informationstechnologie, zum Schutz von und Sicherstellung des Zugangs zu Schlüsseltechnologie und Logistik für die Bundeswehr“.
Laut „Business Insider“ bedeutet das nichts anderes, als dass mit dem Sondervermögen künftig auch Betriebs- und Infrastrukturkosten bezahlt werden, die „irgendwie mit Rüstungsprojekten“ zu tun haben. Aufgrund der schwammigen Formulierung befürchtet man nun im Verteidigungsministerium, dass sich so praktisch alle Ausgaben unter dem neuen Gesetz rechtfertigen lassen. Und weil es sehr viele Löcher bei der Truppe zu stopfen gebe, da das Geld im normalen Haushalt nicht reiche, könnte der Kauf neuer Waffensysteme in weite Ferne gerückt sein.
Bisher nur Kampfjets und Hubschrauber gekauft
Jedoch dürfte Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner nicht entgangen sein, dass die Bundeswehr auch unter Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Milliarden des Sondervermögens bislang eben nicht schnell genug auf die Straße bekommt.
Bis auf neue F-35-Kampfjets im Wert von rund acht Milliarden Euro und schwere Transporthubschrauber vom Typ Chinook (sieben bis acht Milliarden Euro) hat die Bundeswehr auch mehr als ein Jahr nach Bereitstellung des Sondervermögens nichts wirklich Neues gekauft.
Stattdessen wurden Dutzende Alt-Verträge einfach nur über das Sondervermögen finanziert, weil das Geld aufgrund komplexer politischer und verwaltungstechnischer Beschaffungsprozesse nicht schnell genug abfließt.
Die Opposition zeigt sich entsetzt über die geplante Gesetzesänderung. „Langsam muss man sich wirklich Sorgen um unseren Bundeskanzler machen. Schon wieder erwischt ihn einer seiner berüchtigten Erinnerungslücken“, kritisiert Haushaltspolitiker Ingo Gädechens (CDU).
Weiter: „Im Februar 2022 hat er ein Sondervermögen Bundeswehr versprochen, mit dem dringend notwendige Investitionen in Rüstungsvorhaben umgesetzt werden sollten. Dieses Versprechen hat er jetzt aber vergessen.“ Die Art und Weise, wie jetzt das Sondervermögen aufgeweicht werden solle, sei „eine scheinheilige Politik wie aus dem Lehrbuch“, wettert Gädechens.
Behördenchefin: „Wir haben Bestellungen ausgelöst“
Beim öffentlich-rechtlichen Sender ARD ist von einer Art Zweckentfremdung des Sondervermögens vordergründig nicht die Rede. Dort heißt es in der „Tagesschau“, dass von den 100 Milliarden Euro Ende 2023 zwei Drittel in Verträgen gebunden sein werden. „Das heißt also, wir haben Bestellungen ausgelöst“, zitiert der Sender die Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), Annette Lehnigk-Emden. Das übrige Drittel solle im Laufe des kommenden Jahres vertraglich gebunden werden.
Ihre Behörde sei sich der besonderen Aufgabe, die die Umsetzung des Sondervermögens mit sich bringe, bewusst. „Eine erfreuliche Anzahl von Projekten ist unter Dach und Fach“, versicherte die Behördenchefin. Beispiele nannte sie allerdings nicht. „Dass noch keine Zahlungen geflossen sind, liegt in der Natur der Sache, dass Zahlungen an vertragliche Meilensteine gebunden sind.“ Erst wenn diese erreicht seien, werde Geld fließen.
Die Lieferung der Bestellungen aus dem Sondervermögen erwarte sie 2024 oder 2025. Der Tarnkappenbomber F-35 sei für 2026 in Aussicht gestellt. Eine „schnellstmögliche Lieferung“ sei das Ziel ihrer Behörde, betonte Lehnigk-Emden.
Umbau des Bundesamtes nicht nötig
Die materielle Ausstattung in der Bundeswehr habe in den vergangenen Jahrzehnten gelitten, so die Behördenchefin weiter. Als Ursachen nannte sie unter anderem die Fokussierung auf Auslandseinsätze. Nun stehe der Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung wieder im Fokus.
„Zur Wahrheit gehört aber auch, dass so eine Neuorientierung insbesondere mit Blick auf das Material nicht innerhalb weniger Wochen und Monate aufgeholt werden kann“, betonte die Juristin.
Die Notwendigkeit eines Umbaus ihrer viel kritisierten 10.000 Mitarbeiter großen Behörde, die sie seit April 2023 führt, sieht sie nicht. „Denn grundlegende Strukturen zu ändern, würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Stattdessen würden Verfahren vereinfacht.
Das Amt werde sich von vielen internen rechtlichen Auflagen und Prozessschritten befreien, „die wir uns in der Vergangenheit zusätzlich zum rechtlichen nationalen Rahmen selbst auferlegt haben“.
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