Wegen der Neuberechnung der Grundsteuer stehen Finanzämter „kurz vor dem Kollaps“

Behörden müssen 36 Millionen zusätzliche Anträge bearbeiten. Drei Wochen vor Fristablauf haben erst 50 Prozent ihre Unterlagen eingereicht.
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Die Neuberechnung der Grundsteuer für Immobilienbesitzer stellt die Finanzämter vor große Probleme.Foto: iStock/sl-f
Von 10. Januar 2023

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Weil Millionen Grundstückseigentümer wegen der Neuberechnung der Grundsteuer eine Steuererklärung abgegeben müssen, geraten die Finanzämter offenbar an die Grenze ihrer Kapazitäten. Diese zusätzliche Aufgabe sorgt in den Finanzämtern für einen erheblichen Mehraufwand, sagte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Florian Köbler, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Verzögerungen auch in anderen Bereichen

Köbler rechnet auch in anderen Bereichen mit einer verzögerten Bearbeitung. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für die neue Grundsteuer endet Ende Januar.  In den Finanzämtern herrscht „Land unter“.Die Finanzverwaltung steht kurz vor dem Kollaps. Die Gründe sind vielfältig. Aber der Hauptgrund ist die Erklärung“, so der Vorsitzende.

Und das, obwohl die Hälfte der Grundstückseigentümer noch keine Grundsteuererklärung abgegeben hat. Zu bearbeiten seien bundesweit zusätzlich 36 Millionen Steuererklärungen.

Klagen über weitere Zusatzaufgaben

Weil die Kommunen zur Festlegung der neuen Grundsteuer bis Mitte 2024 die Daten vom Fiskus aber benötigen, seien zur Bearbeitung der vorliegenden Erklärungen bereits sehr viele Kräfte abgestellt worden. Belasten würde die Finanzverwaltung außerdem die jüngsten Entlastungspakte der Regierung. Diese führten zu weiteren Zusatzaufgaben, klagte Köbler.

Ab 2025 greifen die 2019 beschlossenen neuen Methoden für die Berechnung der Steuer. Weil die Abgabe der Steuererklärungen nur schleppend voranging, hatte das Bundesfinanzministerium die Abgabefrist bereits um drei Monate von Ende Oktober auf Ende Januar verlängert.

Bearbeitungsdauer verdoppelt sich

Die Umstände verzögern Köbler zufolge auch die Bearbeitung der aktuellen Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer und Selbstständige. „Ich gehe davon aus, dass bundesweit 50 Prozent mehr unbearbeitete Einkommensteuererklärungen auf Halde liegen als im Vorjahr“, sagte er.

„Der Bürger muss länger auf die Steuerbescheide und damit auf mögliche Erstattungen warten.“ Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer dürfte von anderthalb Monaten auf „eher drei Monate“ steigen.

Hofgeismar flott, Potsdam Schlusslicht

Die Bearbeitungszeiten für Steuererklärungen sind erstmals seit einigen Jahren wieder gestiegen. 54 Tage brauchte der Fiskus 2022 im Durchschnitt bis zur Erstellung eines Steuerbescheids. Das waren fünf Tage mehr als im Jahr zuvor, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung einer Auswertung des Online-Portals „Lohnsteuer Kompakt“.

Am schnellsten arbeiten demzufolge die Finanzbehörden in Hofgeismar (Hessen). Dort dauerte es nur 21 Tage, bis der Steuerbescheid erstellt war. In Berlin kam der Bescheid nach durchschnittlich 46 Tagen Bearbeitungsdauer. Ein Tag mehr war es in Hamburg.

In Bremen (82 Tage) und Brandenburg (73 Tage) mussten die Bürger sich länger gedulden. Schlusslicht ist das Finanzamt Potsdam. Mit 105 Tagen brauchte es 22 Tage mehr als das langsamste Finanzamt im Jahre 2021.

Alte Berechnung war verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Berechnung der Grundsteuer bereits 2018 für verfassungswidrig erklärt. Daher müssen nun Millionen Immobilien und Grundstücke neu bewertet werden, berichtete Epoch Times. Aufgrund veralteter Werte aus dem Jahr 1935 in Ostdeutschland und 1964 in Westdeutschland wurden vergleichbare Objekte bisher teilweise komplett unterschiedlich bewertet, was zu großen Abweichungen bei der Höhe des Steuersatzes führt.

Dies, so urteilte das Bundesverfassungsgericht, verstößt gegen das Gleichheitsprinzip und forderte eine gesetzliche Neuregelung der Grundsteuer. Dem ist der Gesetzgeber nachgekommen und hat im November 2019 das Grundsteuer-Reformgesetz verabschiedet. Einige Länder haben zusätzlich von der Möglichkeit abweichender landesgesetzlicher Regelungen Gebrauch gemacht.

Immobilienbesitzer und Steuerberater müssen ihre Aufgabe bis Ende Januar 2023 erledigen. Die Finanzbehörden können sich hingegen mit der Neubewertung bis 2025 Zeit lassen. Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinden. Im Jahre 2020 kassierte der Fiskus bundesweit rund 14 Milliarden Euro.



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