Weg vom Bierdeckel: Merz und die CDU arbeiten an Steuerkonzept zum Wahlkampf

Die CDU will Friedrich Merz als Kanzlerkandidat mit einem ausgearbeiteten Steuerkonzept ausstatten, falls die Ampelkoalition vorzeitig endet. Im Fokus stehen Entlastungen für Unternehmen und Arbeitnehmer sowie eine mögliche Steuerreform in Etappen.
CDU-Chef Friedrich Merz macht in der Migrationsdebatte weiter Druck auf Kanzler Olaf Scholz.
CDU-Chef Friedrich Merz hat erklärt, er habe ein Steuerkonzept bereits im Kopf (Archivbild).Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 10. Oktober 2024

Am Freitag, 11.Oktober, wird die CDU eine Klausur abhalten. Schwerpunktthema wird dabei die Steuerpolitik sein. Die Partei möchte sich auf ein mögliches vorzeitiges Ende der Ampelkoalition vorbereiten. Ein solches könnte Neuwahlen bereits im März nach sich ziehen – und dann soll Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit einem ausgearbeiteten Steuerkonzept an den Start gehen können.

„Dieser Professor aus Heidelberg“: Merz will Trauma der 2000er überwinden

Obwohl Merz in der Union stets als Finanzfachmann galt, dürften seine Erinnerungen an Auftritte in dieser Funktion nicht die besten sein. Im Jahr 2003 präsentierte er ein Einkommensteuerkonzept mit drei Grenzsteuersätzen. Er wurde damals durch den Vorschlag bekannt, es müsse möglich sein, seine Steuererklärung auf der Größe eines Bierdeckels unterzubringen.

Zwei Jahre später stand der Begründer dieser Idee, der Ökonom Paul Kirchhof, im Zentrum des Bundestagswahlkampfs. Bundeskanzler Gerhard Schröder gelang es, „diesen Professor aus Heidelberg“ im Bewusstsein der Öffentlichkeit als Sinnbild für unrealistische Politikansätze zu verankern.

Die CDU unter Angela Merkel, lange Zeit als sicherer Sieger gehandelt, landete nur knapp vor der SPD. Zwar stand Schröder nicht mehr als Kanzler zur Verfügung, Merkel musste jedoch in eine Große Koalition eintreten – und Merz kündigte 2007 das vorläufige Ende seiner politischen Karriere an.

CDU hält sich zu Details bislang bedeckt

Die Erfahrung von 2005 will der CDU-Kanzlerkandidat nicht noch einmal machen – wobei das damalige Resultat der Union von 35,2 Prozent deutlich über den derzeitigen Umfragewerten liegt. Von Bierdeckel-Steuererklärungen will Merz nichts mehr wissen, Paul Kirchhof ist seit mehreren Jahren im Ruhestand.

Über sein Steuerkonzept verrät der Unionkanzlerkandidat wenig. Er habe dennoch bereits eines im Kopf, will das „Handelsblatt“ aus CDU-Kreisen erfahren haben. Außerdem sei dieses Mal ein komplettes Team involviert. Zumindest ein Teil der Steuerreform soll bereits Teil des 100-Tage-Programms für den Fall einer Regierungsübernahme durch die Union sein.

Zu den Zuarbeitern bei der Ausformulierung des Steuerkonzepts gehören demnach Generalsekretär Carsten Linnemann, Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei sowie die Spitzen von Mittelstandsunion und Arbeitnehmerschaft (CDA). Auf diese Weise soll die Pluralität der Blickwinkel bestmöglich abgebildet werden.

Union möchte „schnelles Signal“ an die Unternehmer

Ziel des Steuerkonzepts der Union soll es sein, schon frühzeitig nach einer möglichen Regierungsübernahme ein klares Signal an die Unternehmer zu senden, dass sich „etwas ändert im Land“. So soll die Abgabenlast auf Energie unter einer Unionsregierung schon zeitnah sinken. Auch soll jedem Ministerium schon frühzeitig die Umsetzung eines Bürokratieentlastungsgesetzes auferlegt werden.

An die Stelle des Bierdeckels tritt bei der Einkommenssteuer eine Anpassung und deutliche Abflachung der Tarife.

Der Seeheimer Kreis der SPD und das BSW wollen die Einkommensgrenze, ab welcher der Spitzensteuersatz greift, erhöhen. Im Unterschied zu diesen dürfte vonseiten der CDU jedoch keine Mehrbelastung der Höchstverdiener angedacht sein.

Die Union will stattdessen durch geringere Überstundenbesteuerung und Anreize zur Erwerbstätigkeit in der Rente dafür sorgen, dass sich „Leistung wieder lohnt“. Für untere Einkommen soll es Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen geben. Konkrete Ideen für eine Finanzierung und eine entsprechende Anpassung des Gesundheits- und Pflegesystems gibt es laut „Handelsblatt“ aber bisher nicht.

Merz gegen Steuererhöhungen auf Kapitalerträge

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung gilt Merz als Verfechter der Idee eines „rechtsformneutralen“ Ansatzes. Statt Personengesellschaften anders als Kapitalgesellschaften nach der Einkommensteuer zu besteuern, soll es für alle nur noch eine einheitliche Besteuerung von 25 Prozent auf ausgeschüttete Gewinne geben. Auf diese Weise will Merz einer weiteren Abwanderung der Industrie entgegenwirken.

Einen neuen Ansatz will der Unionskanzlerkandidat auch für die Kommunen einführen. So soll ein Teil der Einkommenssteuer in eine sogenannte Bürgersteuer umgewandelt werden und an die Kommunen gehen. Aus der Gewerbesteuer soll eine kommunale Unternehmenssteuer werden. Dies soll auch der Transparenz und der größeren Selbstständigkeit der Kommunen zugutekommen.

Gänzlich anders als SPD und BSW will Merz Kapitalerträge nicht höher besteuern. Stattdessen soll Aktiensparen zum elementaren Teil einer Altersvorsorge werden – mit staatlichem Eigentumsschutz. In der Debatte steht auch eine mögliche Verpflichtung von Unternehmen zur betrieblichen Altersvorsorge.

An CO₂-Bepreisung will CDU nicht rütteln

Auch soll es „familienfreundliche Freibeträge“ und geringere Nebenkosten für die erste selbst genutzte Immobilie geben. Ein weiterer möglicher Zuschuss ist in Form eines Startkapitals bei der Geburt eines Kindes angedacht.

Allerdings will die CDU nach derzeitigem Stand die Verteuerung von Energie, Wärme und Mobilität durch stetig höhere CO₂-Bepreisung nicht antasten. Man will lediglich die Resilienz von Bürgern und Wirtschaft dagegen durch mehr Einnahmen stärken. Was allerdings offenbar nicht für Bürgergeldempfänger gilt – dort hatte die Union bereits zu Beginn des Jahres gegen die Anpassung an die Inflation protestiert.

Aufgrund der prekären Haushaltslage heißt es aus der CDU auch, dass die geplanten Schritte zu einer Steuerreform in Etappen verwirklicht werden könnten. Alles stehe unter dem Vorbehalt der Verkraftbarkeit durch den Bundeshaushalt.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion