WDR-Managerin soll rbb als Interims-Chefin führen
WDR-Managerin Katrin Vernau soll den ARD-Schwestersender Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) inmitten seiner schwersten Krise als Interims-Chefin führen. Das Kontrollgremium rbb-Rundfunkrat wählte die 49 Jahre alte Verwaltungsdirektorin des Westdeutschen Rundfunks (WDR) am Mittwoch zur Interims-Intendantin. Ausgerechnet am selben Tag veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Interview, in dem sich die vorherige, fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger gegen Vorwürfe verteidigte.
Mit Vernau wurde eine Lösung innerhalb der ARD und des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems gefunden. Auf die Managerin kommt eine schwierige und mühsame Zeit zu. Ihr Chef und WDR-Intendant Tom Buhrow hatte das Ganze vor Tagen im Landtag Sachsen-Anhalt salopp als einen „Feuerwehreinsatz“ bezeichnet. Vorwürfe des Filzes und der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger und den zurückgetretenen Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf haben den öffentlich-rechtlichen Sender schwer beschädigt – und damit auch das gesamte System.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Schlesinger und Wolf wiesen Vorwürfe zurück. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.
Zwei Wahlgänge nötig
Für die Wahl Vernaus waren zwei Wahlgänge nötig – am Ende stimmten 16 mit Ja, es gab 3 Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Die Interims-Intendantin sagte nach der Wahl, es gelte nun, die Beschäftigen anzuhören und herauszufinden, was zu dieser Krise geführt habe. Auf der inhaltlichen Ebene werde es darum gehen, die Wirksamkeit der Aufsichtsgremien wieder herzustellen. Sie wolle auch ein Team in der Geschäftsleitung formieren. Sie sprach auch von einem notwendigen „Kassensturz“.
Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm (SPD) sagte: „Es ist gut, dass es für die Zeit bis zur Wahl einer neuen Intendantin oder eines neuen Intendanten eine klare Leitung gibt.“ Der rbb müsse jetzt umfassend aufklären und die notwendigen Konsequenzen ziehen, um Fehlverhalten für die Zukunft sicher auszuschließen. „Dafür muss er jetzt handlungsfähig sein.“ Brandenburg hat derzeit die Rechtsaufsicht über den rbb.
Der rbb-Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny zeigte sich zufrieden, dass nun die „Hängepartie“ zu Ende sei. Er sprach von einer „hartnäckigen Sanierungsarbeit“. Er sei auch optimistisch, dass die „wunde Seele“ der Belegschaft behandelt werde.
Vernau ist Kennerin
Mit Vernau kommt eine Kennerin des verwinkelten und weit verzweigten öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum rbb. Es hatte vor der Wahl auch Stimmen gegeben, die eine andere Lösung gefordert hatten – jemanden, der überhaupt nichts mit dem System zu tun hatte bislang, quasi „unbefleckt“ ist. Vernau ist bislang für den WDR als größte ARD-Anstalt eine feste Bank. Im Mai 2019 wurde sie mit großer Mehrheit in ihrem Amt als Verwaltungsdirektorin wiedergewählt. Sie hat den Posten seit 2015 inne. Ihre aktuelle Amtszeit läuft bis Ende Februar 2025.
Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin, die 1973 in Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg geboren wurde, hat auch Erfahrung in der Privatwirtschaft gesammelt. Sie war Partnerin bei der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants und leitete die Roland Berger School of Strategy and Economics. Zeitweise war sie auch Kanzlerin der Uni Hamburg und danach der Uni Ulm bis 2015.
Die Wahl Vernaus war nicht unumstritten, was per se nicht an ihrer Kompetenz lag. Dem Redaktionsausschuss und der Vertretung der freischaffenden Mitarbeiter des rbb, die in der Krise an Macht und Einfluss gewonnen haben, gefiel vielmehr nicht, dass es keine Auswahl von mehreren Kandidaten für die Interims-Position gab. Die Freienvertretung teilte zudem mit: „Das Agieren des WDR-Intendanten im Umgang mit der rbb-Führungskrise wurde in der rbb-Belegschaft mit großer Skepsis wahrgenommen. Allein der Eindruck, mit Frau Vernau werde eine Statthalterin des WDR eingesetzt, wäre eine erhebliche Bürde.“(dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion