Was lief im Fall Anis Amri alles schief?
Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt des Tunesiers Anis Amri, bei dem im Dezember 2016 zwölf Menschen getötet wurden, hat sich als eine Geschichte zahlreicher Behördenpannen erwiesen. Jetzt ist bekannt geworden, dass der mutmaßliche Amri-Helfer Bilel Ben Ammar kurz nach dem Attentat abgeschoben worden sein soll, obwohl er möglicherweise einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung leisten könnte. Zu der Abschiebung und ihren Umständen wollte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag Auskunft geben.
Was lief auf Seiten der Behörden schief im Fall Amri?
Offenbar eine Menge: In Berlin und Baden-Württemberg war er gleich mehrfach unter verschiedenen Identitäten als Flüchtling gemeldet. Dennoch wurde der Tunesier den Sicherheitsbehörden bekannt als islamistischer Gefährder. Kein anderer Islamist wurde im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ) so intensiv besprochen wie Amri. Dennoch versäumten es die Behörden von Nordrhein-Westfalen, ihn abzuschieben.
Anders als lange angegeben, lagen die für eine Abschiebung benötigten Handflächenabdrücke Amris vor. In Berlin wiederum wurde eine mögliche Festnahme verpasst – weil Amris Überwachung aus unklaren Gründen eingestellt wurde und seine Drogenhändleraktivitäten keine strafrechtlichen Konsequenzen hatten.
Der Präsident des Berliner Landeskriminalamts (LKA), Christian Steiof, sah sich erst kürzlich zu einem vernichtenden Urteil über die Zusammenarbeit der Behörden genötigt. Er sprach von „fatalen handwerklichen Fehlern“. Es sei „alles schiefgegangen, was schiefgehen kann an Kooperation“.
Haben die Behörden ihr Versagen vertuscht?
Es gab immer wieder Vorwürfe, die zuständigen Behörden wollten ihr Versagen im Fall Amri auch noch unter den Teppich kehren. Einem Pressebericht aus dem vergangenen Jahr zufolge versuchte die Spitze des Bundesverfassungsschutzes 2017, einen im Umfeld von Amri platzierten V-Mann zu verheimlichen.
In einem behördeninternen Vermerk zur Vorbereitung eines Treffens des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen mit dem Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) im März 2017 habe es geheißen, ein Öffentlichwerden des Quelleneinsatzes solle vermieden werden. Weiter soll es in dem Vermerk geheißen haben: „Ein weiteres Hochkochen der Thematik muss unterbunden werden.“
Die Sache ist deshalb von Brisanz, weil der Bund stets den Eindruck erweckt hatte, es habe gar keinen V-Mann im Umfeld Amris gegeben.
Was hat es mit dem Fall des mutmaßlichen Amri-Helfers auf sich?
In der vergangenen Woche hatte der „Focus“ berichtet, dass Amri einen Helfer gehabt habe. Möglicherweise handele es sich um seinen Vertrauten Bilel Ben Ammar, der wenige Wochen nach dem Attentat nach Tunesien abgeschoben worden sei.
Laut „Focus“ erfolgte die Abschiebung, um Ben Ammar vor Strafverfolgung zu schützen, weil er ein Informant des marokkanischen Geheimdiensts gewesen sei. Das Bundesinnenministerium datierte die Abschiebung auf Anfang 2017. Es wird nun erwogen, Ammar nun trotz seiner Abschiebung vom Amri-Untersuchungsausschuss im Bundestag vernehmen zu lassen – etwa in Tunesien per Video. (afp)
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