Was hat Fukushima mit uns zu tun?

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Atomkraftwerk Isar 1 ruht nun.Foto: AFP
Von 21. März 2011

Was tut ein Atomkraftwerk eigentlich? Im Grunde genommen ist ein AKW nur ein sehr großer Wasserkocher. Auch in einem Atomkraftwerk wird mit Hitze Dampf erzeugt, der dann wieder Turbinen antreibt und diese kann dann auf herkömmliche Weise Strom produzieren. Anstelle von Kohle, Wasser, Sonne und Wind wird Uran verwendet für Brennstäbe oder Plutonium für „Schnelle Brüter“.

Weil das so banal klingt, so anders als die hochtrabenden Erklärungen der begeisterten Technik-Freaks und der Energie-Riesen, glauben das nur Wenige. Dabei ist die Funktionsweise eines AKW im Physikbuch oder im Internet leicht nachzulesen. Aber es ist ein toller Trick, den Bürger mit hochkomplizierten Begriffen zu verschrecken, damit er nicht bemerkt, dass er ohne Schwierigkeiten die Prinzipien dieser Technik verstehen kann und selbst entscheiden kann, welche Zukunft er unterstützt.

Was unterscheidet eine Atombombe von einem AKW?

Wenn die Atombombe erst einmal gezündet ist, dann läuft die Kettenreaktion der Kernspaltung bei der Bombe ungehindert ab, während sie beim Kraftwerk gebremst wird. Aber gebremst wird sie eben auch im AKW nur so lange, wie die Steuerungsanlage und die Kühlung funktioniert. Bei Stromausfall, wenn auch die Notstromversorgung nicht mehr funktioniert und die Batterien versagen, fällt das Bremsen weg und die Kettenreaktion läuft wieder ungebremst, das nennt man dann „Kernschmelze“. Damit keiner merkt, dass in diesem Moment die angeblich friedliche Nutzung zur Kriegserklärung an die eigene Bevölkerung wird.

Bereits vor 40 Jahren, als die Euphorie über unsere technischen Fähigkeiten gerade begann, auch in Bezug auf die Kernenergie, gab es bereits Warner. Man tat sie ab als Nestbeschmutzer und Spielverderber – und das hatte sich bis Fukushima kaum geändert. Seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es schlüssige Informationen über die Gefahren aus dem Reaktor, und dass es eben keine friedliche Nutzung von Atomkraft auf Dauer gibt. Damals warnte der Club of Rome mit dem Report „Global 2000″ oder der Bundesverdienstkreuzträger Holger Strohm mit dem Buch „Friedlich in die Katastrophe“. Um sicherzustellen, dass hinterher niemand sagen könnte, er habe von nichts gewusst, ließ er seine Bücher allen Abgeordneten und Entscheidungsträgern in Deutschland mit Empfangsbestätigung zukommen.

Doch was hat dieses frühe Wissen über die Gefahren uns genützt?

Es gründeten sich Bürgerinitiativen gegen Atomkraft, Bunte Listen und später die grüne Partei, die dieses Wissen stärker in die Öffentlichkeit brachte. Heute sind die Deutschen Atomskeptiker und wollten auch schon vor Fukushima den Ausstieg aus dieser Technik. Aber die Deutschen sind eben auch durch diese Haltung in der Spitzenklasse der alternativen Technik und bereiten sich so auf die Zukunft der Technik vor und erhalten sich Exportoptionen für das technische Know-How für die Zeit danach.

Atomkraft abschalten! Und dann?

Liest sich gut, doch die Geister die man rief, wird man so schnell nicht wieder los. Es gibt zwei Arten abzuschalten, einmal die normale Abschaltung für Wartungs- und Prüfzwecke und dann die andere, entweder automatisch oder der tatsächliche rote Knopf für die Notabschaltung per Hand. Aber wer dann denkt, das war’s dann – und gut – der irrt.

Zwar soll die atomare Kettenreaktion mit der Abschaltung erlöschen, aber der radioaktive Zerfall der Spaltprodukte geht weiter. Auch wird weiter Wärme produziert, „Nachzerfallswärme“, die, wenn sie nicht ausreichend heruntergekühlt wird, im schlimmsten Fall den Prozess neu starten kann. Aber wirklich „AUS“ ist ein Reaktor nie, die abgebrannten Brennstoffe strahlen weiter für unendliche Zeiten, wenn man es menschlichen Lebensjahren misst. Mit Atomenergie wird es keine Sicherheit geben.

Und wieder hochfahren?

Kein Problem. Selbst im schlimmsten Fall kann man einfach die Brennstäbe austauschen und – los geht’s. Aber das ist nur bei einer sehr langen Stilllegung notwendig. Eine Stilllegung von drei Monaten, wie sie das „Moratorium“ vorsieht, erfordert normalerweise keine solche Maßnahme. Allerdings geht es nicht von Null auf Hundert in Nullkommanix, sondern es dauert etwa 50 Stunden, bis so ein Atomreaktor wieder volle Leistung bringt.

Die Angst geht um – Geigerzähler ausverkauft

Obwohl Japan weit weg ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in Deutschland noch direkte Auswirkungen der japanischen Katastrophe geben wird eher unbegründet. Über die indirekten Auswirkungen darf jedoch spekuliert werden.

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Spekulationen und Halbwissen führen zu Angst. Gut informiert sein und echtes Wissen um die Auswirkungen von Strahlung führen zu noch mehr Angst. In diesem Fall kann man nicht gerade behaupten, dass Wissen vor Angst schützt …

Wie der Südwest-Rundfunk berichtet, sind bei der schwäbischen Firma Gamma-Scout Geigerzähler seit Tagen bis in den Juli hinein ausverkauft. Bei ebay und Shoppingportalen werden Geigerzähler und auch Jodtabletten zu Höchstpreisen gehandelt. Überall werden Erdbunker in Ordnung gebracht und Keller strahlensicher gemacht. Auch die Firma Seba, die weltweit unterirdische Schutzräume verkauft, vom Luxusdomizil bis zu ganzen Einrichtungskopien, muss laut „Die Presse“ ihre Kunden vertrösten. Überall im Land und weltweit werden Nahrungsmittel gebunkert, in China ist sogar das Salz ausverkauft, da die Chinesen hoffen, sich durch den Jodgehalt des Salzes schützen zu können, wenn es zu einer radioaktiven Verseuchung der Luft oder Regen kommt.

Umdenken ist möglich

Menschen sind vernunftbegabte Wesen, wenn auch bekanntermaßen nicht jede Begabung zu einem Erfolg führt. Es zeigt sich, dass im Angesicht einer solchen Katastrophe wie in Japan, die auch leicht auf Deutschland zu übertragen ist, da wir baugleiche Reaktoren haben, die nur größer, aber dafür mit geringerer Sicherheit ausgestattet sind, die Menschen doch wieder zum Denken neigen.

Da werden Schubladen aufgemacht und bisher ungeliebte Studien über alternative Energien noch einmal angeschaut. Und siehe da: Wie zu erwarten, war die Kernenergie unnötig. Sie bescherte uns nur eine geldgierige und wachstumsgläubige Energie-Lobby, die uns immer noch den Pakt mit dem Teufel Kernenergie als Fortschritt und Unabhängigkeit verkaufen will. Dabei ist der Mensch erst richtig großartig und läuft erst dann zur Hochform auf, wenn er sich und die Seinen und die Natur beschützen und bewahren will. Die Motivation von Gier ist dann zweit- oder drittrangig oder „unter ferner liefen“.

Alternative Energien

Aktien für Produkte aus Japan stürzen ab – das neue Auto, die Miso-Suppe, der Reis oder Tee – könnten ja verseucht sein. Gleichzeitig boomen weltweit die Aktien von erneuerbaren Energien und umweltschonende Techniken, Solar- und Windenergie-Aktien sind gefragt wie nie zuvor.

Die Branche der erneuerbaren Energien wächst seit Jahren, mittlerweile bietet sie nach Angaben des Bundesumweltministeriums rund 370.000 Arbeitsplätze, zum Vorjahr ist das ein Plus von etwa acht Prozent, seit 2004 weit mehr als eine Verdopplung. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung erhöhte sich 2010 weiter auf rund 17 Prozent. Bis 2020 ist nach den bisherigen restriktiven Szenarien ein Anteil von 40 Prozent realistisch.

Machbarkeit ist keine Utopie

Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST hat vielversprechende Szenarien gefunden, wie erneuerbare Energien die Welt komplett versorgen können.

Zwei amerikanische Naturwissenschaftler haben durchgerechnet, dass mit hohen Investitionen, die aber durch den Verkauf von Strom schnellstmöglich wieder eingenommen werden, die Welt bis 2030 auf Solarkraft und grüne Energien umgestellt werden kann. Dazu müssten etwa 3,8 Millionen Windräder gestellt, 90.000 Photovoltaik- und Solarthermie-Kraftwerke gebaut und 1,7 Milliarden Hausdächer mit Sonnenkollektoren ausgestattet werden. Damit wäre der Bedarf von 11,5 Billionen Watt zu 51 Prozent aus Windkraft, zu 40 Prozent von der Sonne und zu neun Prozent aus Wasserkraft gesichert.

Ein anderes Szenario stammt vom Umweltbundesamt, nach dessen Berechnungen bis 2050 Deutschlands Stromversorgung zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Man rechnet dabei mit einem Bedarf von 470 Terrawattstunden, die zur Hälfte aus Windenergie und einem großen Teil aus Photovoltaik stammt. Geothermie und Abfall-Bio-Masse sollen dabei nur eine geringe Rolle spielen.

Keine Ausreden mehr!

Dann gibt es noch die Studie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung von 2005 mit dem vielversprechenden Titel „Zukunftstechnologien für nachhaltige Entwicklung: Unkonventionelle Ansätze zur Energiegewinnung und Aktivierung biologischer Prozesse“, die auf 92 Seiten bekannte, aber bisher ungenutzte nachhaltige Technologien auflistet. Es ist nicht so, dass es keine Anwender gäbe für das Plocher-System oder das Tesla-Auto, doch die Energie-Lobby, die bisher das Sagen hatte, war daran natürlich nicht interessiert. Man darf doch die Gesamtheit der Bevölkerung nicht zum Denken anregen, wenn alles, was bisher öffentlich verspottet oder als unrentabel und illusionär bezeichnet wurde, nun vielleicht Rettung und Zukunftsvision bietet. Bisher war es möglich zu sagen, die Wissenschaft ist zwar schon so weit fortgeschritten, aber die Technologie für den Einsatz ist noch nicht so weit. Nach Fukushima sind das nur noch Ausreden, die niemanden mehr schrecken, den Weg in eine atom(waffen)freie Zukunft zu wagen. Zu empfehlen bleibt da noch das ÖKO-TEST-Heft Spezial: „Utopie ist machbar, Herr Nachbar“

 

Weitere Informationen:

ÖKO-TEST-Heft Spezial: „Utopie ist machbar, Herr Nachbar“

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: „Zukunftstechnologien für nachhaltige Entwicklung: Unkonventionelle Ansätze zur Energiegewinnung und Aktivierung biologischer Prozesse



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