Was eine Haushaltssperre ist – und welche Folgen sie hat
Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) rechnet 2024 trotz der fehlenden Mehrheit für einen Nachtragshaushalt nicht mit der Notwendigkeit einer Haushaltssperre. „Es wird, Stand heute, keine Haushaltssperre in diesem Jahr geben“, sagte Kukies am Dienstag in einer Rede auf dem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin. Unklar seien allerdings die Haushaltsplanung für 2025 und die Zukunft weiterer Vorhaben.
Vier Milliarden Euro aus Intel-Subvention frei
Mit Blick auf den noch von der Ampel-Koalition geplanten Nachtragshaushalt für 2024 sagte Kukies, es sehe so aus, dass „wir aus heutiger Sicht gut durchs Jahr kommen werden“, auch wenn dieser nicht beschlossen würde.
Ein Grund dafür sei die Bereitschaft von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vier Milliarden Euro freizugeben, die für die erste Tranche von Subventionen an den Chiphersteller Intel vorgesehen waren. Der Konzern hatte seine Pläne für den Bau eines neuen Werkes in Magdeburg für mindestens zwei Jahre auf Eis gelegt. (Epoch Times berichtete).
Bei weiteren Mehrkosten, die über den Nachtragshaushalt finanziert werden sollten, insbesondere beim Bürgergeld und bei Kosten aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, handele es sich nicht um neue Ansprüche, sondern um gesetzlich geregelte Verpflichtungen. Diese könnten statt über den Nachtragshaushalt auch „über Instrumente des Haushaltsvollzugs“ geleistet werden. Entscheiden müsse darüber aber das Parlament.
Kukies äußerte zudem die Hoffnung, dass es vor den nun für den 23. Februar angesetzten Neuwahlen noch gelingen wird, trotz fehlender Mehrheit der aktuellen rot-grünen Minderheitsregierung noch weitere Vorhaben durch den Bundestag zu bringen. Konkret nannte er den Abbau der Kalten Progression bei der Einkommensteuer, aber auch Teile der noch von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachten Wachstumsinitiative der Bundesregierung.
Vorläufige Haushaltsführung für 2025?
Der Finanzminister nannte hier den Pakt für die Industrie, Fördermaßnahmen für die Elektromobilität wie den Ausbau von Ladesäulen, beschleunigte Abschreibungen und die steuerliche Förderung von Elektro-Dienstwagen.
„All diese Dinge können aus unserer Sicht noch beschlossen werden“, sagte der SPD-Politiker. Gleiches gelte für die geplante Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, die Begrenzung der Übertragungsnetzentgelte für Unternehmen sowie die Kraftwerksstrategie, um unter anderem den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu fördern.
Mit Blick auf das kommende Jahr sagte Kukies, er halte es für „nicht realistisch, dass noch ein Bundeshaushalt 2025 verabschiedet wird“. Insofern werde es hier auf eine vorläufige Haushaltsführung hinauslaufen. Dies sei „nicht erstrebenswert“, aber „die Welt geht davon nicht unter“.
Es werde allerdings dazu führen, „dass neue Projekte nur verzögert durchgeführt werden können“. Keine Chancen sieht Kukies zudem für die von der Regierung noch geplanten Rentengesetze, mit denen unter anderem die Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus erreicht werden sollte.
Was ist eine Haushaltssperre, und wann wird sie verhängt?
Für den kommenden Haushalt ist also laut Kukies nach dem derzeitigen Stand der Dinge keine Sperre vorgesehen. Doch was bedeutet es, wenn doch eine verhängt werden muss? Welche Konsequenzen hat das für die Bürger und die Vorhaben, die finanziert werden müssen?
§ 3 Abs. 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) ermächtigt die Verwaltung, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. § 25 regelt die Haushaltssperre. Dort heißt es: „Wenn die Entwicklung der Einnahmen oder Ausgaben es erfordert, kann es das für die Finanzen zuständige Ministerium von seiner Einwilligung abhängig machen, ob Verpflichtungen eingegangen oder Ausgaben geleistet werden.“
Bei einer Haushaltssperre handelt es sich um eine Möglichkeit, wenn der Ausgleich des Etats gefährdet ist. Ein unausgeglichener Haushalt droht bei unerwarteten Mindereinnahmen oder überraschenden Mehrausgaben. Aktuell wird darüber im Bund debattiert, weil in dessen Etat mindestens zwölf Milliarden Euro fehlen.
Sperrvermerk und Ausgabensperre
Anwendung findet eine Sperre auf allen Verwaltungsebenen. So hatte der kürzlich entlassene Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im vergangenen Jahr eine Sperre verhängt. Zum selben Mittel griff ebenfalls 2023 die damalige Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold (Grüne).
Auf kommunaler Ebene kommen Haushaltssperren häufiger vor, da der Finanzrahmen von Städten und Gemeinden wesentlich eingeschränkter ist als etwa ein Bundesetat. Jüngst hat Iserlohn die Notbremse gezogen. Im September verhängte der Stadtkämmerer wegen drohenden Ausfällen bei der Gewerbesteuer eine Haushaltssperre.
In Lünen (wie Iserlohn in Nordrhein-Westfalen gelegen) waren es unerwartete Pensionsrückstellungen in Höhe von 6,5 Millionen Euro, die den dortigen Kämmerer Dr. André Jethon zum selben Schritt zwangen.
Unterschieden wird bei der Haushaltssperre zwischen Ausgabensperren und Sperrvermerken. Mit der Ausgabensperre behält sich die Bundesregierung vor, im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob geplante Mittel tatsächlich ausgegeben oder Verpflichtungen eingegangen werden.
Die Ausgabensperre kann sich auf den Gesamthaushalt oder auf bestimmte Teile des Haushalts beziehen. Ausgenommen davon sind vertragliche Verpflichtungen und unabweisbare Ausgaben. Für die Verhängung einer Ausgabensperre benötigt der Bundesfinanzminister keine Zustimmung des Parlaments.
Mit einem Sperrvermerk knüpft der Bundestag Ausgaben an Auflagen oder Bedingungen, um seinen Zielen Nachdruck zu verleihen. Bei einfachen Sperrvermerken kann der Bundesfinanzminister entscheiden, bei qualifizierten Sperrvermerken muss der Bundestag als Haushaltsgesetzgeber einwilligen.
Welche Konsequenzen hat eine Haushaltssperre?
Bei einer Haushaltssperre handelt es sich um eine sogenannte Verfügungsbeschränkung für bereits freigegebene Mittel. Es obliegt nun dem Finanzminister – auf kommunaler Ebene der Kämmerin oder dem Kämmerer – ob für bestimmte Projekte oder Verpflichtungen Geld ausgegeben werden darf.
Für den Bund heißt das, dass alle freiwilligen Ausgaben vorläufig gestrichen werden. Betroffen sind davon Förderprogramme oder Subventionen. Anträge – etwa für eine Wärmepumpe – werden dann abgelehnt. Bereits bewilligte Fördergelder werden hingegen trotz Sperre ausgezahlt.
Nicht stattfinden können auch Projekte oder Kampagnen von Ministerien – sofern sie nicht bereits begonnen haben. Für die finanzielle Unterstützung von Kultur- und Sportprojekten gilt Ähnliches. Mit weniger Geld müssen dann auch öffentliche Einrichtungen auskommen. Kritisch wird es dann auch für die Finanzierung des Digitalpakts 2.0 für Schulen, für Projekte zur Sanierung und zum Ausbau des Bahnnetzes.
Zahlungsverpflichtungen werden erfüllt
Trotz Sperre laufen Zahlungen weiter, zu denen der Bund gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist. Dazu gehören unter anderem Sozialleistungen, Rentenzuschüsse oder Zuschüsse an die EU oder die Vereinten Nationen (UN). Auch die Gehälter der beim Bund angestellten Beamten laufen weiter, ebenso die Zinszahlungen von Krediten des Bundes.
Auch bereits begonnene Baustellen, etwa auf Autobahnen, werden nicht gestoppt. Weil sie nicht aus dem Bundeshaushalt finanziert sind, sind auch die sogenannten Sondervermögen wie das der Bundeswehr nicht betroffen.
Auf Kreisebene oder in Städten und Gemeinden trifft es die Bürger schnell spürbar, weil dann die Freiwilligen Zuschüsse wie Vereinsförderungen gestrichen oder eingefroren werden. Das kündigte zum Beispiel der Landkreis Havelland an, der im Sommer 2024 eine Haushaltssperre verhängte. Um eine Deckung des unerwarteten Haushaltsdefizits zu erreichen, sind dort alle Dezernate zur „kritischen Prüfung ihrer Budgets“ angehalten. Was nicht dringlich ist, muss gestrichen oder zurückgestellt werden.
Wie geht es nach einer Haushaltssperre weiter?
Der Bundesfinanzminister – oder der Kämmerer – hebt die Haushaltssperre wieder auf, sobald sich die finanzielle Situation verbessert hat. Das kann etwa durch einen verabschiedeten Nachtragshaushalt geschehen. Danach laufen die Geschäfte wie vor der Sperre.
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