Was das neue Cannabisgesetz im Straßenverkehr bedeutet

Die begrenzte Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken gilt als ein zentrales Projekt der Ampelkoalition. Das neue Gesetz soll am 1. April in Kraft treten. Damit wäre der Wirkstoff THC nicht mehr als Betäubungsmittel gelistet und Alkohol und Nikotin gleichgesetzt. Was bedeutet das für den Straßenverkehr?
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Wer nach Cannabis-Konsum hinterm Steuer erwischt wird, riskiert ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat.Foto: iStock
Von 28. Februar 2024

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Die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland ist vom Bundestag beschlossene Sache. Besitz und Anbau der Droge sollen zum 1. April 2024 für Volljährige legal werden, wie das am letzten Freitag mehrheitlich angenommene Gesetz der Ampelkoalition vorsieht.

Demnach sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Erwachsene dürfen dann bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und mit sich führen. In den eigenen vier Wänden wären drei lebende Cannabispflanzen legal, bis zu 50 Gramm Cannabis gelten dann als Besitz zum Eigenkonsum. Das Gesetz sieht zudem vor, dass das Verkehrsministerium THC-Grenzwerte für das Führen von Kraftfahrzeugen auf wissenschaftlicher Grundlage ermittelt. Eine dafür eingerichtete Arbeitsgruppe soll im Frühjahr 2024 vorlegen.

ADAC will klare Regeln wegen Verkehrssicherheit

Wer aber das Rauschmittel konsumiert und sich danach hinters Steuer setzt, riskiert jedoch weiterhin den Verlust des Führerscheins. Trotz der Entkriminalisierung darf man im Rausch nicht Auto fahren, sagt der ADAC und fordert aus Gründen der Verkehrssicherheit klare Regeln. Denn wenn Menschen nach Cannabis-Konsum Auto fahren, resultiert daraus oft eine Gefährdung des Straßenverkehrs, nach dem Motto: „Joint am Steuer, ungeheuer!“

Nach Alkohol ist Cannabis das am zweithäufigsten konsumierte Rauschmittel in Deutschland, häufig auch bei jüngeren Menschen, schreibt „t-online“ und beruft sich auf eine Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von 2018. Diese besagt, dass jeder zehnte zwölf- bis 17-Jährige schon einmal Cannabis konsumiert hat und jeder vierte (42,4 Prozent) im Alter von 18 bis 25 Jahren. Geschätzt viereinhalb Millionen Menschen in Deutschland greifen zumindest gelegentlich zum Joint.

Cannabis wird häufig verharmlost und unterschätzt, so „Tagesschau.de“. Eine Studie mit 800 Jugendlichen im Jahr 2021 zeigte, dass vor allem bei jungen Menschen der Konsum von Gras zu dauerhaften Veränderungen im Gehirn führen kann. Doch die Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit werden häufig unterschätzt: In einer Umfrage des TÜV-Verbands stuften 79 Prozent Alkohol beim Autofahren als „sehr gefährlich“ ein – bei Cannabis waren es 61 Prozent.

Einfluss auf motorische Koordination und Reaktionszeit

„Der Konsum von Cannabis beeinflusst das Urteilsvermögen, die motorische Koordination und die Reaktionszeit. Das sind wichtige Fähigkeiten, die für sicheres Fahren erforderlich sind“, warnt Marc-Philipp Waschke, Referent für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. Cannabis-Konsum und Autofahren müssten strikt getrennt werden. Anders als bei Alkohol seien die Beeinträchtigungen durch Cannabis bislang weniger gut erforscht. Je nach Produkttyp, Konsumart, konsumierter Menge und potenzieller Toleranz einer Person könne sich der Cannabis-Konsum unterschiedlich auswirken.

Seit 2004 gilt beim Konsum von Cannabis im Straßenverkehr ein Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Bei diesem Wert oder mehr geht man von einer Ordnungswidrigkeit aus. Bußgelder und Fahrverbote fallen umso höher aus, je häufiger man im Straßenverkehr bereits positiv auf Drogen getestet wurde. Wer aktiv am Straßenverkehr teilnimmt und nach Cannabis-Konsum hinterm Steuer erwischt wird, riskiert bereits beim erstmaligen Verstoß ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat.

In der amtlichen Unfallstatistik wird bis heute nicht zwischen Cannabis und anderen Drogen unterschieden. Unfälle, die unter dem Einfluss von Cannabis verursacht werden, werden unter „andere berauschende Mittel“ in der Unfallstatistik zusammengefasst.

Von Cannabis berauscht am Lenkrad erwischt?

Wird man im Straßenverkehr von der Polizei angehalten, und hat vorher Cannabis konsumiert, wird zunächst das sogenannte Leistungsbild geprüft: Gibt es Hinweise für einen Konsum wie gerötete Augen oder erweiterte Pupillen oder liegen konkrete Ausfallerscheinungen vor wie verwaschene Sprache, Lallen, Benommenheit oder eingeschränkte Bewegungskoordination? Oder wurde gar ein Unfall verursacht?

Ein Bluttest wird durchgeführt, wenn der Vortest positiv ausfällt oder ein Verkehrsteilnehmer sich weigert, diesen zu machen, und ein Verdacht auf Konsum vorliegt. Als rechtskräftiges Beweismittel gilt ausschließlich der Nachweis des Wirkstoffs THC im Blutserum.

THC (Tetrahydrocannabinol) ist verantwortlich für die berauschende Wirkung von Cannabis. THC sowie das unwirksame Abbauprodukt THC-COOH (THC-Carbonsäure) lässt sich via Schnelltest im Speichel, Schweiß oder Urin nachweisen. Bei einer Polizeikontrolle wird zumeist eine Urinprobe genommen. THC-COO ist im Urin länger nachweisbar als im Blut – bei gelegentlichem Konsum zwei bis vier Tage, bei Dauerkonsum zwei bis sechs Wochen und in Einzelfällen auch länger. Ein Urintest kann daher nur einen Hinweis auf einen aktuell vorliegenden Cannabis-Konsum geben, da von dem Abbauprodukt keine Wirkung ausgeht. Rechtlich gesehen gehört Cannabis zu den „weichen“ Drogen.

Während beim Erwischen mit harten Drogen, wie Ecstasy, Kokain oder Heroin, in einer Verkehrskontrolle die Fahreignung aberkannt wird, unterscheidet das Recht bei Cannabis anders zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Konsum, was anhand des THC/THC-COOH-Wertes nachgewiesen werden kann.

Die Bundesregierung will jetzt die Grenzwerte für THC auf wissenschaftlicher Grundlage ermitteln lassen, das begrüßt auch Dr. Markus Schäpe, Leiter der ADAC Rechtsabteilung und fordert:

Wir brauchen wie bei Alkohol einen unzweifelhaften Grenzwert, der sich ausschließlich an den Auswirkungen von Cannabis im Straßenverkehr orientiert.“

Mit der Legalisierung von Cannabis wäre der Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) nicht mehr als Betäubungsmittel gelistet und Alkohol und Nikotin gleichgesetzt. Prof. Dr. Matthias Graw, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der LMU München bemerkt, dass es für die Polizei schwierig sei, „von dem Erscheinungsbild direkt auf den Wirkstoff zu schließen. Anders als beim Alkohol, wo man es ja meistens riecht. Aber es gibt ein paar Symptome, die beim Cannabis tatsächlich häufiger auftreten. Eine gewisse Apathie ebenso wie Augenrötung, trockene Augen und Schleimhäute. Das sind natürlich keine harten Kriterien, aber Anhaltspunkte, die Ausschlag für eine weitere Kontrolle geben können. Das Problem ist, dass selten nur ein Rauschmittel konsumiert wird. Wir finden in Blutproben häufig THC in Kombination mit Amphetaminen oder Alkohol, was die Ausfälle und damit das Risiko, einen Unfall zu verursachen, drastisch erhöht.“

Falls es zu einem Unfall kommen sollte und ein Test ergibt, dass der Verursacher beziehungsweise Fahrer dabei unter Drogeneinfluss stand, kann die Haftpflichtversicherung im Nachhinein ihr Geld zurückverlangen. Bei einer Vollkaskoversicherung kann es sogar passieren, dass die Versicherung nicht zahlt.

Während Ärzte- und Polizeiverbände vor der Umsetzung der Cannabis-Legalisierung warnen, teilen sich auch die Meinungen der Bürger: 47 Prozent erklärten in einer YouGov-Umfrage, diese voll und ganz abzulehnen. Etwas weniger, 42 Prozent, hingegen gaben bei der Meinungsumfrage an, eine Legalisierung eher oder voll und ganz zu befürworten. Elf Prozent äußerten sich dazu nicht.



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