Was bedeuten die Landtagswahlen im Osten für die Parteien auf Bundesebene?
Die drei Landtagswahlen in Ostdeutschland sind für die Bundesparteien ein wichtiger Stimmungstest ein Jahr vor der Bundestagswahl.
In der Ampelkoalition dürften die erwarteten Ergebnisse die Stimmung kaum verbessern. Die AfD könnte hingegen erstmals stärkste Kraft in einem oder mehreren Landtagen werden. Aber auch für andere Oppositionsparteien steht viel auf dem Spiel. Ein Überblick.
SPD: Fünf-Prozent-Hürde droht
Die Kanzlerpartei knapp über der Fünf-Prozent-Hürde: So düster sieht die Lage in den Umfragen für die Sozialdemokraten derzeit in Thüringen und Sachsen aus.
Schafft es die SPD in einem der Länder nicht einmal mehr ins Parlament, wäre das ein Desaster – dessen Schockwelle auch Kanzler Olaf Scholz treffen und Forderungen nach einem radikalen Kurswechsel verstärken dürfte.
Verliert die SPD in Brandenburg dann auch noch den Posten des Ministerpräsidenten, würde es für Scholz schwer, große Begeisterung für seine bereits verkündete erneute Kanzlerkandidatur zu entfesseln.
Grüne: Auch hier die Fünf-Prozent-Hürde
Die Partei holte schon bei den letzten Landtagswahlen in den drei Bundesländern eher schwache Ergebnisse, schaffte es aber als kleinerer Koalitionspartner in die Landesregierungen.
Nun drohen allerdings bittere Verluste: In allen drei Bundesländern müssen die Grünen um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Die Partei würde sich damit vom einst ausgegebenen Volksparteiziel noch weiter entfernen.
Für Vizekanzler Robert Habeck, der kürzlich Interesse an einer Grünen-Kanzlerkandidatur anmeldete, dürfte es damit kein leichter Bundestagswahlkampf werden.
FDP: Weder in Sachsen noch in Brandenburg im Parlament
Für die Liberalen dürfte die lange Liste der enttäuschenden Landtagswahlen der vergangenen Jahre noch länger werden. Schon jetzt sind sie weder in Sachsen noch in Brandenburg im Parlament vertreten und in Thüringen nur als Gruppe.
Nach den Wahlen werden wohl alle drei Landtage FDP-los sein. Danach dürfte die Parteispitze bereits aus früheren Wahlniederlagen bekannte Argumente neu auflegen: dass die FDP in der Ampelkoalition zu wenige ihrer Ideen durchsetzen könne, dass sie ihr Profil weiter schärfen müsse. Damit würde der Ton in dem ohnehin kriselnden Bündnis wohl noch rauer.
CDU: Sprungbrett für Friedrich Merz
Für Parteichef Friedrich Merz sind die drei Landtagswahlen das Sprungbrett zur Kanzlerkandidatur der Union. Über sie soll kurz nach der Wahl in Brandenburg entschieden werden.
Läuft es gut für die Union, wird Merz wohl ohne große Diskussion aufs Schild gehoben. Doch kann die CDU nicht überzeugen und verliert in Sachsen sogar ihr einziges Ministerpräsidentenamt der ostdeutschen Flächenländer, dürfte die Kritik an Merz zunehmen.
Mögliche Rivalen um die Kanzlerkandidatur wie CSU-Chef Markus Söder oder NRW-Regierungschef Hendrik Wüst könnten sich aus der Deckung wagen.
AfD: Um die 30 Prozent erwartet
Bei keiner Partei dürfte die Vorfreude auf den Wahlsonntag so ausgeprägt sein wie bei der AfD. Mit erwarteten Ergebnissen um die 30 Prozent könnte sie stärkste Partei in Thüringen werden, in Sachsen liefert sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU.
Die AfD würde es als historischen Durchbruch sehen, sollte sie erstmals stärkste Kraft in einem Landtag werden. Sie wäre damit als Machtfaktor im Osten etabliert, dennoch gäbe es mangels Koalitionspartnern für sie voraussichtlich keine Regierungsbeteiligung. Im Osten werde „die Zukunft Deutschlands geschrieben“, sagte Parteichefin Alice Weidel kürzlich.
BSW: Aufmerksamkeit finden
Bei der Europawahl hatte das Bündnis Sahra Wagenknecht schon wenige Monate nach seiner Gründung gut abgeschnitten – bei den Landtagswahlen kann sich die junge Partei nun auf zweistellige Ergebnisse in allen drei Bundesländern freuen. Auch eine Regierungsbeteiligung ist nicht ausgeschlossen.
Dies brächte einerseits Prestige und Einflussmöglichkeiten, andererseits müsste das BSW dann aber auch beweisen, dass es regieren kann. In jedem Fall dürfte das absehbar gute Abschneiden der Partei zusätzliche Aufmerksamkeit bringen, und sie wird versuchen, diese bis in den Bundestagswahlkampf hinein zu nutzen.
Linke: Ramelow wird kaum an der Macht bleiben
Des BSW Freud, der Linken Leid: Seit der Abspaltung von Wagenknechts Vereinigung geht es für die ohnehin angeschlagene Linke weiter bergab. In Thüringen gibt es kaum Chancen, dass sie ihren bislang einzigen Ministerpräsidentenposten behalten kann.
In Sachsen und Brandenburg droht die Linke gleich ganz aus den Landtagen zu fliegen – eine Premiere im Osten. Im Oktober muss sie sich auf dem Bundesparteitag auch noch neue Vorsitzende suchen. Danach bleibt nur knapp ein Jahr, um den Wiedereinzug in den Bundestag zu organisieren. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion