Warnstreik: Am Montag freut sich jeder, der ein Auto hat
Am Münchner Flughafen hat ein zweitägiger Warnstreik begonnen. Das bestätigte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi am frühen Sonntagmorgen. Für voraussichtlich rund 200.000 Fluggäste bedeutet das, dass sie den zweitgrößten deutschen Flughafen am Sonntag und Montag entgegen ihrer ursprünglichen Reisepläne nicht nutzen können.
Auch der Weg zur Arbeit wird für viele Pendler am Montag beschwerlich: Regionalzüge und S-Bahnen stehen ebenso still wie viele Busse, Straßen- und U-Bahnen. Auch im Fernverkehr auf der Schiene und an den meisten deutschen Flughäfen wird kaum mehr etwas gehen.
Der Grund sind gemeinsame Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi zusammen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die höhere Löhne erstreiten wollen. Sie rufen im Rahmen ihrer jeweiligen Tarifkonflikte zu Arbeitsniederlegungen im Eisenbahnsektor, an Flughäfen, auf Flüssen und in kommunalen Häfen sowie im öffentlichen Nahverkehr in sieben Bundesländern auf.
Weitreichende Auswirkungen
Warnstreiks in diesem Umfang hat es noch nie gegeben. Die beiden Gewerkschaften erhöhen damit den Druck auf die jeweilige Arbeitgeberseite. Verdi und der Beamtenbund dbb treffen sich am Montag zur dritten Verhandlungsrunde für rund 2,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Diensts mit Vertretern von Bund und Kommunen. Beide Seiten sind mit ihren Vorstellungen noch weit voneinander entfernt, eine Einigung in den darauffolgenden Tagen ist aber nicht ausgeschlossen.
Die EVG hatte ihre erste Verhandlungsrunde mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen am vergangenen Donnerstag beendet. Besonders im Fokus: die Deutsche Bahn.
Ein erstes Angebot des bundeseigenen Konzerns hat die Gewerkschaft abgelehnt. Die zweite Verhandlungsrunde beginnt bereits kommende Woche. Mit der Bahn will die EVG in diesem Rahmen aber erst Ende April weiter verhandeln.
Vorher demonstriert die Gewerkschaft an diesem Montag ihr Mobilisierungspotenzial im Eisenbahnsektor. 230.000 Beschäftigte sind zum Warnstreik aufgerufen. Die Bahn hat angekündigt, den gesamten Fernverkehr bundesweit einzustellen. Auch Regional- und S-Bahnzüge fallen größtenteils aus.
Flughäfen und Schifffahrt betroffen
Die 24-stündigen Warnstreiks treffen am Montag auch nahezu sämtliche deutsche Flughäfen, nicht aber den Hauptstadtflughafen BER. Der Schifffahrtsverkehr auf Wasserstraßen und Häfen wird ebenso stark eingeschränkt.
Volle Straßen sind auch deshalb zu erwarten, weil Verdi in sieben Bundesländern den öffentlichen Personennahverkehr bestreiken lässt und viele Menschen dann aufs Auto ausweichen dürften. Betroffen sind Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und weite Teile Bayerns. In mehreren Bundesländern wurde für Sonntag das Lkw-Fahrverbot aufgehoben oder gelockert. So können manche Transporte um einen Tag vorgezogen werden.
„Überzogen“ oder nicht?
Der Ton zwischen der EVG und der Bahn hat sich nach der Warnstreik-Ankündigung am vergangenen Donnerstag deutlich verschärft. Personalvorstand Martin Seiler nannte die Aktionen „völlig überzogen, unnötig und unverhältnismäßig“.
Die Bahn forderte die EVG in einem Brief auf, schnell wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Gewerkschaft nannte das Schreiben am Freitag einen „Affront gegenüber allen Eisenbahnverkehrsunternehmen“ und erhob ihrerseits Vorwürfe: „Offensichtlich glaubt die Deutsche Bahn, dass sie so wichtig ist, dass wir ihretwegen kurzfristig unsere Kalender freiräumen und Tarifverhandlungen mit anderen Eisenbahnunternehmen absagen.“ Das mache die Gewerkschaft „auf keinen Fall“.
Die Präsidentin der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber, Karin Welge, kritisierte den gemeinsamen Streik von Verdi und EVG. „Das Bestreiken von Nahverkehr, Fernverkehr und Flughäfen ist überzogen und schädigt nicht nur das Ansehen des öffentlichen Dienstes, sondern insgesamt das Ansehen des Standortes Deutschland, der auf Mobilität angewiesen ist“, sagte Welge der „Bild am Sonntag“. „Wir wollen in der jetzt anstehenden Verhandlungsrunde eine Einigung.“
Verdi-Chef Frank Werneke verteidigte den Warnstreik in der „Bild am Sonntag“: „Lieber ein Tag, an dem sich in Deutschland nichts bewegt, und dann ein für die Beschäftigten akzeptables Tarifergebnis als ein Scheitern und in der Folge wochenlange Auseinandersetzungen, von denen die Bevölkerung am Ende viel stärker betroffen ist.“
Keiner wünsche sich einen unbefristeten Streik im öffentlichen Dienst. Werneke sagte aber auch: „Wir sind zu einem umfassenden Arbeitskampf in der Lage, wenn unsere Forderungen nicht erfüllt werden.“ (dpa/red)
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