Wahlwerbung 2025: „Der Preis der Demokratie“

Von Plakatfluten bis Guerilla-Marketing: Die Parteien mobilisieren ihre Werbebudgets, um bei der Bundestagswahl zu punkten. Die Grünen setzen auf provokante Aktionen aus der Feder einer erfolgreichen Werbeagentur, während Alice Weidel AfD-Wahlwerbung durch Elon Musk quasi frei Haus geliefert bekommt.
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Auch schlechte Werbung ist gute Werbung? Für den 23. Februar ist die vorgezogene Bundestagswahl geplant.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 15. Januar 2025

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Das Siegestor in München unter grüner Bestrahlung, inklusive Robert Habecks Konterfei und den Slogans „Ein Mensch, ein Wort“ sowie „Bündniskanzler“. Diese Installation hat in der vergangenen Woche über München hinaus große Aufmerksamkeit erlangt.

Die Münchner Polizei hatte die Werbung binnen zwei Stunden beendet und die Lichter der Projektoren wieder ausgeknipst, da diese Aktion ohne Genehmigung erfolgte. Zudem sei eine „Wahlwerbung auf Denkmälern grundsätzlich nicht genehmigungsfähig“, wie eine Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats (KVR) laut „Welt“ mitteilte. Weitere derartige oder ähnliche Aktionen will man im Wahlkampf nicht tolerieren, heißt es. Die Polizei habe bereits ein Bußgeldverfahren eingeleitet.

Dieses Bußgeld muss dann ins Werbebudget für den Grünen-Wahlkampf nachgebucht werden, wenn es dort nicht bereits eingepreist wurde. Auf Nachfrage des „Bayerischen Rundfunks“ kündigte die Pressestelle der Grünen sogar noch weitere, vergleichbare Aktionen an: „Das Motiv wird über mehrere Tage in unterschiedlichen Städten in ganz Deutschland an zentralen öffentlichen Plätzen zu sehen sein.“ Die Marketingkampagne stammt von der renommierten Agentur Jung van Matt und kann als Guerilla-Marketing bezeichnet werden. Das Konzept zielt darauf ab, mittels kreativer und oft überraschender Maßnahmen Aufmerksamkeit zu erregen.

Grünes Guerilla-Marketing

Das Budget, rund 19 Millionen Euro, das insgesamt von den Grünen für diesen Wahlkampf eingesetzt wird, ist vergleichbar groß mit dem der CDU, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Die breite Resonanz in den Medien über die Münchner Projektion ist Gratis-PR für die Grünen: Memes mit Habeck, unter anderem als Sonnenkönig, machen die virale Runde. Empörte Mitbewerber stellen Robert Habeck ihre Reichweite zur Verfügung, indem sie etwa entrüstet kommentieren: „Umgeben von Denkzwergen fühlt sich auch Robert wie ein Titan“, so Wolfgang Kubicki (FDP). Martin Huber (CSU) nannte auf X „Robert Habeck völlig größenwahnsinnig“.

Peter Ströh, der Geschäftsführer der Agentur Jung von Matt in Hamburg, hat den Wahlkampf für die Grünen zur Chefsache gemacht. In der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt er: „Es ist schon eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, wer Deutschland zukünftig regiert.“

Mit seinem Team von rund 30 Textern, Filmern, Beratern und Datenfachleuten wurde die Kampagne geplant. Habeck soll präsentiert werden als verlässliche Option zwischen Merz und Scholz. 2017 hatte die Agentur noch CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf „volksnah, emotional und zugleich kampfeslustig“ erscheinen lassen, wie die FAZ berichtete.

Für diesen Wahlkampf haben fast alle im Bundestag vertretenen Parteien eine Vereinbarung für einen fairen Wahlkampf unterzeichnet. Die AfD und das BSW wurden dabei außen vor gelassen, berichtet die „Tagesschau“.

Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt über Habeck auf dem Siegestor: „Die Aktion war nicht frech, sondern ein Verstoß gegen demokratische Spielregeln.“ Die Zeitung fragt: „Wie wollte die Partei jetzt noch kritisieren, wenn AfD-Kanzlerkandidatin Weidel auf der Feldherrnhalle zu sehen wäre?“

Musks virale Unterstützung

Die AfD liegt aktuell bei den Prognosen vor den Grünen. Elon Musk hatte im Dezember auf seiner Plattform X die AfD als „die einzigen Retter Deutschlands“ bezeichnet. Am 9. Januar folgte ein Livegespräch mit Parteichefin Alice Weidel im X-Space.

Untersuchungen laufen, ob Musks Gesprächseinladung als illegale Parteispende an die AfD gewertet werden kann. Kritiker sagen, dass dies als politische Werbung betrachtet werden könnte, weil entsprechende Reichweiten, die der Talk hatte, normalerweise für sehr viel Geld verkauft würden.

Für die normale Bezahlwerbung zur Bundestagswahl lässt sich die AfD von der 2021 gegründeten Agentur Republic Relations aus Frankfurt/Oder unterstützen. Diese hat der AfD im selben Jahr beim Bundeswahlkampf zum Spruch „Deutschland, aber normal“ verholfen.

Der aktuelle Slogan für 2025 lautet schlicht: „Zeit für Deutschland.“ Er wird deutschlandweit auf insgesamt 27 Plakatmotiven zu sehen sein. Provokation soll für die AfD im Wahlkampf kein Selbstzweck sein. Die Partei möchte darauf achten, „keine unnötigen Angriffsflächen für Skandale zu bieten“, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf ein internes Wahlstrategiepapier der Parteispitze.

Wie die in Briefkästen verteilten AfD-Abschiebetickets dazu passen, ist nicht klar.

AfD in sozialen Medien „um Lichtjahre voraus.“

Der Mann hinter der aktuellen Kampagne ist Heiko Scholz. Er ist AfD-Bildungspolitiker, der 2023 bereits in Hessen engagiert war, als die AfD dort 18,4 Prozent bekam. Der Wahlkampf im Netz wird orchestriert von der Digitalagentur Tannwald.

Die AfD ist in den sozialen Medien traditionell stark vertreten. Der Pressesprecher von Alice Weidel, Daniel Tapp, erzählte im Interview mit „Alexander Wallasch“:

„Uns wurde der Zugang zu anderen Medien vielfach verwehrt. Wir mussten uns Nischen suchen, um Öffentlichkeit generieren zu können. Und das waren immer die neuen Medien. Deswegen sind wir dort allen anderen Parteien um Lichtjahre voraus.“

SPD: QR-Codes mit Kernbotschaft

Einen großen Schwerpunkt auf einen digitalen Bundestagswahlkampf setzen die Werber von brinkertlück für die SPD. Die Hamburger Agentur führt für die Sozialdemokraten über 300 QR-Codes ins Feld, hinter denen sich nach dem Scannen die Kernbotschaften der SPD offenbaren. Dabei wird nicht auf die klassischen Medien verzichtet: Zwischen 10.000 und 15.000 Großflächenplakate sind in der Zeit bis zur Wahl geplant, so die „Süddeutsche Zeitung“. Zusätzlich sollen bis zu 350.000 kleinere Plakate an Zäunen und den Masten von Straßenlaternen die SPD und ihren Slogan „Mehr für Dich – Besser für Deutschland“ sichtbar machen. Der Werbespruch bezieht sich auf das Parteiprogramm und will einen höheren Mindestlohn von 15 Euro aufgreifen sowie weniger Steuern für die Mittelschicht und andere Themen wie einen Pflegedeckel für pflegende Angehörige.

Im Jahr 2019 hatte brinkertlück noch die Europawahlkampagne für Angela Merkel und die CDU verantwortet. Jetzt hat die CDU die Agentur Fischer Appelt beauftragt. Die ebenfalls in Hamburg ansässigen Kreativen sind ein Großkaliber unter den Werbeagenturen mit rund 700 Mitarbeitern. Fischer Appelt ist mit mehreren Mitarbeitern gleich ins Konrad-Adenauer-Haus eingezogen. Die Werbestrategien der Christdemokraten sollen laut ZDF Chefsache bleiben. Friedrich Merz setzt auf den Slogan „Wieder nach vorn“.

„Alles lässt sich ändern“, so klingt der hoffnungsvolle Slogan von Christian Lindners FDP, von der aktuell noch unklar ist, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde schaffen wird. Aufgehängt werden sollen dafür an die 6.700 Großplakate und rund 150.000 Kleinplakate in auffälligem Gelbton, online flankiert durch eine Kampagne auf TikTok, Instagram und Co. Die FDP arbeitet mit der Düsseldorfer Werbeagentur Heimat zusammen.

„Unser Land verdient mehr“ heißt es beim BSW, das mit Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht antritt. Entsprechend dem Wahlprogramm stellt die Kampagne das „erfolgreiche Bundesrepublikmodell des 20. Jahrhunderts, generalüberholt für die Welt des 21. Jahrhunderts“ in den Mittelpunkt.

Wer hat die Nase vorn? Umfragen, Werbegelder und Wahlkampfstrategien

Zusammengenommen haben die im Bundestag vertretenen Parteien in den vergangenen vier Bundeswahljahren rund 817 Millionen Euro für Wahlkämpfe ausgegeben, schreibt das Statistikportal „Statista“ und veröffentlicht eine Grafik der Parteienausgaben mit der Überschrift „Der Preis der Demokratie“. Dort ist zu sehen, dass die CDU in den Jahren 2009, 2017 und 2021 am meisten für den Wahlkampf ausgegeben hat. 2021 lag diese Summe bei 73,2 Millionen, deutlich vor allen anderen Parteien. Die Grünen hatten ihre Parteienwerbung in dem Zeitraum von 15,8 Millionen Euro (2017) auf über 42,6 Millionen (2021) aufgestockt. Im Vergleich dazu die AfD: Sie trat 2021 mit einem Werbebudget von 15,5 Millionen an. 2017 waren es noch 13 Millionen.

Foto: Screenshot Statista

Sonntagsfrage sechs Wochen vor der Wahl

Knapp sechs Wochen vor der Wahl hat die AfD bei der Sonntagsfrage von YouGov zwei Prozentpunkte zugelegt und ist damit als weiterhin zweitstärkste Kraft mit 21 Prozent verortet. Davor bleibt die CDU mit 29 Prozent. Sie hat einen Prozentpunkt verloren. Zwei Prozentpunkte hat die SPD verloren und liegt jetzt bei 16 Prozent. Aus der Bundestagswahl 2021 war die SPD noch mit 25,7 Prozent hervorgegangen.

Die Grünen kommen auf 14 Prozent und konnten knapp anderthalb Monate vor der Bundestagswahl einen Prozentpunkt gutmachen. Das BSW landet durch einen Prozentpunkt minus aktuell bei 6 Prozent. Die FDP würden 5 Prozent der Befragten wählen, in der letzten YouGov-Befragung vom Dezember 2024 waren es noch 4 Prozent. Damit würde die FDP wieder in den Bundestag einziehen.

Millionenbudgets: Ist Empfehlung doch die beste Werbung?

Es gibt einen alten Werbespruch, der dem US-amerikanischen Unternehmer John Wanamaker (1838–1922) zugeschrieben wird: „Die Hälfte des Geldes, das ich für Werbung ausgebe, ist verschwendet. Das Problem ist, ich weiß nicht, welche Hälfte.“

Auch bei der Parteienwerbung zur Bundestagswahl 2025 wird es die Schwierigkeit geben, den genauen Effekt von Werbemaßnahmen zu messen. Neben der klassischen Werbung wie Plakatierungen haben digitale Medien, und damit die Möglichkeiten von datenbasierter Zielgruppenoptimierung, zunehmend an Wichtigkeit gewonnen.



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