Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages gescheitert – Schäuble erntet Kritik
Die Bemühungen um eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages sind vorerst gescheitert. Auf der Abschlusssitzung der von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingesetzten Wahlrechtskommission wurde keine Einigung erzielt, wie Vertreter von FDP, Linken und Grünen nach den Beratungen sagten.
Die drei Oppositionsparteien wandten sich ebenso wie die SPD gegen Schäubles Vorschlag, der eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise, aber auch Einschnitte bei den Ausgleichsmandaten vorsieht.
Schäuble schlug nach Angaben der Opposition eine Reduzierung der Wahlkreise von 299 auf 270 vor. Zudem solle es erst bei mehr als 15 Überhangmandaten Ausgleichsmandate geben.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland über die Erststimmen auf mehr Mandate kommt, als ihr rechnerisch nach ihrem Zweitstimmenanteil zustehen würden. Nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts hatte der Bundestag zuletzt im Februar 2013 das Wahlrecht reformiert. Seitdem müssen alle Überhangmandate kompensiert werden.
Die Zahl der Bundestagssitze wird dabei so lange erhöht, bis das Größenverhältnis der Fraktionen wieder dem Anteil der Parteien an den Zweitstimmen entspricht. Das hat mit dazu geführt, dass es derzeit 709 Abgeordnete gibt – so viele wie noch nie zuvor. Deshalb wird eine Reform angestrebt.
Durch den Vorschlag Schäubles werde das Prinzip verletzt, dass jede Stimme gleich viel wert sein müsse, sagte aber SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider. Es müsse stattdessen weiterhin gelten, dass immer „aus einer Stimmenmehrheit auch eine Parlamentsmehrheit Mehrheit folgt“.
FDP, Linke und Grüne treten für eine Reform ein, bei der die Zahl der Wahlkreise deutlich verkleinert und zugleich die Zahl der Parlamentssitze moderat erhöht wird. Notwendig sei zudem der Verzicht auf das so genannte Sitzkontingentverfahren, durch das regionale Proporze bei der Sitzverteilung berücksichtigt werden, sagte die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. „Das Blockadeverhalten der Union ist schon bemerkenswert“, kritisierte sie die Haltung der CDU/CSU.
Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert sagte, der Vorschlag, 15 Überhangmandate nicht auszugleichen, komme einem „Bonus“ für die CDU/CSU gleich. Was Schäuble als Kompromissvorschlag präsentiert habe, entspreche eigentlich dem ursprünglichen Vorschlag der Union.
Auch nach den Worten des Linken-Abgeordneten Friedrich Straetmanns ist Schäubles Vorschlag kein Kompromiss, „sondern der aufgewärmte Eintopf vom vorletzten Monat“. Sollte sich der 15-Mandate-Vorschlag des Bundestagspräsidenten durchsetzen, werde er seiner Fraktion die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts empfehlen.
Offen blieb am Mittwoch, wie es mit der Wahlrechtsreform weitergehen soll. Nach Angaben der Opposition wird Schäuble nun voraussichtlich die Fraktionsvorsitzenden anschreiben, um einen Vorschlag für das weitere Vorgehen zu unterbreiten. (afp)
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