Wahlrechtsexperte: Nächster Bundestag könnte mehr als 1.000 Abgeordnete haben
Der nächste Bundestag könnte nach Berechnungen des Wahlrechtsexperten Robert Vehrkamp gut 1.000 Abgeordnete stark werden. Eine genaue Vorhersage ist nach Vehrkamps Darstellung jedoch nicht möglich.
„Die Bandbreite der plausibel möglichen Bundestagsgrößen läuft von etwa 650 bis mehr als 1.000. Das kann man nicht ausschließen“, sagte der Fachmann der Bertelsmann Stiftung der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er gehört auch der vom Bundestag eingesetzten Kommission zur Reform des Wahlrechts und Modernisierung der Parlamentsarbeit an.
Stimmensplitting schwer kalkulierbar
„Was in der Diskussion häufig übersehen wird: Es kommt nicht nur auf das Zweitstimmenergebnis an. Mindestens genauso stark hängt es vom Stimmensplitting ab, wie viele Überhangmandate es geben wird. Und das Splittingverhalten ist noch unkalkulierbarer als die Zweitstimmenvergabe.“
So könnten beispielsweise die Grünen etwa doppelt so viele Zweitstimmen bekommen wie bei der Wahl 2017. „Wir wissen aber nicht, wie dann das Splittingverhalten der Grünen-Wähler aussieht.“ Würden etwa 20 Prozent von ihnen – etwa aus alter Verbundenheit – ihre Erststimme der Union geben, habe das „einen enormen Hebeleffekt“, sagte Vehrkamp.
„Dann ist man je nach Szenario schnell bei 880, 950 oder im Extremfall sogar bei über 1.000 Mandaten. Das muss nicht so kommen, ist aber möglich. Das geltende Wahlrecht ist mit Blick auf die Größe des Bundestages ein echtes Vabanquespiel.“
Politikfähigkeit wird beeinflusst
Vehrkamp hat aus dem jüngsten ARD-„Deutschlandtrend“ vom 5. August (CDU/CSU: 27 Prozent, Grüne: 19, SPD: 18, FDP: 12, AfD: 10, Linke: 6) mit drei verschiedenen Splittingszenarien die Größe des Bundestags errechnet. Je nach Szenario kommt er auf 695, 851 oder 978 Abgeordnete.
Die Größe des Bundestags habe enorme Auswirkungen auf seine Arbeits- und Politikfähigkeit, sagte der Wahlforscher. „Ein zu großer Bundestag verschlechtert die Qualität des Politikbetriebs.“ Selbst die Regierungsbildung könne davon beeinflusst werden. „Je größer die Fraktionen, umso schwerer könnte es werden, knappe Mehrheiten zu organisieren und für die Dauer der Legislaturperiode stabil zu halten.“
Die Normgröße des Bundestags beträgt 598 Mandate. Seit der Wahl 2017 zählt er 709 Abgeordnete – so viele wie nie zuvor. (dpa)
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