Kommt die Abtreibung bis zur Geburt?
Laut Paragraf 218 Strafgesetzbuch wird jemand, der eine Schwangerschaft abbricht, mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu fünf Jahren, bestraft. Aber es gibt auch Ausnahmen, beispielsweise wenn seit der Zeugung nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind, wenn das Kind bei einer Vergewaltigung gezeugt wurde oder die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in einer besonderen Bedrängnis befindet. Aber was sagen die Parteien dazu?
Wenn es nach der Linken geht, soll es ein „Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft“ geben. Sie fordert die Abschaffung des Paragrafen und wendet sich damit gegen das seit 150 Jahren bestehende Abtreibungsverbot und die damit verbundene „Austragungspflicht“ der Schwangeren.
Laut Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und Vize-Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag ist eine Abtreibung ein medizinischer Eingriff, „der zur gesundheitspolitischen Versorgung gehört“. Ihrer Ansicht nach gebe es weder mit der FDP eine Selbstbestimmung, noch werde das mit der Union in der Regierung möglich sein, die „das Rad lieber zurückdrehen“ würde.
Im Wahlprogramm der Grünen heißt es auf Seite 191: „Alle Menschen müssen selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden können“. Auch sie fordern eine Abschaffung des Paragrafen 218 und wohnortnahe Versorgung mit Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen können, wobei die Abtreibung Krankenkassenleistung werden soll.
Ähnlich sieht es auch die SPD. Sie wollen, dass Schwangerschaftsabbrüche „als Grundversorgung“ von Krankenhäusern, die öffentliche Mittel erhalten, angeboten werden. So steht es im SPD-Wahlprogramm, das sich für ein „modernes Abstammungsrecht“ einsetzt, auch wenn es um Adoptionen gleichgeschlechtlicher Ehepaare handelt.
Die FDP geht zwar nicht so weit, dass sie den Paragrafen 218 Strafgesetzbuch abschaffen will, aber es soll zumindest Paragraf 219 a gestrichen werden, wonach Ärzten eine Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch bislang untersagt ist. Schwangere sollten einen schnellen Zugang zu einer „seriösen Beratung gerade durch Ärztinnen und Ärzte erhalten, die den Eingriff selbst anbieten“.
Die AfD hingegen fordert explizit Schwangerschaftsberatungen, möglichst unter Einbeziehung der Väter. „Abtreibungen, speziell aus sozialen und familiären Gründen, müssen dabei die Ausnahme bleiben“, heißt es auf Seite 111 des Wahlprogramms.
Vor allem müsse bei der Beratung explizit über den Entwicklungsstand der ungeborenen Kinder und mögliche Spätfolgen einer Abtreibung aufgeklärt werden. Eine Bestrebung, die „Tötung Ungeborener zu einem Menschenrecht zu erklären“, lehnt die AfD strikt ab.
Die Freien Wähler stellen sich hinter die bestehenden gesetzlichen Regelungen. „Es muss aber mehr dafür übernommen werden, dass sich werdende Mütter und Paare für Kinder und nicht gegen sie entscheiden“, heißt es seitens der Partei. Insofern gelte es, sichere Arbeitsplätze, ausreichend Wohnraum und weniger Zukunftsängste zu schaffen.
Im Wahlprogramm von CSU/CDU werden Schwangerschaft und Abtreibung nicht thematisiert.
Wie sehen betroffene Frauen das?
Die Folgen einer Streichung des Paragrafen 218 beschreibt die Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim in einem Twitterpost vom 23. Februar. Darin heißt es: „Schwangerschaftsabbrüche müssen straffrei sein. Immer. Und ja, sie müssen auch im dritten Trimester noch möglich sein.“
Dornheim redet nicht nur über Abtreibungen, sondern hat sie selbst durchgemacht. Bei einer Routine-Untersuchung hatte sie von ihrer nicht-geplanten Schwangerschaft trotz Verhütung erfahren und sich gegen das Kind entschieden, schilderte sie die damalige Situation gegenüber „RTL“.
Bereut habe die Wahl-Berlinerin diese Entscheidung nicht. Sie mache sich auch keine Gedanken, was aus dem Kind geworden wäre. „Das war kein Kind, das war eine befruchtete Zelle“, so Dornheim. Die Grünen-Bundestagskandidatin für Berlin und Lichtenberg hat im Juni 2021 ihr zweites Kind zur Welt gebracht.
Gemische Gefühle nach Abtreibung
Nicht an jeder Frau geht eine Abtreibung so spurlos vorbei. Auf die Frage „Ist von euch jemand froh abgetrieben zu haben?“ in einem Schwangerschaftsforum teilten sich die Gemüter. Wenn man eine Abtreibung hinter sich habe, könne man nicht froh sein, schrieb jemand. Eine andere schrieb: „Nein, für mich war es der größte Fehler, den ich gemacht habe. Hätte ich vorher gewusst, wie schlecht es mir gehen würde, hätte ich [das] nie gemacht!“
Eine Dritte, die inzwischen wieder schwanger war, schrieb: „Habe zweimal abgetrieben und nein, es tat mir nicht leid.“ Ganz im Gegenteil, sei es das Richtige gewesen, auch wenn es „herzlos und brutal“ klingen möge. Sie könne dazu stehen, dass die Entscheidung für sie und die Ungeborenen am besten war. Wer nach einer Abtreibung nicht mit seiner Entscheidung leben könne, habe nicht gründlich darüber nachgedacht und dem Druck der Umwelt zu schnell nachgegeben.
Eine Frau schilderte ihre Abtreibung detailliert: „Also bei mir lief der Abbruch so ab: Am Anfang wurde mir ein Zäpfchen eingesetzt, damit sich der Muttermund richtig öffnet. Dann wirst du auf den Frauenstuhl gesetzt und bekommst eine Vollnarkose. […] Wenn du aufwachst, ist das Baby weg. Überleg dir die Sache gut, denn das wird dich echt dein Leben lang verfolgen.“ Noch eine andere berichtet: „Ich träume schlecht und jedes Mal, wenn ich kleine Kinder sehe, denke ich, ich hätte jetzt auch Mutter sein können.“
Im „Müttermagazin“ berichtete eine Frau anonym, dass sie mit 19 nach dem Abitur ungewollt schwanger geworden war. Sie hatte die Verhütung nicht wirklich ernst genommen. „Auch war mir nicht klar, wer der Vater sein könnte, da es mehrere Möglichkeiten gab.“ Sie wollte weder ihr Leben, noch das ihres Babys ruinieren und trieb ab. „Es waren furchtbare Schmerzen. Schmerzen, die schlimmer waren, als alles zuvor Erlebte.“
Ärzte für das Leben und für Abtreibung
Auf einer Liste der Bundesärztekammer haben sich bislang (Stand 5. September) über 360 Ärzte eingetragen, die Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland nach den gesetzlichen Regelungen vornehmen.
Auf der anderen Seite gibt es den Verein „Ärzte für das Leben“, die „getreu der hippokratischen Tradition das Leben jedes Menschen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod als unantastbar achten und schützen“.
Sie kritisieren, dass inzwischen ein großer Teil der Ärzteschaft, der ärztlichen Berufsorganisationen sowie Dekane, Lehrstuhlinhaber und Lehrer der Medizinischen Fakultäten in den europäischen Ländern unter dem Druck der Regierungen, Parlamente und Massenmedien offen oder stillschweigend ihr Einverständnis zu Schwangerschaftsabbrüchen geben. Sie hätten den 2.400 Jahre alten hippokratischen Grundsatz „niemals absichtlich zu schaden oder gar zu töten“ aufgegeben.
Kaum noch Kinder mit Down-Syndrom
Der erste Vorsitzende der Ärzte für das Leben, Professor Paul Cullen, wendet sich gegen die vorgeburtlichen DNA-Tests, bei denen es in erster Linie um die Identifizierung von Kindern mit Down-Syndrom im Mutterleib geht.
„Da das Down-Syndrom keine Erkrankung, sondern eine Form des Andersseins ist, kann sie auch nicht geheilt werden. Mithin sind diese Tests reine Instrumente der Selektion, da in den allermeisten Fällen auf die Feststellung eines Down-Syndroms mit Abtreibung reagiert wird“, so Cullen.
Schon heute sehen sich Eltern von Kindern mit Down-Syndrom auf offener Straße vielfach dem Vorwurf ausgesetzt, „ob so etwas noch sein muss“, heißt es von den Ärzten für das Leben.
Mittlerweile wurde die nicht-invasive vorgeburtliche DNA-Diagnostik in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Wo derartige Tests bereits breitflächig angewendet werden, werden fast keine Kinder mit Down-Syndrom mehr geboren.
Dass damit ein „Rechtsanspruch auf eine genetische Fahndungsmethode entsteht“, sehen die Mediziner voller Sorge. Dieser könne sich nach und nach auf anderes genetisches Material erweitern. Dass eine solche Rasterfahndung nach genetischen Abweichungen auch die Existenzen geborener Menschen mit diesen Abweichungen infrage stellt, liege den Medizinern zufolge auf der Hand.
Am 18. September findet in Berlin der „Marsch für das Leben“ statt, eine Woche vor der Bundestagswahl. Mit ihrer Demonstration greift der Bundesverband Lebensrecht auch die Wahlkampfthemen wie die Abtreibung, Leihmutterschaft, Eizellspende und Sterbehilfe auf.
Die Veranstaltung beginnt mit einer Kundgebung vor dem Brandenburg Tor auf dem Platz des 18. März. Anschließend findet der drei Kilometer lange Marsch durch Berlin statt. Die Veranstaltung endet gegen 17:30 Uhr nach einem ökumenischen Gottesdienst. Einen Tag zuvor, am 17. September, hat der Bundesverband Lebensrecht eine Fachtagung zum Thema „Der Mensch als Produkt“ im Mövenpick Hotel Berlin organisiert.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung.
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