Wahlbeteiligung: Studie untersucht Motivation von Gelegenheitswählern

Die Wahlbeteiligung ist zuletzt in vielen Bereichen gesunken. Manchmal lassen sich vormalige Nichtwähler jedoch wieder zum Urnengang motivieren. Die FES ging dem Phänomen auf den Grund.
Wählen mit 16 Jahren: 27 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus.
Nicht alle Nichtwähler bleiben grundsätzlich Wahlen fern.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 15. Juli 2023

Bei Bundestagswahlen ist die Wahlbeteiligung nach einem Allzeittief im Jahr 2009 wieder etwas stabiler geworden. Bei anderen Urnengängen steigt hingegen durchgehend die Zahl der Nichtwähler. Eine Ausnahme machte zuletzt die Landratswahl im thüringischen Sonneberg, wo mehr Wähler an der Stichwahl teilnahmen als am ersten Durchgang. Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat nun eine Studie präsentiert, in der sie Motive teilweiser Nichtwähler analysiert hat.

Stärkere Politisierung in Krisensituationen

Die FES spricht von „Gelegenheitswählern“ – im Unterschied zu Personen, die grundsätzlich zu Wahlen gehen und jenen, die dies aus Überzeugung unterlassen. Die befragten Nichtwähler sind demnach unter bestimmten Umständen bereit, sich an Wahlen zu beteiligen.

Für die Befragung hat die Stiftung sechs Wahlkreise ausgewählt. Dazu gehörten die Stimmkreise 060 (Brandenburg an der Havel – Potsdam-Mittelmark I – Havelland III – Teltow-Fläming I), 094 (Köln II), 193 (Erfurt – Weimar – Weimarer Land II) und 214 (Freising). Sie hatten gemein, dass die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021 gestiegen war.

Demgegenüber wuchs der Anteil der Nichtwähler in den ebenfalls untersuchten Stimmkreisen 051 (Helmstedt – Wolfsburg) und 185 (Offenbach).

Als Faktoren für den leichten Anstieg der Wahlbeteiligung nannte die Studie eine Wechselstimmung nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel. Zudem sei in Krisensituationen wie Corona eine stärkere Politisierung zu beobachten. Allerdings reagierten viele Bürger darauf auch mit Rückzug.

Nichtwähler sind je nach Typ in unterschiedlichem Maße mobilisierbar

Dennoch gab es zahlreiche Bürger, die der Bundestagswahl fernblieben. Die FES machte demnach sechs Typen von potenziell mobilisierbaren Nichtwählern aus, die aus unterschiedlichen Gründen Wahlen fernbleiben oder nicht. Deren Motivationen hätten sich wahlkreisübergreifend beobachten lassen.

Die „Zurückgekehrten“ schätzten nicht alle Wahlen als relevant genug für ihr Leben ein, um sich daran zu beteiligen. Allerdings sind sie vor allem in als solchen empfundenen Krisensituationen bereit, bewusst wieder an Wahlen teilzunehmen.

Einige Nichtwähler seien hingegen einfach „vergesslich“ und versäumten es, am Wahltag wählen zu gehen oder Briefwahlunterlagen anzufordern. Das politische Interesse ist in dieser Gruppe grundsätzlich gering.

„Wütende“ kehren allenfalls zum Protest zurück

Als weiteren Typus teilweiser Nichtwähler hat die FES die „Berechnenden“ identifiziert. Diese machten ihre Entscheidung, zur Wahl zu gehen, von einer persönlichen Kosten-Nutzen-Rechnung bezüglich des Gewichts ihrer Stimme abhängig. Ihr Mobilisierungspotenzial sei bereits geringer als jenes der vorgenannten Gruppen.

Die „Krisengestressten“ wiederum legten Wert auf Abstand von der Politik, weil sie diese als Stressfaktor in ihrem Alltag empfänden. Demgegenüber sehen die „Gleichgültigen“ überhaupt keinen potenziellen Einfluss der Politik auf ihr Leben.

Die „Wütenden“ wiederum seien zwar politisch nicht grundsätzlich uninteressiert, allerdings sei ihr Unmut über Politik und Parteien so stark ausgeprägt, dass sie Nichtwählen als Aussage des Protests wahrnähmen. Ausschließlich zu diesem Zweck wären sie auch möglicherweise wieder zur Wahl zu bewegen.

Infostände oder Hausbesuche als geeignete Ansprache potenzieller Nichtwähler?

Die FES erarbeitete in weiterer Folge Vorschläge für die mögliche Mobilisierung dieser teilweisen Nichtwähler – wobei die Wütenden grundsätzlich am wenigsten zu erreichen wären.

Niedrigschwellig Gleichgültige und Vergessliche seien demnach primär über soziale Medien zu erreichen. Bei Vergesslichen und Rückkehrwilligen würden Infostände zu positiven Assoziationen führen, weil sie sich je nach Zeitressourcen dort austauschen könnten.

Der Tür-zu-Tür-Wahlkampf hingegen sei einem Großteil der Gelegenheitswähler nicht bekannt. Viele Betroffene würden auf diesen auch verwundert reagieren oder könnten sich wenig darunter vorstellen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion