Wagenknecht: „Scholz hat Botschaft der Wähler nicht verstanden“

Weitgehend vergeblich ist die Suche nach anerkennenden Aussagen über das Sommerinterview von Bundeskanzler Olaf Scholz mit der ARD. Selbst die SPD-Spitze hält sich bedeckt. Von der Ukrainepolitik bis hin zu Corona überwiegen die kritischen Äußerungen über den Auftritt des Regierungschefs.
Will Bürgerinnen und Bürger an der Corona-Aufarbeitung beteiligen: Bundeskanzler Olaf Scholz.
Will Bürgerinnen und Bürger an der Corona-Aufarbeitung beteiligen: Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 24. Juni 2024

Das Sommerinterview von Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag, 23. Juni, mit der ARD hat erste Reaktionen in Politik und Medien nach sich gezogen. Der Regierungschef hatte sich in dem Gespräch zuversichtlich gezeigt, trotz des schlechten Abschneidens der Ampelparteien bei den EU-Wahlen und weiterhin verheerenden Umfragewerten, die Bundestagswahl 2025 gewinnen zu können.

Wagenknecht: „Scholz hat Botschaft der Wähler nicht verstanden“

Noch am Sonntagnachmittag attestierte BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht dem Kanzler, dieser habe „die Botschaft der Wähler nicht verstanden“. Es seien „null Selbstkritik, keine Kurskorrektur“ zu verzeichnen, äußerte sie gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Ungeachtet ihres Ergebnisses bei der Europawahl verspiele die Ampel „weiter alles […], was Millionen Menschen mit harter Arbeit aufgebaut haben“.

Scholz hatte in dem Gespräch unter anderem eingeräumt, dass die Ukrainepolitik und die Russlandsanktionen der Bundesregierung keine Wählermagnete seien. Vielmehr gehörten sie zu den Gründen für die jüngsten schlechten Wahlergebnisse der Ampelparteien.

Der Kanzler wolle über diese Richtungsentscheidungen zwar im Osten und im Westen diskutieren, es gebe jedoch „nicht die Alternative, dass wir das ändern“. Allerdings hatte der Kanzler in einigen Bereichen der Ukraine- und Russlandpolitik in der Vergangenheit auch Maßnahmen verhindert, die er als potenziellen Beitrag zur Eskalation oder als möglicherweise schädlich für deutsche Interessen wahrgenommen hatte. Ein Beispiel dafür ist seine ablehnende Haltung gegenüber einer Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern in die Ukraine oder sein jüngster Einsatz zur Abschwächung eines weiteren EU-Sanktionspakets gegen Russland.

Linkspartei-Chef Schirdewan: Kanzler bietet Bürgern „einen Sack voll mit Nichts“

Auch aus der Linkspartei gab es Kritik an den Aussagen des Kanzlers im Sommerinterview. Scholz hatte darin für eine Weiterentwicklung des Sozialstaats geworben. Er zeigte sich gesprächsbereit über mögliche Wege, diesen „treffsicherer“ zu gestalten. Gleichzeitig forderte er eine Erhöhung des Mindestlohns, eine Stabilisierung der Renten und eine Erhöhung des Kindergeldes.

Der Co-Vorsitzende der Linken, Martin Schirdewan, erklärte auf X, der Bundeskanzler erweise sich als „Ankündigungsweltmeister“. Er präsentiere den Bürgern einen „Sack voll mit Nichts“. Konkrete Maßnahmen lasse er vermissen.

Auch die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) schreibt, Scholz habe in seinem Sommerinterview „viel geredet und wenig gesagt“. Er habe es verabsäumt, einen „klaren Kurs für die verbleibende Amtszeit auszugeben“.

Zweifel an Scholz-Darstellung über „vorsichtige“ Position zu Corona-Maßnahmen

Auf wenig Rückendeckung stieß auch der Vorschlag des Kanzlers, eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen durch sogenannte Bürgerräte anzustoßen. Kritik rief in sozialen Medien vor allem die Darstellung von Scholz hervor, er habe in der Corona-Zeit „zu denen gehört, die für Vorsicht geworben“ hätten.

Der Kanzler äußerte unter anderem, es sei „sicherlich nicht die richtige Entscheidung“ gewesen, dass in Deutschland „die Schulen mehr geschlossen“ worden seien als in anderen Ländern. Es habe „einige Entscheidungen gegeben, die drüber waren“, sagte Scholz im Sommerinterview: etwa Ausgangssperren zu bestimmten Zeiten, die selbst dann galten, „wenn man eine Maske trug und draußen niemandem begegnete im Wald“.

Im Interview mit Maybrit Illner vom 15. April 2021 hatte sich Scholz als damaliger Vizekanzler der Merkel-Regierung noch als „überzeugt, dass die Ausgangsbeschränkung hilft“, bezeichnet. Er akzeptiere, wenn sich der eine oder andere „auf andere wissenschaftliche Studien beruft als die, die Karl Lauterbach gerade genannt hat“. Allerdings wäre es „ein Verbrechen“, die Möglichkeit von Ausgangsbeschränkungen nicht zu nutzen und weitere Studien abwarten zu wollen „angesichts der Gefahren, die mit den Infektionen verbunden sind“.

Auch im November 2021 – nach der Bundestagswahl – erklärte er, keine „roten Linien“ zu akzeptieren bei „dem, was zu tun ist“ im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung.

Positive Reaktionen auch vonseiten der SPD-Spitze nicht auszumachen

Explizit positive Reaktionen auf die Aussagen des Kanzlers waren in traditionellen und sozialen Medien kaum zu finden. Allerdings hatte beispielsweise SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bereits 2022 seinen X-Account gelöscht und Parteisprecherin Saskia Esken limitiert die Sichtbarkeit ihrer Aussagen in dem sozialen Netzwerk. Ihr Sprecherkollege Lars Klingbeil hat bereits seit 19. Juni keinen Post mehr auf X abgesetzt. Auch auf Facebook gab es noch keine Reaktionen von SPD-Spitzenpolitikern auf den Fernsehauftritt des Kanzlers.



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