Wagenknecht-Gruppe im Bundestag könnte jährlich fünf Millionen Euro erhalten

Nach einer offiziellen Anerkennung als Gruppe könnte das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) viel Geld aus dem Bundeshaushalt bekommen. 17 Prozent der Teilnehmer einer YouGov-Umfrage würden sich wünschen, dass Sahra Wagenknecht Bundeskanzlerin wird. Es gibt erste inhaltliche Aussagen zum Programm.
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Sahra Wagenknecht stellt am 8. Januar 2024 in Berlin offiziell die Programme ihrer neuen Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit“ vor.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times16. Januar 2024

Die Abgeordneten des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) könnten für ihre Parlamentsarbeit nach offizieller Anerkennung als Gruppe im Bundestag wohl rund fünf Millionen Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt erhalten. In den Gesprächen über die Details zur Anerkennung beider Gruppen zeichnet sich eine Einigung ab, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf Fraktionskreise.

In der nächsten Sitzungswoche des Parlaments, die Ende Januar beginnt, wäre demnach eine Entscheidung im Plenum möglich.

Den Angaben zufolge laufe es für beide Gruppen darauf hinaus, dass sie den sogenannten Grundbetrag von derzeit 509.294 Euro pro Monat, der Fraktionen zusteht, zur Hälfte gezahlt bekommen. Außerdem ist eine Pauschalzahlung von monatlich 10.632 Euro für jeden Abgeordneten im Gespräch.

Dazu kommt ein Oppositionszuschlag

Der Betrag entspricht dem, den auch die Bundestagsfraktionen erhalten. Zusätzlich ist ein Oppositionszuschlag vorgesehen. Wie für die Fraktionen dürfte er bei 15 Prozent auf den Grundbetrag beziehungsweise zehn Prozent auf den Pro-Kopf-Betrag liegen.

Überschlägig ergibt sich daraus eine Summe von knapp fünf Millionen Euro, die aus dem Bundesetat an die Gruppe von Wagenknecht fließen könnte.

Im Bundestagspräsidium ist für sie den Angaben zufolge kein Platz vorgesehen. Linken-Politikerin Petra Pau soll dagegen Bundestagsvizepräsidentin bleiben.

In den Ältestenrat des Parlaments sollen sowohl die Linke als auch Wagenknecht und ihre Mitstreiter einen Vertreter entsenden dürfen. Weder für die eine noch für die andere Gruppe werde es dagegen einen Platz im Parlamentarischen Kontrollgremium geben, heißt es.

Wagenknecht als Bundeskanzlerin?

17 Prozent der Teilnehmer einer YouGov-Umfrage würden sich wünschen, dass Wagenknecht Bundeskanzlerin wird – falls ihre neue Partei zur Bundestagswahl antritt. Dies ermittelte YouGov für die dpa. 64 Prozent der 2007 Befragten wollen die 54-Jährige nicht an der Spitze einer Regierung sehen. 19 Prozent machten keine Angabe oder legten sich nicht fest.

Als Ministerin hat die Politikerin auch Unterstützung: 36 Prozent der Befragten befürworteten eine Regierungsbeteiligung der neuen Partei mit Wagenknecht als Ministerin im Bund, davon 13 Prozent „voll und ganz“ und 23 Prozent „eher“. 47 Prozent lehnten dies „eher“ oder „voll und ganz“ ab.

Ausreißer sind die befragten Anhänger der Linken: Von ihnen befürworteten 69 Prozent eine Regierungsbeteiligung mit einer Ministerin Wagenknecht und 45 Prozent wünschen sie sich als Bundeskanzlerin.

Gefragt wurde auch nach einem wichtigen Anliegen Wagenknechts: der Wiederaufnahme der Energieimporte aus Russland mit dem Ziel, die Preise in Deutschland zu drücken. 32 Prozent der Befragten sagten, die Bundesregierung sollte sich bemühen, die Gas- und Ölimporte aus Russland wieder aufzunehmen; 53 Prozent sprachen sich dagegen aus, 15 Prozent machten keine Angabe oder sagten, sie wüssten es nicht.

Die Fehlertoleranz für die Gesamtstichprobe von 2007 Befragten beträgt für einen Anteilswert von 50 Prozent plus/minus 2,19 Prozentpunkte und für einen Anteilswert von 5 Prozent plus/minus 0,95 Prozentpunkte.

Inhaltliche Aussagen: Für Rückbau der EU

Die neue Partei hat sich bisher inhaltlich nur vage positioniert. Bei den Zielen für den Europawahlkampf lichtet sich der Nebel nun etwas.

Das Bündnis will die Europäische Union im Falle eines Wahlsiegs zurechtstutzen und unter anderem die bisherige Klimaschutzpolitik abwickeln. So soll der Handel mit CO2-Zertifikaten abgeschafft werden. „Dieser Zertifikatehandel ist völlig ungeeignet, um klimapolitische Ziele zu erreichen“, heißt es im Entwurf des Europa-Wahlprogramms der neuen Partei.

Es fordert darüber hinaus die unbefristete Nutzung von Verbrennermotoren und die Rückkehr zu Importen von Öl und Gas aus Russland. Der Entwurf liegt der dpa vor. Zunächst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Für „Nichtumsetzung von EU-Vorgaben“

Die Autoren des Entwurfs üben fundamentale Kritik an der EU in jetziger Form und fordern einen Rückbau: „Die EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee“, heißt es. Als Ziel wird formuliert: „Was lokal, regional oder nationalstaatlich besser und demokratischer regelbar ist, darf nicht der Regelungswut der EU-Technokratie überlassen werden.“

Gegebenenfalls solle sich Deutschland an EU-Regeln nicht halten: Das BSW trete „für die Nichtumsetzung von EU-Vorgaben auf nationaler Ebene ein, wenn sie wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie und Meinungsfreiheit zuwiderlaufen“. Das widerspräche dem Grundsatz, dass EU-Regeln für alle 27 Mitgliedsstaaten verbindlich sind. Sie werden von den Regierungen gemeinsam mit dem EU-Parlament ausgehandelt.

Im BSW-Programmentwurf heißt es weiter, der EU-Haushalt dürfe nicht weiter wachsen und die EU solle keine eigenen Einnahmen bekommen. Zudem sollten vorerst keine neuen Mitglieder dazukommen, auch nicht die Ukraine. Nötig sei „ein Moratorium für die EU-Erweiterung“.

Kein „Vasall der USA“

Andererseits plädiert der Entwurf für mehr Eigenständigkeit: „Europa muss eigenständiger Akteur auf der Weltbühne werden, statt Spielball im Konflikt der Großmächte und Vasall der USA zu sein.“ Europa dürfe auch „nicht länger eine digitale Kolonie der Vereinigten Staaten sein“, sondern brauche eine eigenständige digitale Infrastruktur.

Weiter heißt es: „Der Krieg in der Ukraine ist ein blutiger Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland.“ Der Krieg sei zwar „militärisch von Russland begonnen (worden), aber er wäre vom Westen verhinderbar gewesen und hätte längst beendet werden können“. Nötig seien ein Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. „Um Russland zur Aufnahme von Verhandlungen zu motivieren, sollte für diesen Fall der sofortige Stopp aller Rüstungsexporte in die Ukraine angeboten werden“, heißt es in dem Papier.

In der Migrationspolitik wiederholt der Entwurf die bekannte Position Wagenknechts: Asylverfahren an den EU-Außengrenzen oder in Drittstaaten und Bekämpfung von Fluchtursachen.

Auch Wagenknechts Kritik an der sogenannten Cancel Culture findet sich wieder: „In der Attitüde eines modernen Wahrheitsministeriums nehmen viele Politiker und Journalisten oder die sogenannten Faktenchecker heute für sich in Anspruch festzulegen, was richtig und was falsch ist.“ Teil dieser Cancel Culture sei der Digital Services Act der EU, der zurückgenommen werden müsse. Er macht nach Darstellung der EU-Kommission Vorgaben für Plattformen, die im Binnenmarkt systemrelevant sind, und soll dabei die Grundrechte der Nutzer schützen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte sich vergangene Woche als Partei formiert. Wagenknecht war lange in der Linkspartei aktiv und sitzt im Bundestag. Sie ist in einer Doppelspitze mit der früheren Chefin der Linksfraktion, Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der neuen Partei.(dpa/dts/red)



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