Vorstoß für Impfpflicht ab 18 Jahren vorerst vom Tisch
In Deutschland wird es vorerst keine Pflicht zur Corona-Impfung für alle Erwachsenen geben. Die parlamentarischen Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren legten das Vorhaben am Montag mangels Erfolgsaussichten auf Eis, wie die Initiatoren des Bundestags-Antrags bekannt gaben. Eine Impfpflicht solle es stattdessen nun für Menschen ab 50 Jahren geben, erläuterte der Grünen-Abgeordnete Till Steffen. Bei der Erfassung sollen die Krankenkassen eine zentrale Rolle spielen.
Alle Bürger zwischen 18 und 49 Jahren sollen sich der neuen Vorlage zufolge aber einer verpflichtenden Impfberatung unterziehen. Auch halten sich die Antragsteller ausdrücklich die Möglichkeit offen, die Impfpflicht später doch auf alle Erwachsenen auszuweiten. Zudem vorgesehen ist die Vorbereitung eines Impfregisters, wie es besonders die Union fordert.
Die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt räumte ein, dass Bemühungen um einen Kompromiss zwischen den Befürwortern der Impfpflicht ab 18 einerseits und der Union, die einen Vorratsbeschluss für eine mögliche spätere Impfpflicht fassen will, sowie einer dritten Gruppe, die eine Impfpflicht ab 50 vorbereiten will, gescheitert seien.
Bleibe es dabei, solle nun der neue Antrag statt des Antrags für eine allgemeine Impfpflicht am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden, sagte Schmidt. Eine Mehrheit dafür ist allerdings weiterhin ungewiss.
Folgen der Corona-Maßnahmen „nicht genug berücksichtigt“
Unterdessen hat der Deutsche Ethikrat in einer am Montag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme auf Fehler der deutschen Corona-Politik hingewiesen. So seien zahlreiche Institutionen wie Gesundheitsämter und Schulen nur unzureichend auf die Krise vorbereitet gewesen und insbesondere vulnerable Gruppen wie Pflegebedürftige zum Teil nicht gut geschützt worden
Aber auch alle anderen Menschen blieben „verletzlich“ und seien beispielsweise von negativen Folgen der Corona-Maßnahmen betroffen, mahnten die Fachleute. So litten junge Menschen besonders unter Einschränkungen ihrer Ausbildung und ihres Soziallebens. Je länger etwa Schulen von Lockdowns betroffen waren, „desto stärker vulnerabel wurde die junge Generation“, sagte die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx und verwies auf die psychischen Belastungen.
Die Folgen der Corona-Maßnahmen etwa im Bildungsbereich seien „nicht genug berücksichtigt und gesehen“ worden. „Wir rufen nach einer kritischen Aufarbeitung der Krisenbewältigung und besseren Fehlerkulturen“, sagte Buyx.
Ethikrat: Maßnahmen müssen „ethisch gut begründet“ sein
Ethikratsmitglied Sigrid Graumann wies darauf hin, dass Initiativen und kreative Ideen von Lehrern oder Sozialarbeitern zur Unterstützung von Schülern während der Schulschließungen „häufig ausgebremst“ worden seien. „Das sollte künftig nicht mehr so sein“, betonte die Sprecherin der zuständigen Arbeitsgruppe des Ethikrats. Bei allen Maßnahmen müsse die soziale Teilhabe gesichert bleiben.
Der Ethikrat leitet in seiner Stellungnahme eine Reihe von Empfehlungen für Güterabwägungen zwischen Gesundheitsschutz und individueller Freiheit ab. „Maßnahmen gegen eine Pandemie müssen demokratisch legitimiert, ethisch gut begründet und zugleich gesellschaftlich akzeptabel sein“, erklärte Buyx.
In seiner Empfehlung fordert der Ethikrat unter anderem: „Das Potenzial von Maßnahmen, gesellschaftliche Spaltungen zu befördern, sollte zukünftig systematisch in Entscheidungen berücksichtigt werden.“ Weiterhin müssten Institutionen wie Gesundheitsämter, Pflegeheime oder Einrichtungen im Bildungsbereich krisenfester werden. Eine solche Widerstandskraft habe „in etlichen Bereichen gefehlt“, sagte Ethikratsmitglied Andreas Lob-Hüdepohl. (afp/dpa/dl)
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