Vorgezogene Neuwahlen: Kleinparteien sehen sich benachteiligt
Acht kleinere Parteien haben in einem offenen Brief dargelegt, wie vorgezogene Neuwahlen sie im Wahlkampf benachteiligen würden. Sie bitten darin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Innenministerin Nancy Faeser und die Mitglieder des Bundestages, die Hürden für kleinere Parteien in dieser besonderen Situation zu senken.
„Übereilte Neuwahlen würden uns Kleinparteien erheblich benachteiligen“, heißt in dem Schreiben. Um zur Wahl zugelassen zu werden, müssten die Parteien 27.000 Unterstützungsunterschriften für die Landeslisten sammeln, wofür im Regelfall mehrere Monate Zeit zur Verfügung stünde. Dies müsse nun jedoch in wenigen Wochen geschehen. „Diese Hürde in so kurzer Zeit ist unzumutbar und widerspricht den Grundsätzen einer fairen Demokratie“, heißt es in dem Brief vom 14. November.
Kleinparteien fordern Erleichterungen
Daher bitten die Parteien die Adressaten darum, die Anzahl an erforderlichen Unterschriften an die verkürzte Zeit anzupassen.
Bei den Wahlen im Jahr 2021 waren die Hürden für kleinere Parteien schon einmal gesenkt worden. Die Begründung waren die „Einschränkungen der COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen erschwerten Bedingungen“, so steht es auf der Website der Bundeswahlleiterin. Damals wurde die erforderliche Unterschriftenzahl auf ein Viertel des Regelwertes reduziert.
Werden die geltenden Regeln nicht an die Umstände der Neuwahl angepasst, müssten die Kleinparteien bis 69 Tage vor der Wahl je nach Bundesland bis zu 2.000 gültige Unterstützungsunterschriften sammeln, um es überhaupt auf die Wahlzettel zu schaffen. Ausgenommen von der Regelung sind etablierte Parteien, die bereits mit mindestens fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind.
Digitalisierung statt Papierwirtschaft
Zudem wünschen sich die kleineren Parteien in dem Brief die Einrichtung einer digitalen Plattform zum Sammeln von Unterschriften – anstatt der analogen Zettelwirtschaft.
„Aktuell müssen die Formulare beidseitig auf Papier ausgedruckt und von Ämtern einzeln händisch überprüft werden. Allein diese Überprüfung nimmt meist mehrere Wochen in Anspruch“, heißt es im Brief.
In Dänemark sei bereits im Jahr 2016 eine digitale Lösung eingeführt worden. In Deutschland könne man auch Petitionen digital unterzeichnen. „Warum das bei der Unterstützung der Teilnahme an der Bundestagswahl jedoch nicht erlaubt ist, ist nicht begründbar. Dieser Prozess gehört dringend reformiert“, heißt es weiter.
Volt: Neuwahlen gefährlich für die Demokratie
Der Bundesvorsitzende der Piraten-Partei, Borys Sobieski, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben): „Unserer Demokratie tut so eine Hauruckwahl sicher nicht gut.“
Sie sei „in der Kürze der Zeit sicher rein technisch machbar“, fügte er hinzu. Doch „ob sie fair und sinnvoll ist, steht auf einem ganz anderen Blatt“. Sobieski schloss rechtliche Schritte deshalb nicht aus.
Die Sprecherin der Partei Volt, Gina Nießer, sagte dem RND, eine allzu kurzfristige Neuwahl sei „eine riesige Gefahr für die Demokratie. Scholz, Merz und Co. spielen mit dem Feuer – mit dem Fortbestand dieser Demokratie. Die Rechtsextremisten stehen bereit und werden von diesem Zerfall profitieren“. Volt sei es hingegen wichtig, das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken, so Nießer. „Dafür brauchen wir eine gut organisierte Wahl ohne Fehler.“
Nathalie Sanchez Friedrich, Mitglied im Bundesvorstand der Partei Die Basis, fürchtet bei Neuwahlen drastisch sinkende Erfolgschancen für alle Parteien, die derzeit nicht im Bundestag vertreten sind. „Demokratisch fair wäre, die Teilnahme wenigstens nicht zusätzlich zu erschweren.“
Auch finanziell fühlen sich die Kleinparteien benachteiligt. Denn um Anspruch auf staatliche Mittel zu bekommen, müssen sie mindestens 0,5 Prozent der gültigen Stimmen holen. Das setzt aber ebenfalls voraus, dass sie auf den Wahlzetteln stehen.
Der Vorsitzende der Piraten beklagte schließlich, dass sehr schnell Versammlungen organisiert werden müssten, um Kandidaten aufzustellen. „Gerade am Jahresende und in der Kürze der verfügbaren Zeit sind entsprechende Räumlichkeiten, die benötigt werden, kostspielig oder gänzlich ausgebucht“, sagte Sobieski dem RND. (dts/tp)
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