Von windempfindlichen Solarfähren zu S-Kurven: Jährlich Milliarden Steuergeld verschwendet

Der Bund der Steuerzahler hat zum 52. Mal das Schwarzbuch herausgegeben und 100 Fälle exemplarisch aufgeführt. Epoch Times hat eine kleine Auswahl zusammengestellt, die zeigt, wie Verwaltungen Millionen Euro vergeuden.
Titelbild
Die Elektrofähre Missunde III schaffte es in diesem Jahr nicht nur in die Schlagzeilen der lokalen Presse von Schleswig-Holstein, sondern auch in das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes.Foto: Georgfotoart / Creative Commons License (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Von 9. Oktober 2024

Trotz klammer Kassen verplempert der Staat alljährlich Unsummen an Steuergeldern. Einmal pro Jahr dokumentiert der Bund der Steuerzahler in einer subjektiven Auswahl Fälle, die meist besonders unglaublich oder absurd erscheinen.

Wegen fünf Zentimeter: Springturm wird nach 30 Jahren abgebaut

„Jahr für Jahr versickern Milliarden Euro Steuergeld durch die wuchernde Bürokratie mit oft nur fragwürdigem Nutzen oder gar echtem wirtschaftlichem Schaden“, heißt es im neuen Schwarzbuch 2024/25. Mit 100 Beispielen aus Kommunen sowie der Landes- und Bundesebene beleuchtet der Verein darin zum 52. Mal, wo aus seiner Sicht öffentliche Gelder in den Sand gesetzt werden.

Ein Fall typisch deutscher Genauigkeit führt ins hessische Biedenkopf, genauer gesagt ins Freibad des Luftkurortes. 1954 erbaut, wurde das Bad 1993 von Grund auf saniert und erhielt eine Sprunganlage mit einem Ein- und einem Drei-Meter-Turm. Gleichzeitig wurde in das zur Anlage gehörende Wasserbecken eine Edelstahlwanne eingelassen, was die Tiefe auf 3,45 verminderte.

30 Jahre gingen ins Land, bis sich bei der Überprüfung der Aufsichtssituation durch einen Gutachter zufällig herausstellte, dass das Becken nicht die erforderlichen 3,50 Meter tief ist. Die fehlenden Zentimeter verlor es offensichtlich durch die eingesetzte Wanne. Zu allem Überfluss stehen auch noch die Türmer zu dicht beieinander.

Keine Toleranz in Richtlinien vorgesehen

Wie das alles korrekt auszusehen hat, regeln die Richtlinien des Koordinierungskreises Bäder (KOK-Richtlinien). Toleranzen für minimale Abweichungen sind darin jedoch nicht vorgesehen. Die Konsequenz: Im Mai 2023 musste der Drei-Meter-Turm geschlossen werden, da die Stadt haftet, wenn ein Unfall passiert. In den drei Jahrzehnten zuvor hatte es nicht einen Zwischenfall gegeben.

Um den Turm zu erhalten, prüfte die Stadt die Kosten für eine Vertiefung des Beckens oder eine Erhöhung des Beckenrands. Alles zu teuer, lautete das Fazit. Am preisgünstigsten ist mit 1.500 bis 2.000 Euro der Abbau des Turms, was nun vor Beginn der kommenden Badesaison geschehen wird.

Der Bund der Steuerzahler äußert hier Verständnis, dass der Turm wegen der hohen Haftungsrisiken demontiert wird. Er bemängelt aber die unflexiblen Vorschriften, die nicht einmal minimale Abweichungen erlauben. Neben der Geldverschwendung wird der Freizeitspaß für Badegäste künftig eingeschränkt.

Däne freut sich über ein gutes Geschäft mit dem Land Schleswig-Holstein

So wiehert der Amtsschimmel in Biedenkopf noch für vergleichsweise kleines Geld. Der Steuerzahlerbund führt weitere Fälle auf, die dann bis in den siebenstelligen Bereich führen.

Mit 6.000 Euro schlägt ein Lärmaktionsplan zu Buche, den die Gemeinde Nörvenich (Nordrhein-Westfalen) aufstellen muss. Das Problem: Von der Ausarbeitung profitiert niemand, weil in dem betroffenen Gebiet keine Menschen von Krach betroffen sind.

Jetzt wird’s happig: In Naumburg (Saale) in Sachsen-Anhalt reißen Arbeiter eine vollkommen intakte Straße auf, um sie zu begradigen. Doch nach Abschluss der Arbeiten „war die S-Kurve immer noch eine S-Kurve“, berichtet der Steuerzahlerbund in einer Pressemitteilung. Kosten für die misslungene Aktion: rund 500.000 Euro.

Zum Steuergelder-Grab wurde der Bau einer neuen Solarfähre für die Fährstelle Missunde an der Schlei (Schleswig-Holstein). Das Gefährt taugte aber nichts, weil es sich bei Wind nicht sicher anlegen konnte. Die Kosten der vom Winde verwehten Aktion: Vier Millionen Euro plus Rückkauf der Fähre – zum fünffachen Preis. Darüber freute sich ein Däne, der das Schiff, die „Missunde II“ für 17.000 Euro gekauft hatte. Wie der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR) berichtete, zahlte das Land 50.000 Euro für den Rückkauf. Hinzu bekommt der Däne weitere 50.000 Euro für das Vorkaufsrecht vom Land, zitiert der NDR das Wirtschaftsministerium Schleswig-Holsteins. Und damit nicht genug: Die alte Fähre wird in Werft wieder auf Vordermann gebracht, die Kosten sind unklar. Und ihr Nachfolger, „die Missunde III“ wird umgebaut, das dauert wahrscheinlich bis Ende nächsten Jahres.

Teure Staatsdiener kassieren fünf Jahre, ohne zu arbeiten

Weitere Schmankerl gefällig? Die Stadt Mainz stellte 2022 das erste Mal ein sogenanntes „Mobiles Grünes Zimmer“ auf. Weil das nach Aussage der Stadt so gut ankam, entschloss man sich ab Mai drei dieser Zimmer aufzustellen.

Eine Stadtsprecherin dazu: „Die Mobilen Grüne Zimmer sind viel mehr als nur eine attraktive Sitzgelegenheit. Sie spenden Schatten und schaffen Aufenthaltsqualität an Orten, an denen eine Begrünung des Bodens nicht möglich ist. Sie haben einen unmittelbaren und mittelbaren Einfluss auf unsere Nachhaltigkeitsziele, denn sie setzen Sauerstoff frei und binden das Treibhausgas Kohlendioxid. Und sie sollen Aufmerksamkeit für die Bedeutung des Stadtgrüns am Boden, auf Fassaden und Dächern schaffen.“

Das Projekt kostet laut Steuerzahlerbund 100.000 Euro – für fünf Monate, denn um den 17. Oktober werden sie wieder abgebaut.

Auch bei den Personalkosten fliegt das Geld mitunter in hohem Bogen aus dem Fenster. Die „teuren Diener“ sind ein suspendierter Oberbürgermeister im Saarland, der fünf Jahre lang weiter Bezüge kassiert und ein Beamter aus Rheinland-Pfalz, der fünf Jahre im Homeoffice gelassen und bezahlt wurde. Arbeiten musste er dafür nicht, er bekam keine Aufträge.

300 Millionen Euro für fast kostenloses Ticket

Sieben der 100 aufgeführten Fälle führen nach Berlin. Zwei Beispiele seien hier genannt. So gab es unter der Federführung des Bezirksamtes Wilmersdorf-Charlottenburg ein überteuertes Müsli (400 Gramm für 6,49 Euro), das eigens zur Fußballeuropameisterschaft angeboten wurde. Mit dem in Plastiktüten verpackten Mahl sollten UN-Nachhaltigkeitsziele unterstützt werden. Der Steuerzahler war mit 20.000 Euro dabei.

Satte 300 Millionen Euro kostet den Steuerzahlern alljährlich das „29-Euro-Ticket für alle“, das Berlin seit Juli 2024 anbietet. Seither können Nutzer also für weniger als einen Euro pro Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln kreuz und quer durch die Hauptstadt fahren. Der Steuerzahlerbund sieht das kritisch und meint, dass ein „gewisser Anteil“ den Nutzern zuzumuten gewesen wäre. „Die klimagerechte Modernisierung und Erweiterung des Berliner ÖPNV wäre dringender gewesen als ein fast kostenloses Ticket für alle nach dem Gießkannenprinzip“, monieren die Autoren des Berichts.

Das Schwarzbuch 2024/25 kann beim Bund der Steuerzahler kostenlos bestellt werden.



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