Von der Gaskrise zur Stromkrise? – Die Befürchtungen der Stadtwerke

Die Krise scheint sich zunehmend auszuweiten. Nun machen auch die Stadtwerke immer mehr auf ihre schwierige Lage aufmerksam. Soll der Staat auch hier eingreifen?
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Stromleitungsmasten, über die die Stadtwerke die Verbraucher versorgen. (Symbolbild).Foto: iStock
Epoch Times31. August 2022

Der Stadtwerkeverband warnt vor den Risiken einer Stromkrise. „Wir müssen aufpassen, dass Probleme, die wir im Gasbereich haben, nicht auf den Strombereich übertragen werden“, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Über eine Gaskrise in eine Stromkrise zu rutschen, wäre noch mal gefährlicher – für Verbraucher ebenso wie für die Stadtwerke selbst.

Deshalb sei es notwendig, dass über die Preisbildung auf den Märkten diskutiert werde. Auch müsse man den Gaseinsatz zur Stromerzeugung so weit wie möglich herunterfahren, sagte der VKU-Chef. Allerdings gebe es Grenzen. „In der Kraft-Wärme-Kopplung sind viele Anlagen auf Gas angewiesen. Diese Anlagen brauchen wir, um die Wärme im Winter zu erzeugen. Dann ist die Stromerzeugung ein Abfallprodukt. Wenn man das abschneidet, gerät die Wirtschaftlichkeit der Wärmeversorgung unter Druck“, warnte Liebing.

Preiserhöhungen für Verbraucher auch im kommenden Jahr

Angesichts der angespannten Lage auf dem Strommarkt rechnen die Stadtwerke mit deutlichen Preisaufschlägen für Verbraucher. „Die Preissteigerungen betragen derzeit häufig zwischen 30 und 60 Prozent. Es gibt aber auch Stadtwerke, die ihre Preise mehr als verdoppeln müssen. Teilweise mehr“, sagte Liebing den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben).

„Auch im kommenden Jahr wird mit Preiserhöhungen zu rechnen sein, da die Stadtwerke langfristig Gas beschaffen“, führte der Chef des Stadtwerkeverbandes aus. Derzeit werde noch Gas eingesetzt, das vor einem oder vor zwei Jahren zu günstigeren Konditionen eingekauft worden sei. „Und wenn wir auf die Börse schauen, dann kommen wir von unter 20 Euro pro Megawattstunde zu Beginn des vergangenen Jahres und liegen jetzt bei mehr als 300 Euro pro Megawattstunde. Solche Preise schlagen sich mittelfristig in der Preisbildung für die Endkunden nieder“, sagte Liebing.

Bei kurzfristigen Verträgen, wie sie etwa viele gewerbliche Unternehmen abgeschlossen hätten, würden sich die Preissprünge schon jetzt bemerkbar machen. Künftige Preissteigerungen würden auch davon abhängen, ob es zu weiteren Lieferunterbrechungen von russischer Energie komme.

Bis zu 15 Prozent Zahlungsausfall möglich

Wegen der drastischen Preissteigerungen stellen sich die Stadtwerke auch schon darauf ein, dass viele Rechnungen nicht bezahlt werden. „Bisher lagen die Zahlungsausfälle unter einem Prozent. Jetzt preisen viele Stadtwerke schon bis zu acht Prozent an Verlusten ein. Es gibt aber auch Stadtwerke, die mit bis zu 15 Prozent Forderungsausfällen kalkulieren. Das wird dann bedrohlich“, sagte Liebing.

Er forderte ein Insolvenzantragsmoratorium für Energieversorger. Zudem brauche es noch im Herbst Entlastungen. Konkret schlug Liebing vor, die Mehrwertsteuer nicht nur für Gas, sondern auch für Strom und Wärme auf sieben oder fünf Prozent zu senken und die Stromsteuer auf das zulässige Mindestmaß zu reduzieren.

Zudem müsse gezielt denjenigen geholfen werden, die knapp oberhalb des Transferbezuges lägen. „Die bewährten Instrumente wie das Wohngeld und Heizkostenzuschüsse müssen genutzt werden. Die Einkommensgrenzen sollten dabei erhöht werden, um den Empfängerkreis zu weiten“, sagte Liebing.

Eine Übergewinnsteuer lehnte der Stadtwerkeverbandschef hingegen ab. „Im Gasbereich profitieren diejenigen am meisten, die durch nationale Steuergesetzgebung gar nicht erreichbar sind, denn die Gewinne werden im Ausland gemacht, wo das Gas erzeugt und exportiert wird“, sagte Liebing.

Städtepräsident: Stadtwerke in Gefahr

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe (CDU), Oberbürgermeister von Münster, warnt vor einer finanziellen Schieflage vieler Stadtwerke. Diese sind in den Kommunen für die Energie- und Wasserversorgung zuständig. Bei den Stadtwerken gehe es jetzt „wirklich Knall auf Fall“, sagte er am Dienstag der Sendung „Heute-Journal Update“ im ZDF.

Es sei noch nicht richtig angekommen, dass sie die Basis für die Daseinsvorsorge seien. Wenn sie nicht mehr funktionierten, seien zum Beispiel Energie- und Wasserversorgung in Gefahr. Die Stadtwerke müssten vor Insolvenz geschützt werden.

Von der Bundesregierung erwartet Lewe über Parteigrenzen hinweg schnelle Entscheidungen, „denn in einer Krise kann man nicht mehr lange um Details streiten“. Außerdem forderte der Städtepräsident einen „vertrauensvollen Kommunikationsrahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen“. Der sei aus seiner Sicht noch ausbaufähig. Ehrlichkeit sei eine der entscheidenden Voraussetzungen dafür, dass die Menschen Einschnitte durch den Energiemangel mittragen. „Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass es irgendwie gerecht zugeht“, sagte Lewe. So könnten Bürger etwa durch eine Erhöhung des Wohngeldes entlastet werden. (dts/mf)



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