Von „CORRECTIV“ zu den Grünen: Jeannette Gusko wechselt in die Parteipolitik
Die Rechercheplattform „CORRECTIV“ hat eigenen Angaben zufolge mit sofortiger Wirkung die Zusammenarbeit mit ihrer bisherigen Co-Geschäftsführerin Jeannette Gusko beendet. Sie habe von sich aus diesen Wunsch geäußert. Managing Director, Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat hätten diesem entsprochen.
Grund für die Trennung sei, dass Gusko den bevorstehenden Bundestagswahlkampf von Bündnis 90/Die Grünen mitgestalten wolle. Dies erschien allen Beteiligten offenbar nicht mehr als vereinbar mit dem Selbstverständnis von „CORRECTIV“ als Plattform, die sich einem „unabhängigen, überparteilichen Journalismus“ verpflichtet fühlt.
„CORRECTIV“ versichert: Künftige Grünen-Wahlkämpferin hatte keinen redaktionellen Einfluss
Gusko hatte seit September 2022 gemeinsam mit Gründer David Schraven das Geschäftsführungsteam der Plattform gebildet. In einem Beitrag „In eigener Sache“ heißt es, sie habe dabei „eine Phase größeren Wachstums der Organisation und eine Neustrukturierung der finanziellen Grundlagen hervorragend gemanagt“.
Gusko sei es, so schreibt die Plattform weiter, „dabei stets wichtig, die redaktionelle Unabhängigkeit von ‚CORRECTIV‘ zu wahren“. Dennoch sah man es auch als erforderlich an, darauf hinzuweisen, dass ihre Tätigkeit „ausschließlich auf die organisatorische und strategische Leitung“ fokussiert gewesen sei. Sie sei „ohne Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen“ geblieben.
Die 2014 gegründete Plattform, die seither bereits mehrere Dutzend Journalistenpreise verliehen bekam, beschreibt sich als „Deutschlands größtes gemeinnütziges Medienhaus“. Eigenen Angaben zufolge will „CORRECTIV“ die „Demokratie stärken durch gemeinwohlorientierten Journalismus, durch Medienbildung für alle und durch den Einsatz menschen-zentrierter Technologie“.
Wie sich die Plattform finanziert
Die Finanzierung von „CORRECTIV“ erfolgt durch Spenden und Zuwendungen, die von Einzelpersonen, aber auch von Stiftungen und teilweise auch der öffentlichen Hand kommen. Im Jahr 2023 erhielt die Plattform mehr als zwei Millionen Euro an Spenden durch private Unterstützer und Unternehmen. Mehr als 1,8 Millionen seien aus Stiftungen und Organisationen des sogenannten dritten Sektors gekommen.
So bezeichnet man gemeinnützige Einrichtungen, die keinem staatlichen Hoheitsträger zugeordnet sind, aber auch nicht gewinnorientiert arbeiten. Mehr als 568.000 Euro stellte die öffentliche Hand der Plattform zur Verfügung. „CORRECTIV“ zufolge seien diese Zuwendungen zum größten Teil zweckgebunden für die Finanzierung von Projekten der Medienbildung.
Zu den Förderern von „CORRECTIV“ zählten zuletzt die Luminate Stiftung von eBay-Gründer Pierre Omidyar, die 661.018,53 Euro zu deren Arbeit beisteuerte. Von der Schöpflin Stiftung der früheren Lörracher Versandhaus-Gründerfamilie kamen 286.000 Euro, von der bekannten Mercator Stiftung 140.000.
Weitere Summen von mehr als 50.000 Euro spendeten unter anderem die Google Germany GmbH, die ZEIT-Stiftung und die European Climate Foundation. In früheren Jahren kamen Zuwendungen unter anderem auch von der Rudolf Augstein Stiftung, den Open Society Foundations, der Bundeszentrale für politische Bildung oder der Cassiopeia Foundation.
Langjähriger Partner von Meta für den „Faktencheck“
Für bundesweite Aufmerksamkeit sorgte „CORRECTIV“ erstmals 2017, als Facebook eine Kooperation mit der Plattform ankündigte. Diese sollte künftig vermeintliche oder tatsächliche Falschmeldungen, die Nutzer an die Social-Media-Plattform melden, untersuchen.
Sieht „CORRECTIV“ einen Anlass zur Beanstandung, wird der entsprechende Beitrag mit einem Warnhinweis versehen und dessen Sichtbarkeit reduziert. Anders als etwa bei den „Community Notes“ von X gibt es keine Kontrollmechanismen vonseiten der Nutzergemeinde selbst hinsichtlich der Notwendigkeit und Qualität von Faktenchecks.
Mehrere Beanstandungen können Konsequenzen für den Accountbetreiber und von diesem betriebenen Seiten selbst haben. Mittlerweile gibt es Überprüfungs- und Einspruchsmöglichkeiten auch bei Facebook. Allerdings landen diese im Regelfall bei den „Faktencheckern“ selbst.
Mit Potsdam-Bericht brachte es „CORRECTIV“ zu internationaler Berühmtheit
Seinen bislang größten Coup hatte „CORRECTIV“ im Januar dieses Jahres gelandet. Ein Bericht über ein Treffen mehrerer Privatpersonen und Parteimitglieder von AfD und CDU nahe Potsdam wurde zum Politikum. Darunter waren auch führende AfD-Politiker und der von Sicherheitsbehörden als Rechtsextremist eingestufte Österreicher Martin Sellner.
Der Plattform zufolge hatte Sellner aus seinem Buch über „Remigration“ vorgelesen. „CORRECTIV“ erläuterte in seinem Bericht, gestützt auf mehrere frühere Aussagen des Betreffenden, dass dieses Konzept die zwangsweise Ausschaffung von Millionen nicht deutschen Staatsangehörigen umfasse.
Aber auch Personen, die Sellner für nicht ausreichend „assimiliert“ hält, sollen zum Verlassen des Landes gedrängt werden. Da Sellner bis dahin die deutsche Staatsangehörigkeit diesbezüglich nicht als Hindernis ansah, ging die Plattform davon aus, dass auch an jenem Abend die Ausweisung deutscher Staatsangehöriger diskutiert worden sei.
„Recherchen für die Gesellschaft“ – oder für eine Partei?
Medien aus dem In- und Ausland gaben die Darstellung von „CORRECTIV“ wider, Millionen Menschen gingen in Deutschland auf die Straße. Allerdings haben mittlerweile einzelne Teilnehmer des Treffens erfolgreich vor Gericht gegen die Berichterstattung geklagt.
Medien wie die „Tagesschau“ oder das ZDF dürfen mittlerweile mit Bezug zu diesen Anwesenden nicht mehr behaupten, eine Deportation von Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft sei an jenem Abend diskutiert worden. Dafür hätten diese keine ausreichenden Belege geliefert, hieß es in den Urteilen. Der „CORRECTIV“-Bericht reichte demnach dafür nicht aus.
„CORRECTIV“ erklärt nach wie vor: Der „Kern unserer Recherche bleibt unangetastet“. Die meisten juristischen Angriffe, die sich stets gegen Details gerichtet hätten, habe man abgewehrt.
Was die scheidende Geschäftsführerin Jeannette Gusko anbelangt, ist bis dato nicht bekannt, welche Tätigkeit sie genau für die Grünen ausüben wird. Zuvor war sie eher im Umfeld der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung aufgetreten.
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