Volksentscheid-Initiatorin kritisiert Zustände in Kliniken – Gerichtsentscheidung ist „Schlag ins Gesicht“

Gerade während einer Pandemie sollte die Priorität darin liegen, Krankenhäuser und das dortige Personal zu unterstützen – so könnte man meinen. Das Volksbegehren für „Gesunde Krankenhäuser“ wurde jüngst vom Berliner Verfassungsgericht abgelehnt – und zwar ohne mündliche Verhandlung. Das stößt nicht nur bei den Initiatoren auf Kritik.
Von 3. Februar 2021

Für mehr Personal im Krankenhaus und gute Versorgung hatte das „Berliner Bündnis Gesundheit statt Profite“  für einen Volksentscheid für gesunde Krankenhäuser geworben. Doch am 20. Januar hatte der Berliner Landesverfassungsgerichtshof (VerfGH 105/19) die Fortführung des 2018 gestarteten Volksentscheids unterbunden. Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde für unzulässig erklärt und die Auffassung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport bestätigt.

Gerade jetzt in der Pandemie sei der Aufwand, Patienten qualitativ gut zu versorgen, extrem hoch und anstrengend, erklärte Silvia Habekost, Mitinitiatorin des Volksentscheids gegenüber Epoch Times. Die Krankenpflegerin hat gerade ihre zweite COVID-19-Impfung verabreicht bekommen.

Sie beschrieb vor allem das Tragen der FFP2-Masken, die sie über acht Stunden während ihrer Arbeit tragen muss, als Belastung. Von der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Pausenregelung nach 75 Minuten Maskentragen könne keine Rede sein, kritisierte sie auf Nachfrage. Aufgrund des Personalmangels komme die Belegschaft schon so kaum dazu, überhaupt Pausen zu machen.

Jeder Patienten, der positiv getestet wurde, werde – unabhängig von aufgetretenen COVID-19-Symptomen – von den Schutzmaßnahmen her als Corona-Patient behandelt, ob er nun ein Bein gebrochen habe und auf der Chirurgie liegt oder mit einer Lungenerkrankung auf der Pneumologie, schildert die Krankenpflegerin.

Entsprechend sei bei einem Patienten, der zuvor positiven auf Corona getestet wurde, auch besondere Vorsicht bei operativen Eingriffen wegen des Infektionsschutzes geboten. Schwere COVID-19-Fälle würden wochenlang auf Intensivstationen behandelt werden, so Habekost. Wenn die Patienten die Erkrankung überleben, hätten sie dann großes Glück.

Gerichtsentscheidung ist „Schlag ins Gesicht“

Dass in Anbetracht all dieser Umstände das von dem Berliner Bündnis eingebrachte Volksbegehren über ein „Gesetz zur Verbesserung der Patient*innensicherheit im Krankenhaus“ vom Berliner Verfassungsgerichtshof zurückgewiesen wurde, konnte die Mitinitiatorin nicht verstehen.

„Ich bin empört, dass das Gericht die Auffassung vertritt, dass die auf Bundesebene festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen die Personalstandards in der Pflege abschließend geregelt hätten. Gerade in der Pandemie wird deutlich, wie unterbesetzt – nicht nur in der Pflege – im Krankenhaus gearbeitet wird. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die in den letzten Monaten und aktuell an der Belastungsgrenze arbeiten“, sagte Habekost.

Ausgerechnet die rot-rot-grüne Landesregierung habe es versäumt, der Initiative die Chance zu geben, Mängel in ihrem Gesetzestext zu beheben. Diese „volksentscheidsfeindliche Politik“ sei nun aus Sicht der Initiative vom Landesverfassungsgericht nicht nur gebilligt, sondern in einem Verfahren ohne mündliche Anhörung sogar bekräftigt worden, heißt es von dem „Berliner Bündnis Gesundheit statt Profite“.

Die Entscheidung sorgte auch bei Gabi Heise, ebenfalls Krankenpflegerin und Unterstützerin des Berliner Bündnisses für Unmut. Die Betriebsrätin kritisierte die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung: „Dass nun in Zeiten, in denen von Pflegekräften alles abverlangt wird, solch eine Entscheidung hinter verschlossenen Türen getroffen wird, statt gemeinsam über Möglichkeiten und Lösungen zu diskutieren, ist skandalös.“

Man müsse ganz deutlich zwei Fragen stellen:

  1. Was ist die Pflege der Politik und der Gesellschaft wert?
  2. Was zählen Volksentscheide und all die Stimmen überhaupt?

Klar sei allerdings bereits jetzt, dass man nicht aufgeben und weiter für bessere Bedingungen in den Kliniken kämpfen werde. „Wenn dies gesetzlich auf Länderebene nicht möglich ist, bleibt die betriebliche und tarifliche Auseinandersetzung“, fügte Heise mit Blick auf das anstehende Superwahljahr an.

Abgeordneter kritisiert Regierung

Unverständnis über die Entscheidung des Berliner Landesverfassungsgerichts zeigte auch Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher und Vize der Linksfraktionen im Bundestag und im Europarat. Gegenüber Epoch Times sagte er: „Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichts zeigt einmal mehr, dass die Bundesregierung versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen.“

Die Regierung sei an erster Stelle politisch für die Schließung von Kliniken, das Festhalten am Fallpauschalensystem und Privatisierungen im Gesundheitssystem verantwortlich. „Gerade während einer Pandemie muss alles getan werden, damit eine gut finanzierte, bedarfsorientierte und flächendeckend verfügbare Gesundheitsversorgung garantiert ist“, fügte Hunko hinzu. „Besonders in ländlichen Regionen droht vielen kleinen Krankenhäusern die Insolvenz. Die Bundesregierung setzt aber auch in Corona-Zeiten ihre Politik fort, das Gesundheitssystem nach betriebswirtschaftlichen Kriterien umzustrukturieren. Das ist skandalös.“

Die Linke setzt sich nach Angaben des Politikers für eine öffentlich organisierte, angemessen finanzierte und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ein. Die Krankenkassen hätten demnach den Betrieb angemessen zu sichern. „Die Finanzierung der Krankenhäuser muss sich konsequent am medizinischen Bedarf der Patientinnen und Patienten, nicht an ökonomischen Zielen ausrichten“, fordert die Linke. Hunko betont:

Das Gesundheitsministerium hat in der Corona-Pandemie in vielerlei Hinsicht versagt.“

Dies sei besonders beim Schutz der Hochrisikogruppen deutlich. Die Regierung habe den Sommer „verschlafen“, um Konzepte nicht nur zu entwickeln, sondern auch zu ermöglichen und durchzusetzen. Dasselbe gelte für den Schulunterricht.

Zudem habe es die Regierung auch völlig versäumt, notwendige Daten zu erheben, „die eine differenzierte und zielgruppenorientierte Strategie“ möglich machen. Hunko kritisiert: „Stattdessen tappen wir bei vielen Fragen im Dunkeln und reagieren dann – oft zu spät – mit dem Holzhammer Lockdown. Mit enormen Auswirkungen auf die Grundrechte, das soziale Leben und wirtschaftliche Existenzen.“



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