Volksbegehren in Thüringen: AfD will zukünftige Lockdowns verhindern

Mit einem Volksbegehren will die AfD einen Paradigmenwechsel in der Corona-Politik herbeiführen: Zukünftig soll die Regierung im Bereich des Infektionsschutzgesetzes im Vorfeld begründen, warum keine milderen Maßnahmen in Betracht kommen. Doch bis es so weit ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen.
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Die AfD fordert einen Paradigmenwechsel in der Corona-Politik.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Von 30. Oktober 2021

In Thüringen startet am 1. November ein Volksbegehren der AfD. Bis zum 12. Dezember 2021 werden Stimmen für ein neues Gesetz gesammelt, das zukünftige Lockdowns und 3G-Regelungen verhindern soll, während Grundrechte und Wirtschaft geschützt werden. Um die erste Hürde zu überwinden, sind 5.000 Unterschriften nötig.

„Die sogenannten ‚Inzidenzwerte‘, mit denen wir in Panik versetzt werden sollen, beruhen auf unzuverlässigen Testverfahren. Das Testergebnis sagt nichts über eine tatsächliche Erkrankung der Getesteten aus. Symptomlos ‚Infizierte‘ sind nicht krank.“ So lautet eines der acht Argumente, die die AfD aufzählt, damit sich alle stimmfähigen Bürger aus Thüringen an der Abstimmung beteiligen.

Hierneben gilt es, das gesellschaftliche und kulturelle Leben zu erhalten, Kindergärten und Schulen geöffnet zu lassen, Schul- und Vereinssport zu gewährleisten und auch die Senioren in Alten- und Pflegeheimen vor Infektionen zu schützen. Letzteres rechtfertige jedoch keine Besuchsverbote für Familienangehörige. „Der Entzug der sozialen Kontakte zu Freunden und Angehörigen ist ein Angriff auf die Menschenwürde. Die Politik hat nicht das Recht, die Eigenverantwortung der Bürger durch Bevormundung zu ersetzen“, argumentiert die AfD.

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Ausweislich des von der Partei eingebrachten „Entwurfs eines Thüringer Ausführungsgesetzes zum Infektionsschutzgesetz des Bundes“ (THAGIfSG) sollen PCR-Tests für SARS-CoV-2 zukünftig standardisiert werden. Dafür haben innerhalb der letzten eineinhalb Jahre weder das Robert Koch-Institut (RKI) noch das Bundesgesundheitsministerium gesorgt.

Die AfD will auch für die bislang fehlenden einheitlichen Richtlinien bezüglich der Ct-Werte sorgen, deren Ergebnisse darüber entscheiden, ob ein Patient als infektiös gilt oder nicht. Eine Gefährdungsbeurteilung für zukünftige Maßnahmen soll unter Berücksichtigung der Corona-Todesfälle im Land Thüringen, der im Krankenhaus behandelten sowie intensivmedizinisch betreuten COVID-Patienten in Verbindung mit den dem RKI gemeldeten Corona-Fallzahlen erfolgen.

Besonders hervorzuheben ist die neu geplante „qualifizierte Bürgerpflicht“. Wonach die Regierung bei angedachten Verordnungen klar dazu Stellung beziehen muss, warum keine milderen, im wesentlichen gleich effektiven Mittel zum Gesundheitsschutz in Betracht kommen. Berücksichtigt werden sollen dabei auch fundierte Schätzungen, welche Schäden für die Wirtschaft durch die geplanten Rechtsverordnungen entstehen und inwieweit die Menschen und ihre Gesundheit beeinträchtigt werden.

Das sagen die Initiatoren zur Aktion

Die Initiatoren des Volksbegehrens sind die Juristin und Jenaer Stadträtin Wiebke Musahl sowie der Thüringer Landtagsabgeordnete Birger Gröning (beide AfD). Die fünffache Mutter erklärte gegenüber Epoch Times: „In den letzten anderthalb Jahren wurden Grundrechte – auch die von Kindern – massiv eingeschränkt. Ich initiiere das Volksbegehren mit, weil ich mir für alle Betroffenen eine bessere Abwägung der Maßnahmen wünsche.“

Wer „symptomlos Kranke“ zur Maßgabe für Grundrechtseinschränkungen nimmt, statt zu schauen, wer wirklich krank ist und tatsächlich auch andere anstecken kann, handelt unwissenschaftlich und schränkt viel stärker ein, als es nötig und auch vertretbar ist, so Musahl weiter. „Diese Praxis wollen wir beenden und außerdem dafür sorgen, dass Corona-Verordnungen von der Landesregierung erlassen werden und nicht nur von einem Ministerium, damit automatisch verschiedene Lebensbereiche in die Abwägung zum Erlass von Maßnahmen einfließen.“ Ihr sei wichtig, dass Verordnungen in Zukunft im Landtag debattiert werden und eine Mehrheit der Abgeordneten zustimmen muss.

Ihr Parteikollege Birger Gröning, den das Thema Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie überhaupt erst in die Politik getrieben hat, konnte sich in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Bild zu dieser Thematik machen. Sein Fazit: „Das Einzige, was stört, ist der Bürger.“ In dem Bürokratiesystem, welches sich seit Jahrzehnten etabliert hat, stünden unsere Bürger nicht mehr im Mittelpunkt des Behördenhandelns. „Eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Bürgern spielt nachweislich bei der Beaufsichtigung der Behörden eher eine untergeordnete Rolle“, kritisiert der Landtagsabgeordnete. Aus diesem Grund sehe er es als unerlässlich an, dass „unsere Bürger, ich sage mit Absicht nicht die Bürger, in die sie betreffenden Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden“. Transparenz im Behördenhandeln sei hierbei ein nicht zu verachtender Faktor.

Wie geht es nach Abstimmung weiter?

Wenn die 5.000 Unterschriften innerhalb von sechs Wochen zusammengekommen sind, geht das Volksbegehren in die Zulässigkeitsprüfung, worüber die thüringische Landtagspräsidentin innerhalb von sechs Wochen entscheidet. Bei Zulassung wird das Volksbegehren im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gegeben, woraufhin es zu einer weiteren Abstimmung kommt. Dazu müssen sich in die amtlich ausgelegten Unterschriftsbögen entweder acht Prozent der Stimmberechtigten innerhalb von zwei Monaten (sogenannte „Amtsstubensammlung“) oder mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten innerhalb von vier Monaten (sogenannte „freier Sammlung“) eintragen.

Der Vorteil an der freien Sammlung ist, dass die Betreiber des Volksbegehrens aktiver auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen können. Geworben werden darf grundsätzlich überall, allerdings mit gesetzlich festgelegten Grenzen: Behörden, Gerichte, Arztpraxen, Kanzleien von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Notaren sind tabu. Bis zum Ende der Sammlungsfrist kann bei der freien Sammlung eine Unterschrift jedoch ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden.

Nach Ablauf der Sammlungsfrist durchlaufen die Unterschriftenbögen eine Kontrolle der Meldebehörden und werden im Anschluss an die Landtagspräsidentin weitergeleitet, die innerhalb von sechs Wochen feststellt, ob das Volksbegehren zustande gekommen ist.

Ist das Volksbegehren zustande gekommen, muss sich der Landtag innerhalb von sechs Monaten abschließend mit dem durch das Volksbegehren beantragten Gesetzentwurf befassen. Lehnt der Landtag das begehrte Gesetz ab, kommt es zum Volksentscheid.

Wenn das von der AfD eingebrachte Gesetz den Landtag passiert, sollen bei Inkrafttreten sämtliche noch gültigen Corona-Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen ihre Gültigkeit verlieren. In diesem Fall sind die Gesundheitsbehörden des Landes aufgefordert, zu prüfen, inwieweit es diesbezüglich neuer Vorschriften bedarf.



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