Vogelgrippe-Ausbruch: Warum keine Panik angebracht ist

Einen Anlass zur Panikmache gibt es nach Ansicht der gesundheitspolitischen Sprecher von FDP und Union im Hinblick auf die Vogelgrippe derzeit nicht. Nach Aussage des Virologen Alexander Kekulé könnten die gemeldeten Fälle bei Kühen in den USA jedoch der Anfang einer neuen Erkrankung sein.
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Ein veterinärmedizinisches Diagnoselabor untersucht eine Probe auf Vogelgrippeviren (Archivbild).Foto: Stan Honda/afp via Getty Images
Von 6. Juli 2024

Seit drei Jahrzehnten grassiert das Influenzavirus H5N1 unter Vögeln. Das Virus hat sich nun auch auf andere Säugetiere übertragen. In jüngster Zeit häufen sich Berichte aus den USA über infizierte Kühe.

Indes mussten in Niedersachsen Anfang der Woche rund 90.000 Tiere wegen einer Infektion mit dem Subtyp H7N5 getötet werden. Politiker und Mediziner mahnen zur Wachsamkeit, sehen aber keinen Grund zur Panikmache.

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Facharzt für Infektiologie, sagte gegenüber der „Rheinischen Post“: „Wichtig ist jetzt erst einmal, vor allem gut global und wissenschaftlich informiert zu sein und die Ausbreitung einzudämmen.“

Dabei seien zunächst einmal die USA gefordert. „Dort sollten die diagnostischen Möglichkeiten ausgebaut werden“, sagte er und forderte die Entwicklung von Impfstoffen für Kühe.

„Auch Impfstoffe für Menschen sollten frühzeitig entwickelt werden. Hier sind die USA auf dem richtigen Weg und auch Europa sollte vorbereitet sein“, so Ullmann weiter. „Fehler aus der Corona-Pandemie dürfen sich nicht wiederholen.“

Gerade mRNA-Impfstoffe böten das Potenzial, schnell gezielt angepasst und produziert werden zu können, so der FDP-Politiker. Er mahnte zudem Gelassenheit an. „Wir sollten nicht panisch werden, sondern rein rational auf die Situation reagieren“, betonte der FDP-Politiker.

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), zeigte sich gelassen. „Für Panikmache gibt es keinen Anlass. H5N1 ist ein seit vielen Jahren bekannter Erreger“, sagte er. Auf eine neue Pandemie wäre man aus heutiger Sicht deutlich besser vorbereitet als je zuvor.

„Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass weder Panikmache noch überzogene Schutzmaßnahmen zum Erfolg führen. Stattdessen gilt es jetzt, die Entwicklungen genau zu beobachten und die nötigen Informationsflüsse zu gewährleisten“, so Sorge weiter.

Impfungen würden höchstens dann eine entscheidende Rolle spielen, falls sich die Lage akut verschlechtern sollte und wirksame, langjährig erprobte Impfstoffe zur Verfügung stünden. „Danach sieht es aktuell nicht aus“, sagte der CDU-Politiker.

Deutsche und europäische Behörden würden die Entwicklungen aufmerksam beobachten und sich auch mit internationalen Stellen austauschen. „Für die Gefahr einer neuen Pandemie mit dem Ausmaß von Corona gibt es aus heutiger Sicht keinerlei Anzeichen“, äußert Sorge.

Hürden bei der Testung auf Vogelgrippe

Nach dem Chef-Virologen der Berliner Charité, Prof. Christian Drosten, meldet sich nun auch der Virologe und Epidemiologe Alexander Kekulé zur Vogelgrippe zu Wort. In seinem „Focus“-Beitrag sieht er die US-Behörden in der Verantwortung, das Virus einzudämmen.

„Weil Kühe, im Gegensatz zu Vögeln, in der Regel nicht schwer erkranken, lassen sich Ausbrüche ohne Weiteres verheimlichen“, so Kekulé. Die Empfehlung der Behörden, beim Umgang mit potenziell infizierten Rindern Masken, Schutzbrillen und Schutzhandschuhe zu tragen, habe sich bei den Viehhaltern bislang nicht so recht durchsetzen können.

Da Rinderzüchter und Milchverarbeiter keiner systematischen Untersuchungen von Tieren, Milch und Personal auf H5N1 zustimmen, werde die in Supermärkten verkaufte, homogenisierte und pasteurisierte Milch laut Kekulé geprüft. Sie enthalte nach bisherigen Erkenntnissen keine infektiösen Viruspartikel mehr. In Bruchstücken seien von Wissenschaftlern nur noch „geschredderte Erbinformationen“ des Erregers zu finden.

Um eine Pandemie beim Menschen auszulösen, müsse das Virus jedoch erst lernen, durch die Luft zu fliegen – „wofür es bislang nicht den geringsten Hinweis gibt“, schildert der Virologe.

Kein „Übergang zur Pandemie“, sondern neue Erkrankung

Was in US-Kuhställen beobachtet werde, sei nicht der „Übergang zur Pandemie“, sondern die Entstehung einer neuartigen Erkrankung bei Milchkühen, die auch andere Säugetiere über Kontakte, Trinkwasser oder Futtermittel befallen könne.

Ein Subtyp, die sogenannte Klade 2.3.4.4b, habe bereits gezeigt, dass neben Nutztieren wie Rindern und Milchkühen auch Nerze, Füchse, Schafe, Hirsche, Katzen, Robben und andere Säugetiere sich mit dem Vogelgrippeerreger infizieren könnten. Die nachgewiesenen Fälle seien „nur die Spitze eines gigantischen Eisberges“, so Kekulé. In der Natur und der unzureichend kontrollierten Nutztierhaltung schlummere „das größte Risiko für die Entstehung der nächsten Pandemie“.

Die wichtigste Prävention bestehe in der Bereithaltung angepasster Impfstoffe, die im Ernstfall umgehend für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stünden.

“Die lauten Warnungen vor einer Pandemie aus amerikanischen Kuhställen und der Ruf nach Massenimpfungen für Rindviecher gehen am Ziel vorbei und bergen sogar das Risiko, dass Politiker das Problem für erledigt erklären, obwohl die Gefahr noch lange nicht gebannt ist“, schildert er weiter.

Aus seiner Sicht wäre es wünschenswert, „wenn sich Virologen und Epidemiologen dieses Mal auf eine gemeinsame Linie einigen könnten“.

Erste Impfstoffe für Menschen

Bislang sind weltweit nur vereinzelte Fälle von Vogelgrippe bei Menschen registriert worden. Personen, für die aufgrund ihrer Arbeit ein erhöhtes Risiko einer Infektion besteht, können sich seit dem 1. Juli in Finnland mit dem Vakzin der Firma CSL Seqirus gegen Vogelgrippe impfen lassen.

Bei Moderna steht der letzte Test noch bevor. Für die abschließende dritte Phase muss der Impfstoff an mehreren Tausend Teilnehmern geprüft werden. Das werde einige Monate dauern, erklärte Moderna-Chef Stéphane Bancel gegenüber dem „Spiegel“. Für diese Studienphase hat Moderna eine Zusage über 176 Millionen Dollar der US-Regierung erhalten.

(Mit Material der Agenturen)



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