Wirbel um Mpox – Epidemiologe erklärt Hintergründe: Es geht um Geld für Impfstoffe in Afrika

Der erste Mpox-Fall der neuen Variante in Schweden ändert nichts an der Einschätzung der Gefahrenlage für Deutschland und Europa. Das sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der Epidemiologe Stöhr erklärt, worum es bei der Ausrufung des Notstands wirklich geht.
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In Afrika setzt man auf Impfstoffe gegen Mpox; im Bild Impfdosen des dänischen Herstellers Bavarian Nordic aus dem Jahr 2022.Foto: Pascal Guyot/AFP via Getty Images
Von 17. August 2024

Der erste Fall von Mpox, früher Affenpocken genannt, innerhalb Europas ist laut Bundesregierung kein Grund zur Beunruhigung. Trotzdem schlagen die Nachrichten Wellen, nachdem ein Infektionsfall der Virusvariante 1b in Schweden bekannt wurde. Prof. Dr. Klaus Stöhr, Epidemiologe und ehemaliger Pandemiebeauftragter der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sieht die Sache gelassen. Schon in Corona-Zeiten warnte er oft vor unbegründeter Panik.

Die normalerweise im Kongo vorkommende Erkrankung breitet sich derzeit in einigen afrikanischen Ländern wie Ruanda, Uganda und Burundi aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus jetzt in Richtung Europa ausbreitet, ist nach Ansicht des Epidemiologen gering, auch wenn die WHO jetzt eine globale Notlage ausgerufen hat.

Man möchte einfach gut vorbereitet sein, so Stöhr gegenüber der „Welt“. Und in Deutschland sei man wie in vielen anderen europäischen Ländern gut vorbereitet.

Vor allem gehe es aktuell darum, Aufmerksamkeit zu erregen – vor allem politisch. Denn: „Die Bekämpfung in Afrika kostet Geld“, erklärt Stöhr. „Hier gibt es auch Impfstoffmangel und da braucht man natürlich internationale Aufmerksamkeit. Da braucht man Geberländer, die sich hier mit einschalten.“

Lauterbach: „Keine große Gefahr“

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht „für unsere Bevölkerung momentan keine große Gefahr“, wie er auf einer Pressekonferenz am 16. August laut „tagesschau.de“ erklärte. Der Fall aus Schweden mit der neuen Mpox-Variante, die bisher nur in Zentralafrika vorgekommen ist, ändere nichts an der Risikoeinschätzung – weder für Deutschland noch für Europa.

„Deutschland hat den ersten Ausbruch der damaligen Mpox-Variante im Jahr 2022 erfolgreich in den Griff bekommen“, so der Minister. Trotzdem werde die Lage weiterhin aufmerksam verfolgt. Falls sie sich ändern sollte, sei man darauf vorbereitet und könne mit Impfstoffen reagieren, die noch aus dem Jahr 2022 vorrätig seien.

In Deutschland gibt es zwei Impfstoffe, die derzeit nur bestimmten Risikogruppen empfohlen werden. Für die Therapie gibt es ein antivirales Medikament für schwer Erkrankte.

Kein Vergleich mit Corona

Dass das Affenpockenvirus generell nicht leicht übertragbar ist, betonte Johannes Bogner, Leiter der Sektion Klinische Infektiologie am LMU-Klinikum der Universität München. „Eine Übertragung über die Luft oder Aerosol ist nicht bekannt und nicht zu fürchten.“ Die Übertragung erfolge durch direkten Schleimhaut- und Hautkontakt, wie beim Geschlechtsverkehr.

Die Union fordert insoweit mehr Aufklärung über Gefahren und Ansteckungsrisiken. „Entscheidend ist jetzt Aufklärung und Prävention in Umfeldern, in denen das Risiko sexuell übertragbarer Infektionen erhöht ist“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), der „Rheinischen Post“.

Gleichzeitig gab der CDU-Politiker Entwarnung: „Es gibt keinen Grund zur Panik. Affenpocken sind mit Corona nicht zu vergleichen. Uns droht keine neue Pandemie.“

WHO und Ärzte ohne Grenzen fordern mehr Impfstoff

Entsprechend den Aussagen von Prof. Stöhr handelt derzeit die WHO. Die Hersteller müssten ihre Produktion „wirklich hochfahren, damit wir Zugang zu viel, viel mehr Impfstoffen haben“, sagte die WHO-Sprecherin Margaret Harris am 16. August. Länder, die über Impfstoffvorräte verfügen, wurden gebeten, diese abzugeben, um Menschen in betroffenen Ländern zu helfen.

Laut Harris verfügt der dänisch-deutsche Impfstoffhersteller Bavarian Nordic über einen Vorrat von 500.000 Dosen seines Impfstoffs MVA-BN, der unter dem Namen Imvanex vertrieben wird. Weitere 2,4 Millionen Dosen könnten bei entsprechenden Bestellungen rasch produziert werden. Die WHO stehe ebenfalls mit Japan in Kontakt, um eine Abgabe des dort vorhandenen Impfstoffs LC16 zu gewährleisten.

Auch Ärzte ohne Grenzen forderte die Länder mit Impfstoffvorräten auf, „so viele Dosen wie möglich“ an die betroffenen Länder zu spenden. Die Hilfsorganisation forderte Bavarian Nordic zudem auf, seine Preise zu senken. Denn deren Impfstoff sei für die meisten von der Epidemie betroffenen Länder unerschwinglich.

Die WHO hatte wegen der Ausbreitung der neuen Mpox-Variante 1b in mehreren Staaten Afrikas am Mittwoch die höchste Alarmstufe ausgerufen. Im Kongo hat die Regierung seit Jahresbeginn bereits 548 Todesfälle und mehr als 15.600 mutmaßliche Infektionsfälle verzeichnet.

Die Europäische Gesundheitsbehörde (ECDC) empfiehlt den Staaten, Reisehinweise für Personen herauszugeben, die in die vom Ausbruch betroffene Gebiete reisen oder von dort zurückkehren. Wegen der besseren Überwachung und der guten Gesundheitsversorgung in Europa geht die ECDC davon aus, dass die Auswirkungen der neuen Variante gering sein werden.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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