Verwaltungsgericht: Aachen muss Dieselfahrverbote vorbereiten – Oberbürgermeister enttäuscht
Die Luft in den deutschen Innenstädten wird dünner für ältere Diesel: Nach einem Gerichtsurteil vom Freitag muss die Stadt Aachen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vorbereiten. Bis Anfang nächsten Jahres muss die Luft in Deutschlands westlichster Großstadt sauberer werden, entschied das Aachener Verwaltungsgericht in seinem mit Spannung erwarteten Urteil. Gegen die Entscheidung ist allerdings Berufung möglich. (Az. 6 K 2211/15)
Dem Richterspruch zufolge müssen Fahrverbote zwingend ausgesprochen werden, falls es keine geeignetere Maßnahme zur Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte gibt. Das Gericht hob in diesem Zusammenhang hervor, es könne sich nicht vorstellen, welche das sein solle. Das Land NRW und die Stadt Aachen müssten sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Dieselfahrverbot ab dem 1. Januar 2019 einstellen und ein solches „konkret vorbereiten“.
Die Aachener Gerichtsverhandlung über Dieselfahrverbote war die erste nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar. Das Bundesgericht in Leipzig hatte entschieden, dass Dieselfahrverbote als Mittel gegen überhöhte Werte von Stickstoffdioxid (NO2) grundsätzlich zulässig sind. Die Leipziger Richter verwiesen aber darauf, dass bei Fahrverboten die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss.
Dem Aachener Urteil zufolge müssen die örtlichen Behörden bei der Vorbereitung von Dieselfahrverboten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch prüfen, ob streckenbezogene Fahrverbote ausreichen würden oder ob Verbote für ganze Zonen erforderlich wären. Dies müsse aber durch Gutachter geklärt werden und sei nicht Aufgabe des Gerichts. In Hamburg gelten seit vergangener Woche auf zwei Straßenabschnitten die bundesweit ersten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge.
Der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp bezeichnete das Urteil als enttäuschend, „weil es außer Acht lässt, wie viel wir in Aachen im Bereich emmissionfreier Verkehr bereits gemacht haben. Dass wir uns deutlich auf den Grenzwert zu bewegen und dass wir sehr optimistisch sind in kurzer Zeit auch durch die Umstellung der Busflotte noch sehr viel mehr zu erreichen. Insofern ist der Focus auf ein Dieselfahrverbot für uns der völlig falsche Weg“, sagte Philipp zu Reuters TV.
Kläger in dem Aachener Fall ist die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die auch in 27 weiteren deutschen Städten seit geraumer Zeit gerichtlich gegen Überschreitungen der NO2-Grenzwerte vorgeht. Der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nannte das Aachener Urteil eine „schallende Ohrfeige“ für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
„Spätestens mit der Aachener Entscheidung weiß die Bundesregierung, wie auch die 27 weiteren Klagen der DUH für ‚Saubere Luft‘ in Deutschland ausgehen werden“, erklärte Resch. „Wann wagt es diese Regierung, Recht und Gesetz auch gegen die in einem kriminellen Kartell zusammengeschlossenen Dieselkonzerne durchzusetzen?“ Die Konzerne hätten über zehn Millionen Diesel-Pkw mit auf der Straße nicht funktionstüchtiger Abgasreinigungstechnik verkauft.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, erklärte, mit dem Urteil in Aachen steige der Druck auf die Automobilindustrie, „endlich ihren Widerstand gegen Hardware-Nachrüstungen für ältere Dieselautos aufzugeben“. „Es ist lange bekannt, dass Städte mit zu hohen Stickoxid-Werten mit ihren Maßnahmen das Problem abmildern, aber nicht lösen können.“ Keine Stadt wolle Fahrverbote „und die Städte tun alles, um sie zu vermeiden“.
„Aber es liegt nicht in ihrer Hand, ob Fahrverbote am Ende zu verhindern sind“, fügte Dedy hinzu. Es könne sein, dass solche Maßnahmen für einige Städte von Gerichten erzwungen würden. „Kurz vor diesem Punkt stehen wir jetzt nach dem Aachener Urteil. Das sollte ein Weckruf für alle sein, die meinen, man könne Fahrverbote per politischer Erklärung ausschließen.“ (afp/reuters)
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