Kosten für Gorch Fock auf 135 Mio Euro angestiegen – Verteidigungsministerium räumt schwere Versäumnisse ein
In der Affäre um das Marine-Segelschulschiff „Gorch Fock“ hat das Bundesverteidigungsministerium schwere Versäumnisse eingeräumt. In einem am Freitag der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Bericht an Bundestagsabgeordnete bezeichnet das Ressort die Kritik des Bundesrechnungshofes zur Causa „Gorch Fock“ als berechtigt. Das Ministerium hat bislang nach eigenen Angaben aber noch keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung über die Zukunft der „Gorch Fock“.
Zunächst hatte die „Welt“ über die Stellungnahme berichtet. Der Rechnungshof hatte in einem Prüfbericht schwere Versäumnisse bei der Instandsetzung des im Jahr 1958 gebauten Segelschiffs festgestellt. So waren für die Sanierung des Dreimasters Ende 2015 noch knapp zehn Millionen Euro veranschlagt worden.
Inzwischen sind die Kosten auf 135 Millionen Euro angestiegen. Der Rechnungshof bemängelte unter anderem, vor der Instandsetzung habe es weder eine umfassende Schadenaufnahme noch eine ausreichende Untersuchung der Wirtschaftlichkeit gegeben.
In der Stellungnahme an den Bundestag heißt es, das Ministerium habe die Feststellungen des Bundesrechnungshofes zum Anlass für interne Prüfungen genommen. Diese seien noch nicht abschließend aufgearbeitet worden. Aber „der bisherige Stand erlaubt es bereits festzustellen, dass wir dem überwiegenden Teil der Darstellungen des Bundesrechnungshofes sowie den Empfehlungen im Wesentlichen folgen und die zusammenfassenden Bemerkungen teilen“.
Allerdings weist das Ministerium in seiner Expertise eine Reihe der Vorwürfe des Rechnungshofes zurück. Insbesondere widerspricht das Haus von Ressortchefin Ursula von der Leyen (CDU) der Feststellung des Rechnungshofs, die „Gorch Fock“ habe über Jahre „eine Gefahr für Leib und Leben der Besatzung und der Offiziersschüler“ dargestellt.
In der Stellungnahme schreibt das Ministerium, eine solche Gefahr habe „jedenfalls seit Abschluss der Instandhaltungsmaßnahmen 2012 bis zum Beginn des aktuellen Instandhaltungsvorhabens nicht bestanden“. Die Sicherheit der Soldaten sei nicht beeinträchtigt gewesen.
Ministeriumssprecher Jens Flosdorff räumte am Freitag ein, der Zustand des Segelschulschiffs sei über mehrere Jahrzehnte nicht geprüft worden. Deswegen hätte vor Beginn der Instandsetzung 2015 der Gesamtreparaturbedarf deutlich sorgfältiger analysiert werden müssen. „Das ist nicht erfolgt“, sagte Flosdorff.
Flosdorff betonte zugleich: „Wir haben im Moment noch keine vernünftige Entscheidungsgrundlage, wie es mit der Gorch Fock weitergeht.“ Deswegen könne auch noch nicht entschieden werden, ob das Schiff überhaupt weiter instandgesetzt werden soll.
Der Grünen-Sicherheitsexperte Tobias Lindner bezeichnete es als „besonders schwerwiegendes Eingeständnis der Bundeswehr“, dass bei der Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nachgearbeitet werden müsse. „Von der Leyen kann sich nicht nur als Opfer der kriminellen Machenschaften einer Werft inszenieren.“ Sie habe erhebliche eigene Fehler gemacht.
„Die Verteidigungsministerin muss jetzt endlich handeln, anstatt immer nur einzuräumen und anzukündigen“, kritisierte der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein. Die Linke forderte weitreichende Konsequenzen. „Die ‚Gorch Fock‘ gehört in den Museumshafen, die Ministerin in den Ruhestand“, erklärte ihr sicherheitpolitischer Experte Matthias Höhn. (afp)
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