Verschärfung Asylrecht: Bischofskonferenz warnt vor „gefährlicher Dynamik“

Die Diskussion um Änderungen in der Asylpolitik reißt nicht ab. Indes warnt die Deutsche Bischofskonferenz davor, Ängste zu schüren und unerfüllbare Erwartungen zu wecken.
Der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße. Foto: Andreas Sibler/ Erzbistum Hamburg
Der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße.Foto: Andreas Sibler/ Erzbistum Hamburg
Von 15. September 2024

Der Anschlag am 24. August in Solingen, bei dem drei Menschen mit einem Messer getötet wurden, hat eine umfangreichere Debatte rund ums Asylrecht entfacht. Nun schaltet sich auch die Kirche in die Diskussionen ein. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) warnt vor einem „Überbietungswettbewerb asylrechtlicher Verschärfungen“.

Der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße, Vorsitzender der DBK-Migrationskommission und Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen, äußerte in einer am 12. September auf der DBK-Website erschienenen Erklärung zur aktuellen Asyldebatte:

„Durch emotionalisierte Zuspitzungen und den markigen Ruf nach vermeintlich einfachen Lösungen wird eine gefährliche Dynamik in Gang gesetzt: Ängste werden geschürt, unerfüllbare Erwartungen geweckt – und auf diese Weise droht die demokratische und rechtsstaatliche Kultur unseres Landes Schaden zu nehmen.“

Erzbischof sieht EU in Gefahr

Gleichzeitig sieht er das „europäische Projekt“ gefährdet, wenn in Deutschland als größtem Mitgliedstaat der EU Forderungen laut werden, „sich über das gemeinsame Recht einfach hinwegzusetzen“.

Er erinnert daran, dass die EU mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bereits restriktivere Regelungen beschlossen hat, die schrittweise umgesetzt würden. Doch das sei scheinbar in Vergessenheit geraten. Stattdessen würde vor dem Hintergrund der „Terrortat“ von Solingen und der aktuellen Landtagswahlen eine „hitzige Asyldebatte“ geführt.

„Tatsächlich muss der islamistische Terrorismus entschieden bekämpft werden. Dieses Anliegen teilen gerade auch Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind“, erklärt Heße.

Er bezeichnet rechtsstaatliche Grundsätze und internationale Verpflichtungen als „ein hohes Gut“. Sie zu achten, sei „das Fundament, um zu verantwortungsvollen Lösungen zu gelangen“. „Sicherheit und Flüchtlingsschutz sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen!“, appelliert der Hamburger Erzbischof.

Mehr Unterstützung für Kommunen, weniger Bürokratie

Aus seiner Sicht sei es geboten, durch sachliche Politik zu überzeugen – etwa, indem man die Kommunen wirksam unterstützt, bestehende Hürden auf dem Weg zu gelingender Integration abbaut und bürokratische Verfahren vereinfacht.

Ähnlich äußerte sich Bischof Georg Bätzing, der DBK-Vorsitzende, beim traditionellen Michaelsempfang der katholischen Kirche am 11. September, bei dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zugegen war. Die Gesellschaft dürfe sich nicht gegeneinander aufwiegeln lassen.

Es sei Aufgabe der Kirche, die Not der Migranten zu sehen und für einen rechtsstaatlichen und menschenwürdigen Umgang mit ihnen einzutreten.

Bundestag berät über Asyl- und Sicherheitspaket

Am 12. September hatte der Bundestag über ein Asyl- und Sicherheitspaket beraten. Darin ging es um mögliche Grenzzäune, Messerverbote, erweiterte Ermittlungsbefugnisse für die Behörden in der Terrorismusbekämpfung und Streichung von Leistungen für bestimmte Flüchtlinge. Zwei Gesetzesentwürfe der Regierung sowie Anträge von Union und AfD lagen zur Diskussion vor. Beschlossen wurde am Ende jedoch nichts.

Die Union sprach sich „Für eine echte Wende in der Asyl- und Migrationspolitik – Zurückweisungen an den deutschen Grenzen vornehmen“ (BT-Drucksache 20/12835, PDF) aus.

Kernstück ihres Antrags ist die seit Wochen geäußerte Forderung von Oppositionschef Friedrich Merz (CDU), „umgehend auch solche Personen an den Binnengrenzen zurückzuweisen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Schengen-Raums bereits Aufnahme gefunden haben oder die einen Asylantrag auch in einem Staat, aus dem sie einreisen wollen, stellen können“.

Dabei beruft sich die Union auf das Recht eines jeden EU-Landes, den Schutz der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit im eigenen Land über das EU-Recht zu stellen, wie es Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zulasse. Immerhin sei Deutschland „in erheblichem Maße durch die illegale Asylmigration“ bedroht.

Außerdem sprächen auch Artikel 16a (2) des Grundgesetzes und Paragraf 18 (2) des Asylgesetzes für das Recht, Asylbegehrende sofort an den Grenzen zurückzuweisen, sofern diese aus einem sicheren Drittstaat einreisen wollten.

Die AfD fordert unter anderem Kontrollen der Bundesgrenzen, gegebenenfalls „auch durch die Errichtung von Grenzzäunen“, ein Ende der „Praxis des generellen Verbleibs abgelehnter Asylbewerber in Deutschland“ und die Anpassung sämtlicher dazu notwendiger rechtlicher Regelungen.

Die zweitgrößte Oppositionspartei im Bundestag möchte auch kürzere Verfahrensdauern, mehr Druck auf rücknahmeunwillige „Transit- und Herkunftsstaaten“ und die Beseitigung der „wichtigsten Anreize für die illegale Einwanderung nach Deutschland“.

Sowohl die Gesetzentwürfe der Regierung als auch die Anträge von Union und AfD wurden an den federführenden Innenausschuss weitergereicht, bevor eine Abstimmung im Bundestag erfolgen kann.



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