Vermittlungsausschuss: Zukunft von Wachstumschancengesetz bleibt in der Schwebe

Die Zukunft des Wachstumschancengesetzes ist offen. Zwar kam der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit den Stimmen der Ampel-Parteien zu einem Kompromiss. Die Union würde diesem im Plenum der Länderkammer aber nicht zustimmen.
Abgeordnete der Länder während der Sitzung des Bundesrates in Berlin.
Abgeordnete der Bundesländer während einer Sitzung des Bundesrates in Berlin.Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Epoch Times22. Februar 2024

Wie es mit dem Wachstumschancengesetz weitergeht, ist offen. Zwar nahm der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am Mittwochabend mit den Stimmen der Ampel-Parteien einen Kompromiss an.

Da die Union aber nicht zustimmte, hängt eine Einigung nun von einer Abstimmung im Plenum des Bundesrats am 22. März ab. Und dort würde das Gesetz ohne Zustimmung der Union scheitern.

Ein „unechtes Vermittlungsergebnis“

Das Wachstumschancengesetz sieht eine Reihe von Entlastungen für Unternehmen in Höhe von rund drei Milliarden Euro pro Jahr vor. Die Union will dem Vorhaben nur zustimmen, wenn die Bundesregierung die schrittweise Streichung der Subventionen bei Agrar-Diesel für Landwirte zurücknimmt.

„Am Ende gab es ein sogenanntes unechtes Vermittlungsergebnis“, erläuterte der Parlamentsgeschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), die Entscheidung vom Mittwochabend im ZDF. „Das heißt eine Mehrheit hat für dieses Gesetz votiert, aber dieses Ergebnis lässt vermuten, dass es nach wie vor im Bundesrat keine Mehrheit für dieses Gesetz gibt.“

Deswegen müssten die Gespräche mit der Bundesregierung weitergehen, „wie man zu einer umfassenden Entlastung für die Wirtschaft kommt“, sagte Frei. „Und das bezieht sich eben nicht nur auf die Wirtschaft im Ganzen, sondern auch auf eine wichtige Branche der Wirtschaft, nämlich der Landwirtschaft.“

Inhalte des Gesetzvorhabens

Das Vermittlungsergebnis enthält nach Angaben des Bundesrats eine Vielzahl von Maßnahmen, darunter etwa Abschreibungsmöglichkeiten für Wohngebäude, eine Anhebung des Verlustvortrags auf 70 Prozent sowie eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung. Zudem seien Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau enthalten, wie der Bundesrat mitteilte.

Gestrichen wurde demnach die Einführung einer Klimaschutz-Investitionsprämie und die Mitteilungspflichten innerstaatlicher Steuergestaltungen.

Zur Förderung von Investitionen soll eine sogenannte degressive Abschreibung eingeführt werden. Für kleine und mittlere Unternehmen soll die Sonderabschreibung substanziell verbessert werden. Forschung und Entwicklung von Unternehmen soll ebenfalls stärker steuerlich gefördert werden.

Dem Vermittlungsausschuss lagen am Mittwoch insgesamt fünf umstrittene Gesetzesvorlagen vor. Eine Einigung gab es zum geplanten Online-Register zur Qualität von Krankenhäusern. Bei einem Gesetz zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Kfz-Haftpflichtversicherung wurden Ausnahmen vereinbart. Die Versicherungspflicht für bestimmte selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Stapler soll nunmehr entfallen.

Vertagt wurden zwei Vorlagen aus dem Justizbereich. Dabei geht es um die Tonaufzeichnung von Gerichtsverhandlungen, den Einsatz von Videokonferenz in der Zivilgerichtsbarkeit.

Bundesrat blockierte

Der Bundesrat hatte das Wachstumspaket mit dem Argument blockiert, Länder und Kommunen müssten einen Großteil der Kosten und Steuerausfälle schultern. In ersten Gesprächen strichen die Verhandlungspartner das Volumen der Entlastungen daraufhin bereits von einst geplanten sieben Milliarden Euro jährlich auf 3,2 Milliarden Euro zusammen.

Ursprünglich sollte es ein milliardenschwerer Rundumschlag für alle Branchen sein, der Firmen in der Konjunkturflaute entlastet und Investitionen in den Klimaschutz fördert. Lindner hatte fast 50 steuerpolitische Maßnahmen vorgeschlagen.

Lindner wirft Union Verweigerungshaltung vor

SPD-geführte Länder zeigten sich ebenso wie die FDP und die Grünen mit der abgespeckten Lösung zufrieden. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bedauerte, dass sich CDU und CSU „dem Ruf der deutschen Wirtschaft nach Klarheit zu weiteren Entlastungen heute leider verweigert“ hätten. Er hoffe nun „auf ein Umdenken in den nächsten Wochen“, schrieb er nach den Beratungen im Online-Dienst X.

Lindner warf der Union nach der Sitzung vor, sich den Rufen der deutschen Wirtschaft nach einer Entlastung und Wachstumsimpulsen zu verweigern.

Der Fraktionsvize der Grünen, Andreas Audretsch, sagte, die Union habe die Wirtschaft „wegen taktischer Spielchen zur eigenen Profilierung im Regen stehen lassen“. „Ich glaube, auch die deutsche Wirtschaft wird dafür keinerlei Verständnis haben“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Der Druck auf CDU und CSU sei nun erheblich.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, er habe kein Vertrauen, dass die Ampel bis zum 22. März substanzielle Entlastungen für die Landwirtschaft vorlege. Es sei eine Chance vertan worden, sagte Dobrindt nach den Verhandlungen. Es könne nicht ein Teil der Wirtschaft, nämlich die Landwirtschaft, belastet werden. Die Möglichkeit, eine Brücke zu bauen, sei vertan worden. Er bedauere das ausdrücklich.

SPD, Grünen und FDP hoffen auf mehr Druck auf die Union

Die Ampel-Partner forderten die Union auf, sich ihr Votum noch einmal gut zu überlegen. Das Kalkül von SPD, Grünen und FDP lautet: Der Druck aus der Wirtschaft auf die Union wird immens sein, doch zuzustimmen.

Direkt am Mittwochabend meldete sich der Verband der Chemischen Industrie: „Mit dem Wachstumschancengesetz hätten Bund und Länder nach 15 Jahren steuerpolitischer Rückschritte endlich einen ersten richtigen Schritt nach vorne gemacht, um den Reformstau in Deutschland zu lösen. Diese Chance wurde vertan.“

Die Ampel geht mit ihrem Vorgehen im Vermittlungsverfahren auch ein Risiko ein: Bleibt die Union hart und halten alle unionsgeführten Länder zusammen und es scheren nicht einige von der Linie aus, könnten die Entlastungspläne scheitern – angesichts der Konjunkturflaute könnte dies ein fatales Signal an die Wirtschaft sein, dass man sich auf die Politik nicht mehr verlassen kann. (afp/dpa/red)



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