Verkehrswende in der Sackgasse? Zuwachs von E-Autos nimmt deutlich ab
Das Interesse der Deutschen an E-Autos schwindet. 2024 sind im Schnitt nur knapp 4 Prozent der privaten Halter beim Fahrzeugwechsel von Verbrennungs- auf reine Elektroantriebe umgestiegen. Das ist so selten wie zuletzt vor drei Jahren.
Zenit überschritten
Das vierte Quartal erreichte beim Antriebswechsel sogar den schlechtesten Jahresendquartalswert seit 2020. Hier gab es in den vergangenen Jahren immer eine Jahresschlussrallye. Zum Vergleich: Ende 2022 waren es noch 6,9 Prozent. Solange der Wert über null Prozent liegt, gibt es noch einen Zuwachs. Allerdings hat die Elektromobilität in Deutschland hier vorerst ihren Zenit überschritten.
Das offenbart das neu entwickelte sogenannte E-Barometer des Versicherungsunternehmens HUK-Coburg. Nach Angaben der HUK ermöglicht das E-Barometer erstmalig, die Umstiegshäufigkeit der deutschen Privatbevölkerung von Verbrennungsmotoren – darunter etwa Benzin, Diesel, Gas, Hybrid – auf rein elektrisch betriebene Autos zu messen.
Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK, erklärte, was das Unternehmen mit dem neuen E-Barometer beabsichtigt. „Wir wollen mit diesem neuen Instrument die Akzeptanz und den Umstieg auf Elektroautos in der deutschen Privatbevölkerung umfassend messbar machen und Entwicklungen darstellen.“
Ziel sei es, die Umstiegsquoten auf E-Autos und die Dynamik dieser Umstiege in der Privatbevölkerung aufzuzeigen. Das unterscheide sich von der schlichten Angabe neu zugelassener E-Autos auf deutschen Straßen, die aus Privat- und Geschäftsfahrzeugen besteht. „Angesichts der Bedeutung der privaten Autobesitzer ist dies der entscheidende Bereich, um zu prüfen, wie sich die Elektromobilität in Deutschland durchsetzt“, sagte Rheinländer.
Grundlage dieser Analyse sind interne Daten und Berechnungen der HUK. Bei dem Unternehmen sind 13,9 Millionen Fahrzeuge versichert. Damit besitzt die HUK einen Marktanteil von knapp 25 Prozent an den privat zugelassenen Kraftfahrzeugen in Deutschland.
Bestandszuwachs privater E-Autos
Der Anteil privat gehaltener reiner E-Autos betrug laut HUK Ende 2024 bundesweit nur 3 Prozent. Für die Zunahme dieser Quote wird auch ein Dynamikfaktor ermittelt.
Dabei stellte sich heraus, dass die Dynamik der Zunahme des E-Auto-Anteils 2024 so schwach ausgeprägt war wie zuletzt Anfang 2020. Zu diesem Zeitpunkt fing der Markt der Elektroautos gerade erst an, sich zu entwickeln. Zudem startete hier die Messreihe des HUK-E-Barometers.
E-Auto-Erfahrung: Schlüssel zur Akzeptanz?
Nach Ansicht der HUK hängt die Einstellung der Deutschen zu E-Autos stark davon ab, ob sie selbst schon Fahrerfahrungen damit gesammelt haben. So saßen bislang mindestens 68 Prozent aller Deutschen mit Führerschein noch niemals am Steuer eines E-Autos.
Aktuell bewerten die Autofahrer Elektroautos zu 45 Prozent als „gut“ oder „sehr gut“. Diejenigen aber, die bereits ein E-Auto selbst gefahren haben, ohne eines zu besitzen, finden E-Autos zu 53 Prozent „gut“ oder „sehr gut“ und wer schon eines besitzt, hat diese Meinung sogar zu 82 Prozent. Das ermittelte eine YouGov-Umfrage mit 4.131 Teilnehmern ab 16 Jahren im November 2024.
„Der Schlüssel zur Akzeptanz und Verbreitung von Elektroautos in Deutschland hängt ganz offenbar von der persönlichen Erfahrung ab“, betonte Rheinländer. „Die aktuellen Ergebnisse des HUK-E-Barometers zeigen, dass Fahrer, die E-Autos kennen, diese Autos viel positiver sehen, gerade wenn es um Kriterien wie Komfort, Leistungsfähigkeit oder Verlässlichkeit geht.“
Probleme mit der Akzeptanz verursachen jedoch auch andere Merkmale der Elektromobilität. Laut „Statista“ haben die Menschen in Deutschland vor allem Sorgen um die Reichweite der Stromer. Die Verunsicherung bereitet ihnen zudem die vergleichsweise hohen Kosten und die fehlende Infrastruktur zu Hause. Eine weitere Frage ist die Wiederverkaufsmöglichkeit der Fahrzeuge nach ein paar Jahren. Viele Modelle könnten laut einer Untersuchung eine unverkäufliche Zeitbombe sein.
Im Weiteren erfragte YouGov, ob für die Teilnehmer bei künftiger Anschaffung eines Autos nur noch reine Elektroautos infrage kommen. Für Befragte ohne E-Auto, aber mit E-Fahrerfahrung ermittelte das Portal zuletzt einen Wert von 19 Prozent.
Am wenigsten Erfahrung mit E-Autos haben …
Den ersten klaren Unterschied gibt es zwischen den Geschlechtern: Frauen haben mit 21 Prozent deutlich weniger Fahrerfahrung mit reinen Elektroautos als Männer; bei ihnen sind es 33 Prozent. Ähnliche Werte hat HUK beim Vergleich Alt mit Jung ermittelt. So haben nur 19 Prozent der Menschen ab 55 Jahren, aber 33 Prozent der Jüngeren, Fahrerfahrung mit E-Autos.
Einen nennenswerten Unterschied gibt es auch zwischen den Viel- und den Wenigfahrern. So haben von denjenigen mit einer Jahresfahrleistung von maximal 5.000 Kilometern nur 18 Prozent selbst schon ein E-Auto gesteuert. Mit 43 Prozent sind es hingegen mehr als doppelt so viele unter denjenigen, die jährlich mehr als 20.000 Kilometer zurücklegen.
Wenigfahrer leben eher in Städten und legen meist kürzere Strecken zurück. Daher ist das Ergebnis etwas überraschend, da sich E-Autos besonders auf Kurzstrecken – etwa innerhalb der Stadt – als vorteilhaft erweisen.
Starnberg führt
Die höchste Umstiegsquote auf E-Autos war 2024 keine Großstadt. Stattdessen sicherte sich der sehr wohlhabende Kreis Starnberg vor den Toren Münchens den Spitzenplatz. Hier wechselten 8 Prozent vom Verbrenner- zum Elektroantrieb.
Auch einige andere Landkreise hatten E-Auto-Anteile, die deutlich über dem Durchschnitt lagen. Die HUK vermutet, dass dies an einer höheren Anzahl an Einfamilienhäusern mit privaten Ladesäulen auf dem Land liegt.
Aber auch die Entwicklung in den 20 größten deutschen Städten ist nicht einheitlich. Die höchste Umstiegsquote gab es 2024 demnach in Frankfurt am Main und Stuttgart mit jeweils 4 Prozent. Dresden bildete das Schlusslicht mit der niedrigsten Umstiegsquote von 2,3 Prozent.
Künftig mehr E-Kleinwagen
Einige Experten erwarten laut „Welt“ in diesem Jahr wieder eine Zunahme der E-Auto-Verkäufe. Dies begründen sie mit den strengeren CO₂-Vorgaben der Europäischen Union, auf die die Automobilhersteller reagieren müssen. Somit sind sie verstärkt gezwungen, die Kunden von der E-Mobilität zu überzeugen und mehr E-Autos abzusetzen.
Ebenso soll sich die Auswahl an Elektromodellen deutlich vergrößern. Insbesondere soll es mehr Kleinwagen mit Elektromotoren geben. Angekündigt sind etwa der elektrische Renault 5, der Škoda Epiq oder der Hyundai INSTER. Das soll den erhofften Durchbruch bei der Elektromobilität bringen.
Im Oktober 2024 waren laut dem Kraftfahrt-Bundesamt knapp 1,6 Millionen vollelektrische Autos in Deutschland zugelassen. Die scheidende Ampelregierung hatte ursprünglich 15 Millionen vollelektrische Autos bis 2030 anvisiert.
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