Verfassungswidrige Grundsteuer: Eigentümer sollen abwarten
Der Streit um die Grundsteuer, die zum 1. Januar 2025 kräftig ansteigt, hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. So ruft Kai Warnecke dazu auf, die Abgabe nicht zu zahlen. Gegenüber der „Bild“ erklärte der „Haus und Grund“-Verbandspräsident: „Die alte Grundsteuer ist verfassungswidrig, muss ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr überwiesen werden. Wer noch keinen neuen Grundsteuerbescheid hat, muss daher vorerst keine Grundsteuer zahlen.“
Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt vermeiden
Er rät Eigentümern dazu, die Abgabe erst zu bezahlen, wenn sie einen Bescheid über die Höhe erhalten. Das spare eine mögliche Auseinandersetzung mit dem Finanzamt, sollten Eigentümer zu viel zahlen.
Im Vorfeld der Reform hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), damals in seiner Funktion als Finanzminister, im März 2019 versprochen, dass Mieter und Hausbesitzer von Mehrbelastungen im Endeffekt verschont bleiben. „Es ist ein Gesetz, das dazu beiträgt, dass die Steuer für alle Steuerpflichtigen in Deutschland zusammen nicht steigt“, versicherte er damals (Epoch Times berichtete).
Doch davon kann schon lange nicht mehr die Rede sein. Wie die „Bild“ weiter berichtet, haben fast alle Kommunen ihre Hebesätze angehoben. Die Konsequenz: Eigentümer reichen die zusätzlichen Ausgaben weiter, was einen Anstieg der Mieten zur Folge hat.
Als „zutiefst unsozial“ bezeichnet Andreas Breitner die neue Grundsteuer. So würden „besonders nachgefragte Wohnquartiere höher besteuert als weniger nachgefragte“, kritisiert der Verbandsdirektor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen. Er befürchtete eine „schleichende Verdrängung in den Wohngebieten“. Menschen mit niedrigerem Einkommen „werden aus den attraktiven Wohnlagen vertrieben“.
Alte Regelung bereits 2018 für verfassungswidrig erklärt
Das Bundesverfassungsgericht erklärte die bisherige Regelung bereits 2018 für verfassungswidrig. Die alte Berechnung der Grundsteuer werde den realen Gegebenheiten nicht gerecht, hieß es unter anderem im Urteil. Bis dahin hatte die Abgabe sich nach dem sogenannten Einheitswert bemessen. Dessen Referenzgrößen stammen aus den Jahren 1935 in Ostdeutschland und 1964 in Westdeutschland. Die Folge waren erhebliche Abweichungen in der Höhe der jeweiligen Grundsteuer für ähnlich beschaffene Grundstücke.
Nun gilt daher der sogenannte Bodenrichtwert als relevante Referenzgröße. Das jedoch, so Breitner weiter, habe aber zur Konsequenz, dass für Wohngrundstücke höhere Steuern gelten als für Gewerbeareale. Dies überfordere geringer verdienende Menschen.
Der durchschnittliche Hebesatz zur Grundsteuer in Deutschland stieg laut einer Studie im Jahr 2023 so stark wie seit Jahrzehnten nicht. Laut der Beratungsfirma EY in Stuttgart betrug der Anstieg 18 Prozentpunkte, berichtete Epoch Times. Demnach hob jede vierte Kommune die Hebesätze an. Sie stiegen im vergangenen Jahr von 391 Prozent im Schnitt auf 409 Prozent.
Viele Kommunen, insbesondere im Westen Deutschlands, stehen nach EY-Angaben finanziell „mit dem Rücken zur Wand“. Daher sei die Erhöhung der Grundsteuer oft „unausweichlich“.
„Angesichts der hohen Inflation der vergangenen Jahre kämpfen viele Kommunen mit Kostensteigerungen, die sie weitergeben müssen“, erklärte Heinrich Fleischer von EY. Leidtragende sind die Bürger.
Im Zuge der Grundsteuerreform wurden in Deutschland 36 Millionen Grundstücke neu bewertet. Bis Ende Oktober waren mehr als sechs Millionen Beschwerden eingegangen (Epoch Times berichtete).
Finanzgericht weist Musterklage gegen neue Regelung ab
Professor Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg nannte das sogenannte Bundesmodell, das die meisten Bundesländer zur Berechnung der Grundsteuer verwenden, verfassungswidrig. „Das Bundesgesetz verstößt vor allem gegen den Gleichheitssatz und das spüren wir gerade an der großen Unruhe in der Bevölkerung und an den zahlreichen Fällen, die zu nicht nachvollziehbaren Bewertungen führen.“ Das Bundesmodell möge in manchen Fällen auch zu einer passenden Bewertung führen, aber „die Vielzahl der Fälle, die zu unsachgerechten Bewertungen führen, ist einfach existent“.
Das Bundesmodell gilt nicht für alle Bundesländer. So haben Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Hamburg eigene Regelungen entwickelt.
Gegen das Bundesmodell haben im vergangenen Jahr rund sieben Millionen Menschen Widerspruch eingelegt. Außerdem sind zahlreiche Musterklagen anhängig. Das Finanzgericht Köln hat im September eine Klage abgewiesen.
Die neue Form der Bewertung sei nicht zu beanstanden, urteilten die Richter. „Das Urteil ist, soweit wir das überblicken können, das erste zum sogenannten Bundesmodell, das von mehreren Bundesländern angewandt wird“, zitiert das Fachportal „Beck-online“, einen Gerichtssprecher. Dem Bericht zufolge ist der Richterspruch aber noch nicht endgültig.
Eine Revision vor dem Bundesfinanzhof ließ der Senat zu. Die abgewiesene Klage war eine von mehreren Musterklagen, die der Bund der Steuerzahler unterstützte.
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