„Verfassungsrechtlich riskant“: Rechnungshof sieht einen aus den Fugen geratenen Haushalt

Finanzminister Christian Lindner hat ein rund 3.360 Seiten umfassendes Zahlenwerk für 2025 sowie den Nachtragsetat für 2024 in den Bundestag eingebracht. Der Bundesrechnungshof kritisiert ein zwölf Milliarden großes Finanzloch.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz (R), Finanzminister Christian Lindner (L) und Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck am 05. Juli 2024 in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 11. September 2024

Monatelang hat die Ampelkoalition um den Haushaltsplanentwurf für 2025 gestritten, doch das Ergebnis ist keineswegs befriedigend. Naturgemäß kritisiert die Opposition das Zahlenwerk, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag, 10. September, im Bundestag vorgestellt hat. Die Union hat verfassungsrechtliche Zweifel, der Bundesrechnungshof (BRH) kritisiert ein Haushaltsloch von zwölf Milliarden Euro.

CDU: Hingetrickster Haushaltsausgleich

In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages spricht der BRH laut „Welt“ (hinter Bezahlschranke) von erheblichen „Mängeln und Risiken“. Kritik kommt auch von der CDU. „Der Haushaltsausgleich wird hingetrickst, um sich über die Legislaturperiode zu retten und eigene Lieblingsprojekte nicht zu gefährden, egal gegen wie viele Haushaltsgrundsätze dabei verstoßen wird“, zitiert die „Welt“ den finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase, im Vorfeld der Haushaltsplanberatungen.

Im Haushalt klafft ein Finanzloch in Höhe von zwölf Milliarden Euro, heißt es auf der Internetseite der „Tagesschau“. Es sei die größte Lücke in einem Etatentwurf in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten. Nach Angaben der Nachrichtenseite spricht der BRH in seinem Bericht gar von „erheblichen Mängeln und Risiken“. Auch sei die Konsolidierung des Bundeshaushalts „aus den Fugen geraten“. Von einer Rückkehr der Bundesregierung zu einer „finanzpolitischen Normalität“ könne keine Rede sein.

Ziel ist die Rettung der Schuldenbremse

Die Ausgaben würden sogar die des Corona-Ausnahme-Jahres übersteigen, also das Jahr, in dem viele Hilfen an die Wirtschaft gezahlt wurden, um Firmen vor der Pleite zu retten. Neben dem Haushaltsentwurf für 2025 hatte die Bundesregierung für das laufende Jahr einen sogenannten Nachtragshaushalt beschlossen, also zusätzliche Ausgaben etwa für das Bürgergeld.

Die Folge, so die Kritik des Bundesrechnungshofs: Die Nettokreditaufnahme habe sich damit im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung verdreifacht.

Weil sie „sehr deutlich über den Erfahrungswerten aus der Vergangenheit“ lägen, zitiert die „Welt“ den Verfassungsrechtler Hanno Kube von der Universität Heidelberg, ergäben sich „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“. Eigenkapitalspritzen und Darlehen, die Lindner anstelle von Zuschüssen und Investition für die Bahn vorgesehen habe, reihten sich in diese Zweifel ein.

Nach Ansicht des BRH handelt es sich bei dieser Umwidmung um eine „bloße Umetikettierung“. Ziel sei die Schließung der Haushaltslücke sowie die Rettung der Schuldenbremse. Die Vereinbarkeit mit letzterer nennt die Behörde in ihrem Bericht  „zweifelhaft und verfassungsrechtlich riskant“. Diese Einordnung, da sind sich Kube und der BRH einig, gelte auch für die Einsparungen beim Bürgergeld. Es sei nämlich „völlig unklar“, wie Lindner bei dem Posten 5,3 Milliarden Euro einsparen wolle. Der BRH führt an, dass dazu „rechnerisch 600.000 Leistungsberechtigte vollständig aus dem Leistungsbezug ausscheiden“.

Unklare Herkunft von sechs Milliarden eingeplanter Steuermehreinnahmen

„Wenig realistisch“ nennt das der Ökonom Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs Öffentliche Finanzen am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, „zumal sich die Chancen am Arbeitsmarkt jetzt stark eintrüben“.

Auch der Haushaltsansatz von sechs Milliarden zusätzlichen Steuereinnahmen basierten laut Jurist Kube auf „sehr fraglichen, aber von der Bundesregierung unterstellten Effekten der geplanten, noch nicht in Kraft gesetzten Wachstumsinitiative“.

Da verschiedene Medien aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs zitierten, fragte Epoch Times an und bat um die Übermittlung zitierfähiger Inhalte. Den Beratungsbericht könne man Dritten jedoch erst zur Verfügung stellen und sich zu den Inhalten äußern, nachdem er im Parlament abschließend debattiert wurde, lautete die Antwort eines Sprechers. Er verwies dabei auf die Bundeshaushaltsordnung (§ 96 Absatz 4 Satz 3). Andere Medien, die über den BRH-Bericht berichteten, hätten ihn nicht von der Behörde erhalten.



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