Verfassungsgericht genehmigt einrichtungsbezogene Impfpflicht
Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Corona-Impfpflicht in Pflege- und Gesundheitsberufen ist gescheitert. Zwar liege ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vor, räumten die Karlsruher Richter ein. Alternativ bleibe nur, den Beruf nicht mehr auszuüben oder den Arbeitsplatz zu wechseln. Der Schutz sogenannter vulnerabler Gruppen wiege verfassungsrechtlich schwerer als die Beeinträchtigung der Grundrechte für Mitarbeitende im Pflege- und Gesundheitsbereich, argumentierte das höchste Deutsche Gericht. (Az. 1 BvR 2649/21, Beschluss vom 27. April 2022)
Auch die weitere Entwicklung des Pandemieverlaufs ist laut der Mitteilung kein Grund, von der Beurteilung abzuweichen. Angehörte Fachgesellschaften seien der Meinung, dass die Krankheitsverläufe im Zuge der Omikron-Variante des Coronavirus zwar im Schnitt milder seien – sich „die Zusammensetzung der Risikogruppen und ihre grundsätzlich höhere Gefährdung aber nicht verändert habe“.
Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken, aber zum Beispiel auch in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, Hebammen, Masseure und Physiotherapeuten mussten bis zum 15. März nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Neue Beschäftigte brauchten den Nachweis ab dem 16. März.
Fehlt er, muss die Einrichtung das Gesundheitsamt informieren. Es kann den Betroffenen verbieten, ihre Arbeitsstätte zu betreten oder ihre Tätigkeit weiter auszuüben. Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, gilt eine Ausnahme.
Gesetz während des Beschwerdeverfahrens geändert
Im Eilverfahren hatte der Erste Senat des Verfassungsgerichts im Februar zwar die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht gestoppt. Er merkte aber kritisch an, dass im damaligen Gesetz nichts Genaueres zum Impf- und Genesenennachweis stehe. Es werde bloß auf eine Verordnung mit weiteren Verweisen auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts (RKI) verwiesen. Da das Gesetz aber während des Beschwerdeverfahrens geändert wurde und ein neuer Paragraf zur Definition des Impf- und Genesenennachweises eingeführt wurde, äußerte sich das Gericht nun nicht mehr zur Frage des Verweises auf Institutionshomepages.
Die Verabschiedung der speziellen Impfpflicht in Bundestag und Bundesrat hatte eine Klagewelle ausgelöst: In Karlsruhe gingen Dutzende Verfassungsbeschwerden von Hunderten Klägern ein. Überwiegend waren es ungeimpfte Beschäftigte sowie Leiter von Einrichtungen, die weiter ungeimpftes Personal beschäftigen wollen.
Krankenhäuser pochen weiter auf Impfpflicht-Aussetzung
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts an ihrer Forderung fest, dass die Bundesregierung diese aus politischen Gründen aussetzen solle. „Die DKG hat niemals angezweifelt, dass der Gesetzgeber rein rechtlich befugt ist, eine einrichtungsbezogene und im Übrigen auch eine allgemeine Impfpflicht in Kraft zu setzen“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). Man habe diese Vorhaben auch befürwortet und unterstützt.
„Insofern überrascht uns das Urteil nicht.“ Man müsse aber zwischen der rein rechtlichen und der politischen Bewertung unterscheiden. „Grundsätzlich haben wir die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht befürwortet, wenn denn auch eine allgemeine Impfpflicht folgt.“ Man sei deshalb der Auffassung, „dass es angesichts des politischen Scheiterns einer allgemeinen Impfpflicht konsequent wäre, auch die politische Entscheidung zu treffen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen“, sagte Gaß. (dpa/afp/dts/dl)
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