Verfassungsbeschwerde gescheitert: Solidaritätszuschlag darf bleiben

Der 1991 für den „Aufbau Ost“ eingeführte und vor fünf Jahren angepasste Solidaritätszuschlag darf weiter erhoben werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 26. März entschieden. Geklagt hatte eine Gruppe von sechs Bundestagsabgeordneten der FDP.
Das Bundesverfassungsgericht muss über den Solizuschlag entscheiden.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 26. März sein Urteil über die Verfassungskonformität des Solidaritätszuschlags verkündet. (Archivbild)Foto: Uli Deck/dpa
Von 26. März 2025

Der Solidaritätszuschlag ist auch in seiner aktuellen Form verfassungsgemäß und darf damit weiter erhoben werden. Das hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unter dem Vorsitz von Verfassungsrichterin Prof. Doris König am 26. März 2025 in Karlsruhe entschieden (Aktenzeichen: 2 BvR 1505/20). Die Verfassungsbeschwerde von sechs früheren Bundestagsabgeordneten der FDP wurde zurückgewiesen.

Das BVerfG stützte sein Urteil auf den „wiedervereinigungsbedingten finanziellen Mehrbedarf des Bundes“.

„Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden“, hieß es in einer Pressemitteilung des BVerfG. „Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht folglich nicht.“

Eine Ergänzungsabgabe wie der Soli dürfe jedoch nicht zeitlich unbegrenzt erhoben werden, betonte der Senat. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, laufend zu überprüfen, ob das Argument Mehrbedarf noch greife. Das BVerfG sprach von einer „Beobachtungsobliegenheit“. Falls der Mehrbedarf wegfiele, könne auch eine Ergänzungsabgabe verfassungswidrig werden.

Bundeshaushalt gerettet

Der Soli war 1991 erstmals befristet und ab 1995 unbefristet eingeführt worden, um nach der deutschen Wiedervereinigung die Kosten für den Aufbau Ost zu bewältigen. Anfangs wurde er als 7,5-prozentiger Aufschlag auf die Lohn-, Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer erhoben. Seit 1998 liegt der Satz bei 5,5 Prozent. Gezahlt werden muss der Zuschlag gleichermaßen in Ost und West.

Der Bundeshaushalt kann damit weiter mit rund 12 bis 13 Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr rechnen. Denn das Geld fließt ausschließlich in die Kasse des Bundes und ist nicht zweckgebunden. Nach Angaben des Bundesamts für Statistik hatten die Soli-Einnahmen im Jahr 2023 bei 12,2 Milliarden Euro gelegen. Für 2025 sind bereits 12,75 Milliarden fest im Haushaltsentwurf verplant.

Hätten die Karlsruher Richter anders entschieden, wäre dem Bund womöglich eine Rückzahlungsverpflichtung von bis zu 66 Milliarden Euro entstanden. Dabei wäre es um jene Gelder gegangen, die der Bund seit 2020 aus dem Solidaritätszuschlag kassiert hatte.

Verfassungsbeschwerde von sechs FDP-Abgeordneten

Dem Urteil war am 12. November 2024 eine mündliche Verhandlung vorausgegangen. Bis zur Urteilsverkündung hatten sich die Richter also viereinhalb Monate Zeit gelassen. Noch vor einem Jahr waren die Verfassungsrichter davon ausgegangen, dass sie im Kalenderjahr 2024 zu einem Urteil darüber gelangen würden, ob der Soli überhaupt noch grundgesetzkonform ist.

Genau das hatten sechs Bundestagsabgeordnete der FDP bezweifelt, darunter Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Sie hatten Ende August 2020 eine Verfassungsbeschwerde eingereicht (PDF), weil sie der Meinung waren, dass die Fortführung des Solidaritätszuschlags mit Auslaufen des sogenannten Solidarpakts II am 31. Dezember 2019 verfassungswidrig geworden sei. Der Solidarpakt II war mit den Kosten der Wiedervereinigung begründet worden.

Außerdem sahen die Kläger das Recht auf Gleichbehandlung verletzt, weil durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 (PDF) seit Jahresbeginn 2021 neben Unternehmen nur noch Bürger ab einem bestimmten Einkommensniveau per Soli zur Kasse gebeten wurden.

Dürr und der frühere Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hätten den Soli am liebsten sofort per einfacher Mehrheit im Bundestag abgeschafft, konnten sich mit ihrem Wunsch während der Ampellegislatur aber nie gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne durchsetzen.

Nur die einkommensstärksten 10 Prozent der Steuerzahler betroffen

Seit 2021 sind es hauptsächlich die 10 Prozent der Top-Verdiener, Körperschaften und Personenvereinigungen, die per Solidaritätszuschlag noch extra zur Kasse gebeten werden können. Um niedrigere und mittlere Einkommen zu schonen, hatte der Gesetzgeber relativ hohe Steuerfreigrenzen eingeführt.

Seit 2025 beträgt die Steuerfreigrenze für Alleinstehende nach Angaben des Portals „Finanztip.de“ 19.950 (2024: 18.130), für Paare 39.900 Euro (2024: 36.260). Wer weniger Lohn- oder Einkommensteuer abführen musste, brauchte grundsätzlich keinen Soli zu zahlen. Wer etwas mehr an Steuern zahlte, landete nach Angaben des Bundesfinanzministeriums (BMF) zunächst in einer „Milderungszone“, bei der noch nicht die vollen 5,5 Prozent Soli-Zuschlag erhoben werden.

„Dadurch wird beim Überschreiten der Freigrenze ein Belastungssprung vermieden. Erst nach Überschreiten der Milderungszone ist der Solidaritätszuschlag unverändert in voller Höhe zu zahlen“, heißt es auf der BMF-Website. Das Ministerium bietet online einen Lohn- und Einkommensteuerrechner an.

Der Bundesfinanzhof hatte Soli als rechtmäßig beurteilt

Der Bundesfinanzhof in München, das höchste deutsche Finanzgericht, hatte bereits im Januar 2023 entschieden, dass für die deutsche Wiedervereinigung nach wie vor ein erhöhter Finanzbedarf bestehe (Aktenzeichen: IX R 15/20). Der Soli sei damit vorläufig weiterhin rechtmäßig, so der Bundesfinanzhof – und zwar unabhängig davon, dass der Solidarpakt II anno 2019 entfallen war.



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