Verdienst der Kanzlerin? – CDU und CSU beliebteste Parteien der Zuwanderer
Die beliebtesten Parteien bei Menschen mit Migrationshintergrund sind einer Studie zufolge aktuell CDU und CSU. In einer Umfrage sagten 43,2 Prozent der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die Unionsparteien gefielen ihnen am besten, wie der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) am Donnerstag mitteilte. Gegenüber der vorangegangenen Erhebung 2016 verlor demnach die SPD, damals noch beliebteste Partei, 15,1 Prozentpunkte auf jetzt 25,0 Prozent.
Und das, obwohl von den 246 Abgeordneten der Unionsfraktion im Bundestag nur 2,9 Prozent einen Migrationshintergrund haben. Bei den Grünen liegt der Anteil bei 14,9 Prozent. Von den SPD-Abgeordneten haben immerhin 9,8 Prozent ausländische Wurzeln.
Auch die Grünen verloren demnach und sanken in der Gunst der Befragten von 13,2 auf 10,0 Prozent. Für die Linken ergab sich laut SVR ein Rückgang von 11,3 auf 10,1 Prozent. Hingegen konnte die FDP zulegen (plus 2,8 Prozentpunkte auf 5,2 Prozent), ebenso die AfD (plus 3,0 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent).
„Menschen mit Migrationshintergrund bevorzugen nicht länger mehrheitlich die Parteien links der Mitte“, hieß es in der SVR-Auswertung. Das starke Minus bei der SPD sei „vor allem auf den deutlichen Vertrauensverlust bei den Türkeistämmigen zurückzuführen“. Diese hätten 2016 noch zu knapp 70 Prozent die SPD als liebste Partei genannt. In der neuen Erhebung habe sich dieser Wert nahezu halbiert auf 37,0 Prozent.
Ergebnis lässt sich offenbar auf Kanzlerin zurückführen
Wie dieser Wandel zu erklären ist, geht aus den Ergebnissen der repräsentativen Studie nicht hervor. Deutlich zu erkennen sind dagegen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Zuwanderergruppen.
Unter den Türkeistämmigen hat die SPD zwar auch viele Anhänger verloren. Mit 37 Prozent Zustimmung liegt sie bei dieser Gruppe aber immer noch auf dem ersten Platz vor den Unionsparteien, die auf knapp 33 Prozent kommen. Die islamkritische Anti-Asyl-Partei AfD halten laut Untersuchung nur 1,1 Prozent der Deutschtürken, aber zwölf Prozent der Aussiedler für die beste deutsche Partei.
„Dieses Ergebnis überrascht mich nicht und ist definitiv auf unsere Bundeskanzlerin zurückzuführen“, sagt die CDU-Politikerin Cemile Giousouf. „Viele Menschen mit Migrationshintergrund schätzen ihre konsequente Haltung in der Integrationspolitik. Seit 2005 hat sie eine von Offenheit und Toleranz geprägt Linie verfolgt.“ Giousouf war 2013 als erste muslimische CDU-Abgeordnete in den Bundestag eingezogen. Ihre Familie gehört zur türkischen Minderheit in Griechenland. Bei der Wahl im vergangenen Jahr reichte ihr Platz auf der Landesliste der NRW-CDU nicht für eine Rückkehr nach Berlin.
Dass die SPD bei den Menschen mit türkischen Wurzeln Anhänger verloren habe, könnte nach Einschätzung von Giousouf auch damit zusammenhängen, dass „sie weit hinter dem zurückgeblieben ist, was sie versprochen hat“ und dass die erste Staatsministerin mit türkischen Wurzeln, die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz, „im neuen Personaltableau der Partei keinerlei Funktion mehr“ hat.
Den Grünen könnte bei den aus der Türkei stammenden Zuwanderern vielleicht die deutliche Kritik ihrer Spitzenpolitiker am Kurs des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan geschadet haben. Vor allem der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir ist für viele Erdogan-Anhänger in Deutschland ein rotes Tuch.
Sehr viel Kritik an der türkischen Regierung war zwar zuletzt auch von der Linkspartei zu hören gewesen. Die hat jedoch bei den Zuwanderern insgesamt weniger an Beliebtheit eingebüßt – ihr Zustimmungswert sank insgesamt von 11,3 auf 10,1 Prozent. Bei den Menschen, die Wurzeln in der Türkei haben, kam die Linke aber immerhin auf 11,8 Prozent Zustimmung – wobei darunter viele Kurden sein dürfen, für deren Belange sich die Partei besonders einsetzt. Noch mehr Anhänger hat die Linkspartei unter den Aussiedlern und ihren Angehörigen (15,6 Prozent).
Mehr als 23 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind Zuwanderer. Bei der Bundestagswahl 2013 lag der Anteil der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund bei 9,4 Prozent. Vier Jahre später waren es bereits 10,2 Prozent – Tendenz steigend. Die Teilnehmer der repräsentativen Studie waren gefragt worden: „Welche Partei gefällt Ihnen zurzeit am besten?“
Die Erhebung ist Teil des „Integrationsbarometers“ des SVR. Dafür waren zwischen Juli 2017 und Januar 2018 knapp 9.300 Menschen befragt worden, davon rund 3500 mit Migrationshintergrund. (afp/dpa)
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