Verbotene Organisation „Die wahre Religion“ trieb junge Menschen in den Irak und nach Syrien

Die am Dienstag verbotene Organisation "Die wahre Religion" (DWR) galt als größtes Sammelbecken dschihadistischer Organisationen in Deutschland. Die Sicherheitsbehörden gehen von bundesweit 9200 Anhängern aus. Und die Szene wächst rasant: Vor zwei Jahren waren es demnach noch etwa 7000.
Titelbild
Salafisten auf MenschenfangFoto: Adam Berry/Getty Images
Epoch Times16. November 2016

Die am Dienstag verbotene Organisation „Die wahre Religion“ (DWR) galt als größtes Sammelbecken dschihadistischer Organisationen in Deutschland. Die Behörden hatten sich jahrelang auf die Auflösung vorbereitet. Ein Überblick:

WO LAGEN DIE ANFÄNGE VON DWR?

Das Netzwerk DWR, bei dem die Fäden für die späteren Koranverteilungen der „Lies!“-Kampagne zusammenliefen, wurde 2005 von dem Prediger Ibrahim Abou Nagie gegründet. Der in einem palästinensischen Flüchtlingslager geborene Abou Nagie kam Anfang der 80er Jahre nach Deutschland und war zunächst als Geschäftsmann tätig – Medienberichten zufolge leitete er bis 2007 eine Firma für selbstklebende Folien.

In einem Internetvideo aus dem Jahr 2008 berichtete Abou Nagie, er sei als Geschäftsmann „ein sehr reicher Mensch“ gewesen – allerdings nur in finanzieller, nicht in religiöser Hinsicht. Das von ihm gegründete DWR-Netzwerk konzentrierte sich dem Verfassungsschutz zufolge anfangs auf Seminare und Vorträge. Den Zuhörern sollte die vorgeblich „reine Botschaft“ des Islams „in moderner Form und unter Zuhilfenahme neuer Medien“ näher gebracht werden.

WIE RADIKALISIERTE SICH DAS NETZWERK?

Seit 2011 verschob sich der Schwerpunkt der DWR-Aktivitäten: Abou Nagie rief die Koranverteilaktion „Lies!“ ins Leben. Die Kampagne startete im Oktober 2011 mit einem Stand in Stuttgart und fand an den Ostertagen 2012 bereits in 13 Städten statt. Durch das „Lies!“-Projekt erreichte der Prediger, der keine islamtheologische Ausbildung besitzt, innerhalb der radikalislamischen Szene einen großen Bekanntheitsgrad.

Zugleich wurde bekannt, dass Abou Nagie teils zu Unrecht Hartz-IV-Leistungen vom deutschen Staat bezog. Er habe von Februar 2010 bis Mai 2012 unberechtigt Sozialleistungen in Höhe von rund 53.000 Euro für sich und seine Familie bezogen, befand ein Gericht und verurteilte den „Lies“-Initiator zu einer Bewährungsstrafe von 13 Monaten. Derzeit hält sich Abou Nagie wohl in Malaysia auf.

WIE VIELE ANHÄNGER HATTE DWR?

Die Zahl wird auf 500 geschätzt. Bei 140 jungen Leuten, die für den Dschihad nach Syrien oder in den Irak ausreisten, gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass sie durch die Propaganda der DWR dazu angestachelt wurden. Die Gesamtzahl der Unterstützer, die aus Deutschland zum Islamischen Staat (IS) reisten, wird auf 850 geschätzt.

WIE GROß IST DIE SALAFISTISCHE SZENE IN DEUTSCHLAND INSGESAMT?

Die Sicherheitsbehörden gehen von bundesweit 9200 Anhängern aus. Und die Szene wächst rasant: Vor zwei Jahren waren es demnach noch etwa 7000.

WELCHE SALAFISTISCHEN ORGANISATIONEN WURDEN BEREITS VERBOTEN?

Im Jahr 2012 wurde der Verein Millatu Ibrahim aufgelöst. Auf einen Schlag folgten im darauffolgenden Jahr die Gruppierungen DawaFFM und An-Nussrah – letztere als Teilorganisation von Millatu Ibrahim. 2014 wurde der IS in Deutschland verboten. Schließlich wurde im vergangenen Jahr Tauhid Germany aufgelöst, ebenfalls eine Nachfolgeorganisation von Millatu Ibrahim. (afp)



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