Verbände kritisieren Ampel: Anstieg der Beiträge zur GKV hätte gebremst werden können
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) klagen über fehlende Unterstützung durch die Politik im Angesicht drohender Beitragssteigerungen. Die Beiträge zu den Krankenkassen werden ab 2025 deutlich ansteigen. Im Schnitt liegt das Plus Medienberichten zufolge bei 0,8 Prozent – was einem Anstieg von 16,3 auf 17,1 Prozent entspreche. Grund dafür sei die Entwicklung beim Bürgergeld. Vor allem im Bereich der Aufstocker gerate das Finanzierungssystem zunehmend aus den Fugen.
Beitragssteigerungen in der GKV durch Bürgergeld: Krankenkassen alarmiert
Gegenüber „Bild“ erklärte der Verband der Betriebskrankenkassen, in der GKV sei mit einer Finanzierungslücke von 9,2 Milliarden Euro zu rechnen. Diese werde nicht in vollem Ausmaß durch den Bund geschlossen.
Derzeit fließe pro Bürgergeldempfänger ein Pauschalbetrag von 119 Euro aus dem Bundeshaushalt an die Krankenkassen. Dies soll die Beiträge finanzieren, die von den Jobcentern für die Betroffenen übernommen werden.
Allerdings sei die Summe der Beitragsschulden in vielen Fällen deutlich höher. Dies dürfte vor allem den Bereich sogenannter Aufstocker betreffen. Der Verband nennt explizit den Bereich der Empfänger des gesetzlichen Mindestlohns, wo es erfahrungsgemäß zahlreiche Arbeitnehmer gibt, deren Einkünfte nicht zur Deckung ihrer monatlichen Verpflichtungen ausreichen.
Mindestlohnempfänger als Aufstocker: Höhere Beiträge belasten Beitragszahler
Der durchschnittliche Beitrag eines Mindestlohnempfängers zur GKV beträgt monatlich 350 Euro. Zur Hälfte finanziert diesen zwar der Arbeitgeber, dennoch verbleibt eine erhebliche Deckungslücke. Für diese müssten nun die Beitragszahler durch steigende Beiträge aufkommen, erklärt DAK-Präsident Andreas Storm. Gegenüber „Bild“ äußert er:
Wenn die Bundesregierung die Beiträge für Bürgergeld-Bezieher auskömmlich finanziert hätte, müssten Beitragszahler jetzt nicht den größten Beitragsanstieg seit 1975 bezahlen.“
Storm ist davon überzeugt, dass der Anstieg der Kassenbeiträge im Fall einer ausreichenden Finanzierung durch den Bund auf 0,2 bis 0,3 Prozent begrenzt hätte bleiben können.
AOK-Chefin Carola Reimann weist in diesem Kontext auf Koalitionsvereinbarungen der Ampel hin. Diese hätten „auskömmliche Beitragspauschalen für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehenden“ vorgesehen. Allerdings sei an eine Umsetzung der Ankündigung derzeit nicht zu denken, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Dort ist von einer „angespannten Haushaltslage“ die Rede. Außerdem verhinderten die Vorgaben der Schuldenbremse höhere Pauschalen.
GKV klagt über Abwälzung von Kosten durch Bund und Länder
Den Kassen zufolge zählen die Erstattungen der GKV zugunsten der Bürgergeldempfänger zu den versicherungsfremden Leistungen. Die Ausgaben dafür seien inflationsbereinigt um 40 Prozent angestiegen. Demgegenüber habe sich der Bundeszuschuss seit 2012 lediglich um nominell 3,6 Prozent erhöht – von 14 auf nunmehr 14,5 Milliarden Euro.
Berücksichtige man die Inflation, sei er in diesem Zeitraum sogar um 20 Prozent gesunken. Der Verband wirft der Politik vor, die Kosten für von ihr beschlossene Maßnahmen zunehmend auf die Kassen abzuwälzen. Die Kassen nennen unter anderem eine „Luxussteuer“ auf Arzneimittel oder den „Transformationsfonds“ für die geplante Krankenhausreform.
Für die Finanzierung dieser Reform müssten mit 25 Milliarden Euro – und damit fast der Hälfte – die Beitragszahler aufkommen. Auch die Länder überwälzten immer mehr Kosten für die Krankenhauskosten an die Kassen und damit an die Beitragszahler.
Nicht signifikant mehr Empfänger von Bürgergeld – aber deutlich höhere Kosten
Den Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge gibt es trotz des Ukraine-Krieges und gestiegener Asylzahlen keinen substanziellen Anstieg der Zahl der Bürgergeldempfänger insgesamt. So bewegt sich deren Anzahl seit 2019 stabil zwischen 5,2 und 5,53 Millionen. Davon waren zwischen 1,46 und 1,58 Millionen nicht erwerbsfähig. Im gleichen Zeitraum gab es pro Jahr zwischen 3,72 und vier Millionen erwerbsfähige Bürgergeldempfänger.
Die meisten Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung seit der Einführung des „Hartz IV“-Systems im Jahr 2005 gab es mit 7,2 Millionen im Jahr 2006. Von diesen waren zum damaligen Zeitpunkt 5,37 Millionen erwerbsfähig. Bis 2011 war die Zahl der Grundsicherungsempfänger in Deutschland auf 6,07 Millionen gesunken. Danach stieg sie nur noch 2017 über sechs Millionen.
Allerdings ist die Höhe der Grundsicherung im Laufe der Jahre deutlich angestiegen. In den Jahren 2005 und 2006 lag der Regelsatz für Alleinstehende beim Arbeitslosengeld-2 bei 345 Euro – im Osten sogar noch darunter. Im Laufe der 2010er-Jahre stieg dieser kontinuierlich auf über 400 Euro an. Das 2023 eingeführte Bürgergeld betrug im ersten Jahr 502 Euro und wurde zuletzt auf 563 erhöht.
Welche Leistungen umfasst die Grundsicherung?
Zusätzlich zum Regelsatz werden noch Bedarfsleistungen für Unterkunft und Heizung, Zuschüsse für besondere Lebenslagen wie Schwangerschaft oder medizinisch indizierte Sonderformen der Ernährung übernommen. Dazu kommen Einmalbedarfe für eine erstmalige Wohnungseinrichtung oder Erstausstattung für Kinder. Für Kinder und junge Erwachsene gibt es auch die Möglichkeit, Leistungen für Bildung und Teilhabe in Anspruch zu nehmen.
Vor allem der Aufwand der Zahlungen für Unterkunft und Heizung ist im Laufe der vergangenen Jahre deutlich größer geworden. Grund dafür waren Inflation, explodierende Energiekosten und steigende Mieten aufgrund von Wohnungsnot in urbanen Lagen. Fallen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ins Bürgergeld, bleiben sie weiterhin bei ihrer gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Die monatlichen Beiträge übernimmt das Jobcenter.
Bezüglich der Rentenversicherung bleiben Bürgergeldempfänger zwar pflichtversichert. Eine Lücke entsteht in dieser Zeit nicht, da das Jobcenter die Bezugszeit an die gesetzliche Rentenversicherung übermittelt. Allerdings werden keine Beiträge bezahlt und es entstehen keine Rentenpunkte.
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