Vera Lengsfeld: „Die kommunistischen menschenverachtenden Mechanismen wirken immer noch“
Zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung sprachen wir mit Vera Lengsfeld über die derzeitige Situation in Deutschland. Vera Lengsfeld, seit der Vereinigung Politikerin, heute auch Autorin und Publizistin, war schon ab 1981 als Bürgerrechtlerin in der DDR aktiv. 1983 wurde sie aus der SED ausgeschlossen und 1988 während einer Demonstration – im Zuge einer Massenverhaftung – festgenommen und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Da erhielt sie das „Angebot“, als letzte der verhafteten Bürgerrechtler, für ein Jahr das Land zu verlassen, und anstatt in der DDR in Haft zu sitzen nach England zu gehen, was sie auch annahm. In England startete Lengsfeld neu und studierte.
Aber dann fiel – am 9. November 1989 – die Mauer und Vera Lengsfeld kehrte nach Deutschland zurück.
ET: Und damit begann wieder ein neues Leben?
Lengsfeld: Und eins, was ich mir – also erträumt sowieso nicht – aber auch eins, was ich mir niemals vorgestellt hätte. Ich wurde Politikerin. Ich sage immer, ich wurde in die Politik geworfen – durch den Mauerfall, durch den Umbruch. Und ich habe mich dann in der Politik engagiert.
Ich war Spitzenkandidatin der Grünen-Partei der DDR bei den ersten und letzten freien Volkskammerwahlen, gehörte dann zu den Volkskammer-Abgeordneten, die nach der Wiedervereinigung in den Bundestag übernommen wurden, und war dann in der ersten gemeinsamen Bundestagswahl im Dezember 1990 wieder Spitzenkandidatin der Thüringer Grünen, oder Bündnis 90/Die Grünen. Ich bin dann 16 Jahre lang Bundestagsabgeordnete gewesen. Erst für die Grünen und dann 1996, als ausgerechnet mein Thüringer Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen hat, dass sie Koalitionen mit – damals hieß sie noch PDS – also der alten SED, der Linkspartei – eingehen würden, um die Große Koalition aus UNION und FDP abzulösen, da habe ich gesagt: „Nein, ich habe den besten Teil meines Lebens, meine Jugend, damit verbracht, die SED von ihrer Macht zu vertreiben, ich werde jetzt nicht in einer Konstellation verbleiben, in der der SED wieder zur Macht verholfen wird.“
Da habe ich die Grünen verlassen und bin zur CDU übergetreten. Naja, und ich hätte mir damals 1996 natürlich nicht vorstellen können, dass ich einmal das Problem auch in der CDU haben würde.
ET: Sie sind dann ja kürzlich in die Werte Union eingetreten, das heißt, Sie sind auch ein bisschen kritisch gegenüber der CDU, wie würden Sie das jetzt schildern?
Lengsfeld: Ich bin nicht nur ein bisschen kritisch innerhalb der CDU, ich bin sehr kritisch. Und besonders bin ich eine ausgewiesene Merkel-Kritikerin, dazu stehe ich auch. Ich kenne Angela Merkel seit 1990, damals war sie Pressesprecherin des „Demokratischen Aufbruchs“ und rechte Hand des damaligen Chefs Wolfgang Schnur, der kurz darauf als Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit enttarnt wurde.
Ich halte die Politik von Angela Merkel für fatal, sie hat es „geschafft“, aus Deutschland, was ein stabiler und in der Welt bewunderter Staat war, ein von Selbstzweifeln und Spaltung zerrissenes Land zu machen, was dabei ist, seine Wirtschaft zu dekonstruieren, den Rechtsstaat zu dekonstruieren und das im Namen einer „Moralität“, die sich mit jedem Tag als undemokratischer herausstellt.
Aber ich engagiere mich weiter in der CDU, weil die CDU das Erfolgsmodell der alten Bundesrepublik Deutschland war. In einer funktionierenden Demokratie braucht man eine demokratische Linke und eine demokratische Rechte. Dieser eigentliche Allgemeinplatz ist heute völlig vergessen. Heute ist die CDU, die Merkel-CDU auch eine weitere linke Partei, zum Teil sogar links außen.
Also was die Einwanderungspolitik betrifft, hat sie den Satz von Claudia Roth, den diese schon Anfang der 90er Jahre geäußert hat. „Offene Grenzen für alle“ wurde damals noch von Joschka Fischer verlacht – indem er sagte, „die Roth hat `ne Macke, das kann gar nicht sein“. Aber unter Angela Merkel haben wir jetzt diese offenen Grenzen. Oder die sogenannte Klimapolitik. Aber eine Demokratie braucht auch eine demokratische Rechte, und da haben wir nur die CDU und da haben wir nur die Möglichkeit, die CDU als das, was sie mal war zu revitalisieren. Ob das gelingt, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, ich versuche es gemeinsam mit meinen Werte Unions-Freunden.
ET: Sie haben gerade ein Buch in den Händen gehabt, wo auch von „aufgearbeitet“ gesprochen wird. Sie sprechen mehr vom Heilen. Was sicher ein besserer Ausdruck ist für den Prozess, der da vor sich geht. Das bezieht sich auf die Jugendwerke in der DDR, wollen Sie etwas dazu sagen, was dort geschehen ist mit den Menschen?
Lengsfeld: Ja, es geht in diesem Buch „Der Angstfresser“ von Grit Poppe um ein Kapitel der DDR- Geschichte, das beinahe unter den Teppich gekehrt worden wäre. Es geht um die Jugendlichen, die in der DDR in den Jugendwerkhöfen – der schlimmste war der Jugendwerkhof in Torgau, das war ein Jugendgefängnis, ein richtiges Jugendgefängnis – gehalten worden sind. Und die auf eine Art und Weise behandelt worden sind, dass diese Menschen bis heute tief traumatisiert sind.
Den allermeisten, die einige Zeit in einem Jugendwerkhof, oder gar im geschlossenen Jugendwerkhof Torgau verbracht haben, ist es nie gelungen, diese Traumata abzuschütteln und auch nie gelungen, ein strukturiertes Leben aufzubauen. Das ist ein Kapitel, mit dem sich niemand so gerne beschäftigt.
Wie naiv der Westen war, zeigt am besten der Erfinder dieser Jugendwerkhof-Pädagogik. Manschatz, so hieß der Mann, war so etwas wie die rechte Hand von Bildungsministerin Margot Honecker. Er entwickelte eine regelrechte Pädagogik für Jugendwerkhöfe, ein System von Strafen und so weiter, nach welchem dann dort exekutiert wurde. Nach der Vereinigung wurde er von der evangelischen Hochschule in Hamburg (dem Rauhen Haus) aufgefordert, ein Kapitel für ihr Buch über Sozialpädagogik zu schreiben.
Und erst als die ehemaligen Bürgerrechtler der DDR und die Betroffenen protestiert haben und gefragt haben, ob denen nicht klar ist, was dieser Manschatz für eine Funktion hatte, hat sich nach langer Zeit diese evangelische Hochschule dazu durchgerungen zu sagen, ja, das war wohl ein Fehler. Aber ohne diesen Druck hätten sie diesen Fehler niemals zugegeben. Und allein die Tatsache, dass man einen solchen Mann auffordert, der im Ministerium von Margot Honecker saß, der nachweislich für die Jugendwerkhöfe der DDR verantwortlich war, dass man einen solchen Mann auffordert, ein Kapitel für ein Sozialbuch zu schreiben, zeigt, wie blauäugig und naiv der Westen an die DDR Diktatur herangegangen ist.
ET: Sie haben in diesem Zusammenhang auch China erwähnt und was da in Arbeitslagern passiert bis hin zum Organraub, dass das auch im Westen weder gesehen noch blockiert wird. Also dass damit endlich einmal aufgehört wird. Aber diese Situationen hängen bis heute in der Luft, das ist weltweit so.
Lengsfeld: Also es scheint ja auch so zu sein, dass die Politiker nicht wirklich aus den Fehlern, die im Kalten Krieg gemacht wurden, gelernt haben. Sie haben nicht daraus gelernt, dass es ein Fehler war, die Kommunisten zu hofieren oder zu tolerieren, oder über die Verbrechen der Kommunisten hinwegzusehen, das ist bis heute der Fall.
Zwar ist das alles aufgearbeitet, auch der Stalinismus und die schrecklichen Dinge, die damals passiert sind, aber es ist nicht wirklich Bestandteil des öffentlichen Bewusstseins. Und auch wenn Kanzlerin Merkel jetzt ständig nach China fährt, und ganz offensichtlich bestrebt ist, die guten Beziehungen zu China möglichst wenig zu stören, zeigt doch wie wenig gelernt wurde.
Denn das, was China mit seinen Dissidenten macht, mit den Andersdenkenden, hat sich ja überhaupt nicht geändert in Bezug auf die Zeiten des Kalten Krieges. Und diese Sachen, dass chinesische Dissidenten als „Organspender“, als Unfreiwillige auf der Schlachtbank, denen man die Organe entnimmt und dann verkauft, dass das überhaupt niemanden interessiert, dass es da keinen Aufschrei gibt, sondern dass der Organhandel bestens funktioniert, und dass man davon ausgehen muss, dass die Organe auch hier in Europa landen und gerne abgenommen werden, das zeigt, dass die Mechanismen immer noch weiter wirken. Sowohl die menschenverachtenden Bestrebungen auf der einen Seite als auch die Bereitschaft auf der anderen Seite, darüber hinwegzugucken.
ET: Sie haben sich auch dazu geäußert, was aktuell in Bezug auf die weltweite Epidemie geschieht. Es geht jetzt auch um das Vertrauen des Westens, nicht nur gegenüber China, sondern auch gegenüber der WHO. Wie kommt es dazu, dass man vom Westen immer noch Zahlen glaubt – einem System, das wirklich nur auf seinen eigenen Machterhalt bedacht ist?
Lengsfeld: Das meine ich damit, dass aus den Fehlern die von den Politikern damals gemacht wurden, nicht gelernt wurde. Es ist nicht Planlosigkeit, es ist Ignoranz, mit der sie gegenüber Diktaturen handeln. Es war ja schon bezeichnend, dass Deutschland die Maßnahme von China übernommen hat und nicht von Taiwan zum Beispiel. Es war von Anfang an so, dass das diktatorische China sozusagen das Leitbild für die Behandlung der Corona Pandemie war.
Und jetzt haben wir die Situation – ich gebe zu, dass ich im März auch nicht wusste, wie schlimm diese Krankheit wirklich ist, und wie groß die Gefahr ist. Ich hatte allerdings im März schon immer gesagt, als dann der Lockdown verkündet wurde, dass ich befürchte, dass die Folgen des Lockdowns eines Tages vielleicht schlimmer sein könnten als die Folgen der Pandemie.
Inzwischen wissen wir viel mehr. Inzwischen wissen wir auch, dass schon im März und April die Corona-Betten weitgehend freigeblieben sind, dass es alle diese Auswirkungen, die da an die Wand geschrieben wurden, nicht gegeben hat. Es geht bis dahin – ich bin keine Medizinerin – aber es geht bis dahin, dass Mediziner sagen, dass der Lockdown erst verfügt wurde, nachdem die Pandemie bereits im Abklingen war. Wir haben eine Untersterblichkeit inzwischen, nun wissen wir das auch. Keine Übersterblichkeit, sondern eine Untersterblichkeit, und trotzdem werden keine Konsequenzen gezogen, sondern die Propaganda, die Corona-Propaganda wird immer schärfer.
Es ist inzwischen ein regelrechtes Propagandatrommelfeuer, jeden Tag gibt es auf allen Kanälen diese Corona-Berichte, und auch das hat wieder Auswirkungen. Ich habe heute früh zufällig in der Lebenszeit im Deutschlandfunk einen Bericht gehört: „Ich hatte Corona“. Dort wurden Betroffene interviewt und es kamen auch Ärzte und eine Psychotherapeutin zu Wort. Für mich war ganz spannend zu hören, was die Psychotherapeutin zu sagen hatte, nämlich, dass viele ehemalige Patienten, aber auch Nicht-Patienten, Leute, die nie Corona hatten, unter Angstzuständen, Angstattacken leiden und behandelt werden müssen, wegen Schlaflosigkeit, Angstattacken und so weiter.
Und dann hat sie auch gesagt, dass die Leute, die gar nicht krank geworden sind, Waschzwänge entwickeln, dass sie ständig ihre Hände waschen, ständig duschen, Angst davor haben, andere Menschen zu treffen, dass es Leute gibt, die ihre Wohnungen kaum noch verlassen. Auch hat sie von Leuten gesprochen, die ständig im Home-Office bleiben, ihren Tag nicht mehr richtig strukturieren. Also, dass sie das Gefühl für strukturierte Tage verlieren. Zu spät aufstehen, sich nicht mehr anziehen. Sie hat die Folgen dieser fehlenden Sozialkontakte und auch einer gewissen sozialen Kontrolle untereinander unbeabsichtigt drastisch geschildert.
Und ich denke, das wird uns in den künftigen Monaten noch mehr beschäftigen. Unser Gesundheitsminister will ja den Ausnahmezustand möglichst bis zum nächsten März 2021 aufrecht erhalten. Der Maskenzwang wird ja inzwischen immer stärker kontrolliert, auch von der Polizei, nicht nur in Bayern, sondern, wie ich es selbst erlebt habe, auch in Mecklenburg-Vorpommern.
Markus Söder spricht schon davon, auch die Bundeswehr einzusetzen. Und auch da vermisse ich den Aufschrei. Die Linke hat sich immer gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren mit Händen und Füßen gewehrt. Jetzt wird es verkündet, dass man die Bundeswehr einsetzen will, um den Maskenzwang zu kontrollieren, und der Aufschrei bleibt aus. Und was diese psychosozialen Folgen sind, das können wir jetzt schon ahnen, aber auch darauf wird überhaupt nicht reagiert. Genauso wenig, wie auf die wirtschaftlichen Folgen reagiert wird.
Heute hat Gesundheitsminister Spahn erst verkündet, die Leute sollten die Herbstferien lieber im eigenen Land verbringen als im Ausland. Er hat dann noch in einem Nebensatz gesagt: Ja, ich weiß, das wird schwer für die Reiseveranstalter, aber es hätte sich ja gezeigt, dass Reisen gefährlich sei, dass das zu Infektionen führen würde. Die Dekonstruktion unserer wirtschaftlichen Grundlagen, das wird nicht nur nicht thematisiert, sondern bisher leider – bis auf eine kleine Minderheit – schweigend hingenommen.
Ich frage mich, was das für eine Gesellschaft ist, die ihre Bürger in Panik versetzt, in Dauerpanik. Inzwischen ist es ja eine Dauerpanik mit diesen Folgen, die ich eben beschrieben habe, und was soll so eine Gesellschaft für eine Zukunft haben. Diese Frage wird gar nicht gestellt.
ET: Und wo sehen Sie Wege in die Zukunft?
Lengsfeld: Wir haben nur einen Weg in die Zukunft, nur einen guten. Es gibt ja immer mehrere Wege, gute und schlechte und katastrophale. Wir haben nur einen guten Weg in die Zukunft und das ist die Überwindung der Corona-Diktatur, die sich vor unseren Augen etabliert hat.
Das Gespräch führte Renate Lilge-Stodieck
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