US-Raketen in Deutschland: Mützenich sieht beträchtliches Risiko für Eskalation

Die USA wollen in Deutschland Waffensysteme stationieren, die weit bis nach Russland reichen. Kanzler Scholz hat zugestimmt – der SPD-Fraktionschef dagegen sorgt sich vor einer Eskalation.
Rolf Mützenich ist jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten. (Archivbild)
Rolf Mützenich ist jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten. (Archivbild)Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times20. Juli 2024

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Bedenken gegen die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland. „Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine verbessern, aber wir dürfen die Risiken dieser Stationierung nicht ausblenden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Raketen haben eine sehr kurze Vorwarnzeit und eröffnen neue technologische Fähigkeiten. Die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation ist beträchtlich.“

Die NATO verfüge auch ohne die neuen Systeme über „eine umfassende, abgestufte Abschreckungsfähigkeit“, argumentierte der Fraktionschef der Kanzlerpartei. „Mir erschließt sich auch nicht, warum allein Deutschland derartige Systeme stationieren soll. Unter Lastenteilung habe ich bisher etwas anderes verstanden.“ Er würde sich wünschen, „dass die Bundesregierung ihre Entscheidung einbettet in Angebote zur Rüstungskontrolle“. Helmut Schmidt habe das in der Nachrüstungsdebatte auch so gehalten.

Kanzler Scholz weist Befürchtungen einer Eskalation zurück

Am Rande des NATO-Gipfels hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung kürzlich bekanntgegeben, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen. Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies später Befürchtungen zurück, die geplante Stationierung könnte zu einer Eskalation mit Russland führen. Die Waffen dienten der Abschreckung und sollten Angriffe aus einem „sicheren Hinterland“ von vornherein verhindern. „Worum es uns immer geht, ist ja, einen Krieg zu verhindern.“

Mützenich strebt weiter Abzug von US-Atomwaffen an

Mützenich bekräftigte, dass er perspektivisch weiterhin einen Abzug der verbliebenen US-Atomsprengköpfe aus Deutschland anstrebt. „Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass gerade diese Form der atomaren Abschreckung sicherheitspolitisch keinen Sinn macht“, sagte er den Funke-Zeitungen. Die Vorstellung, dass Sprengköpfe mit Flugzeugen zu einem gegnerischen Ziel gebracht werden, scheine ihm etwas aus der Zeit gefallen.

„Mir ist klar, dass der Abzug der amerikanischen Atomsprengköpfe in der NATO gegenwärtig nicht mehrheitsfähig ist“, räumte Mützenich ein, der jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten ist. „Aber wir sollten das Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Die sogenannte nukleare Teilhabe der NATO sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen der Partnerstaaten abgeworfen werden. Die Bundeswehr hält dafür Kampfflugzeuge vor. In Büchel in der Eifel sollen – offiziell nie bestätigt – etwa 20 thermonukleare B61-Gravitationsbomben der US-Streitkräfte lagern. (dpa/red)



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