US-Langstreckenwaffen in Deutschland – Kreml kündigt Antwort auf „sehr ernste Bedrohung“ an

Einen noch stärkeren Konfrontationskurs gegen Russland und noch mehr Unterstützung für den Nicht-Mitgliedstaat Ukraine hat der NATO-Gipfel in Washington, D. C. gebracht. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, Deutschland zum Angriffsziel im Kriegsfall zu machen.
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Der französische Präsident Emmanuel Macron trifft sich mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande des NATO-Gipfels zum 75-jährigen Jubiläum in Washington, D. C. am 10. Juli 2024.Foto: Ludovic Marin/AFP via Getty Images
Von 11. Juli 2024

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Mit Beschlüssen eines weiteren Pakets von 40 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine, zusätzlichen Kampfjets und der Stationierung von Langstreckenwaffen in Deutschland ist der NATO-Gipfel in Washington, D. C., am Donnerstag, 11. Juli, zu Ende gegangen. Der Weg Kiews in das Bündnis wurde als „unumkehrbar“ deklariert.

Neben Tomahawk-Marschflugkörpern mit mehr als 2.000 Kilometern Reichweite wollen die USA unter anderem auch neu entwickelte Überschallwaffen in Deutschland stationieren. Diese Waffensysteme könnten unter anderem auch Moskau erreichen. Im Jahr 2026 sollen sie deutschen Boden erreicht haben.

Dass Deutschland der Standort dafür sein soll und die NATO von einem neuen Hauptquartier in Wiesbaden aus Waffenlieferungen und Soldatenausbildung für die Ukraine koordinieren will, stößt bei Bundeskanzler Olaf Scholz auf Billigung. Deutschland sei „das größte Land innerhalb Europas, innerhalb des NATO-Bündnisses“. Daraus erwachse dem Land eine „besondere Verantwortung“, welcher er „gerecht werden“ wolle.

Die Waffen sollen der Abschreckung eines vermeintlich drohenden Angriffs Russlands auf das europäische Bündnisgebiet dienen. Dafür, dass der Kreml einen solchen ins Auge fassen könnte, gibt es bis dato keine belastbaren Indizien.

Biden hat den Gipfel bislang ohne größere Pannen über die Bühne gebracht.

Überraschende Entscheidung beim NATO-Gipfel: Die USA stationieren wieder weitreichende Waffen in Deutschland. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Russland kündigt Antworten auf „sehr ernste Bedrohung“ an

Russland hat als Reaktion auf den NATO-Gipfel in Washington eine „sehr ernste Bedrohung“ durch das westliche Militärbündnis beklagt und Gegenmaßnahmen angekündigt. Russland werde die Entscheidungen und die Abschlusserklärung des NATO-Gipfels in Washington „sehr genau analysieren“ und „durchdachte, koordinierte und effektive Maßnahmen ergreifen, um die NATO einzudämmen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen am Donnerstag in Moskau. Er machte keine Angaben dazu, um welche Maßnahmen es sich handeln könnte und wann diese ergriffen werden sollen.

Peskow sprach von einer „sehr ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit“ Russlands. Die NATO sei nun „voll in den Konflikt um die Ukraine verwickelt“, fügte der Kreml-Sprecher hinzu. Das Bündnis sei ein „Instrument der Konfrontation und nicht des Friedens und der Sicherheit“.

Russland habe schon immer gesagt, dass eine Aufnahme der Ukraine in die NATO „eine inakzeptable Bedrohung für uns darstellt“, sagte Peskow. Nun habe die NATO ein Dokument verabschiedet, „das besagt, dass die Ukraine der NATO endgültig beitreten wird“.

Kremlsprecher Dmitri Peskow nennt die Nato-Beschlüsse bedrohlich für Russland und will reagieren. (Archivbild)

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nennt die NATO-Beschlüsse bedrohlich für Russland. (Archivbild) Foto: Evgenia Novozhenina/AP/dpa

Harsche Reaktionen auf X: „Wie ein Vasallenstaat“ – „Deutschland wird Erstschlagsziel“

Es ist nicht das erste Mal nach Ende des Kalten Krieges, dass die USA Waffen mit einer so großen Reichweite in Deutschland stationiert hatten. Noch in den 1990er-Jahren habe es solche trotz der damaligen Entspannungspolitik gegeben. Die – zunächst als temporär angekündigte – Maßnahme solle den USA zufolge deren „Engagement für die NATO und die Abschreckung in Europa verdeutlichen“.

Als „höchst problematisch“ bezeichnet hingegen der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei-Gruppe im Bundestag, Dietmar Bartsch, die Einigung. Es werde „die Aufrüstungsspirale unter der Überschrift Abschreckung weitergedreht“. Dies könne in einem neuen Rüstungswettlauf enden.

Neben Gründerin Sahra Wagenknecht hat namens des BSW auch dessen außenpolitische Sprecherin Sevim Dağdelen scharfe Kritik an der Zustimmung der deutschen Bundesregierung zu der Stationierung geübt. Die Politikerin, die erst im April ein kritisches Buch über das Bündnis publiziert hat, wirft der Ampel auf X vor, „wie ein Vasallenstaat“ zu agieren.

Der Ökonom Stefan Homburg sieht Deutschland durch die von der NATO beschlossenen Maßnahmen zum „Erstschlagsziel“ werden. Zu den Stationierungen neuer Waffen kämen noch die Verlegung einer Brigade der Bundeswehr an die russische Grenze und der Ausbau Wiesbadens zum „Kriegszentrum“. Auf X äußert Homburg:

„Mir ist unbegreiflich, warum eine Bundesregierung, die einen Eid auf unser Land geschworen hat, diese Entwicklung vorantreibt.“

Der Chef der „Weltwoche“, Roger Köppel, nennt die NATO aufgrund ihrer Beschlüsse ein „Unfriedensbündnis“.

Grüne sehen „Klärungsbedarf“ bei Kanzler Olaf Scholz

In den Reihen der Grünen sieht man angesichts der geplanten Stationierung von US-amerikanischen Langstreckenwaffen „Klärungsbedarf“. Sicherheitssprecherin Sara Nanni fordert in der Freitagsausgabe der „Rheinischen Post“ Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer „klaren Einordnung“ auf. Diese müsse den Hintergrund und die finanziellen Aspekte des geplanten Schrittes umfassen.

Dass der Kanzler sich nicht im Detail geäußert und für Klarheit gesorgt habe, „kann sogar Ängste verstärken und lässt Raum für Desinformation und Verhetzung“. Die „weitreichende Entscheidung“ der USA und des Kanzlers stünden „im Kontrast zur aktuellen Haushaltseinigung“. Außerdem stellten sie einen Gegensatz zur „vergleichsweise zurückhaltenden Kommunikation über den Ernst der Lage durch Olaf Scholz selbst“ dar.

Kanzler Olaf Scholz spricht am 10. Juli 2024 auf dem NATO-Gipfel zum 75. Jubiläum in Washington, D. C. Foto: Steffen Kugler/Bundesregierung via Getty Images

Union will NATO-Beschluss schnellstmöglich umsetzen – und Aufrüstung im Haushalt abbilden

Der Union kann es mit der Stationierung der US-Langstreckenwaffen in Deutschland hingegen nicht schnell genug gehen. Ihr Fraktionsvize Johann Wadephul erklärte gegenüber der am Freitag erscheinenden „Rheinischen Post“, er gehe davon aus, dass eine von der Union geführte Bundesregierung die „absolut richtige“ Vereinbarung schnellstmöglich umsetzen wolle.

Die USA unterstrichen damit ihr Bekenntnis zu einem „fortwährenden sicherheitspolitischen Engagement“ in Europa. Dazu gingen sie „erneut in Vorleistung“. Die jüngste Haushaltseinigung der Ampel sei „ein Schritt zurück“ bezüglich einer größeren Verantwortung Deutschlands im Bündnis. Eine unionsgeführte Bundesregierung werde „die äußere Sicherheit zur absoluten Priorität machen“. Dies werde sich auch in den Haushalten abbilden.

(Mit Material von afp)



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