Urteil aus Hessen: BioNTech haftet nicht für Impfschäden – kein Schadensersatz

Das OLG Frankfurt entschied, dass BioNTech keinen Schadensersatz in einem Fall behaupteter Impfschäden nach der COVID-Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty zahlen muss. Die Klägerin könne keinen Kausalzusammenhang zwischen der Impfung und den Gesundheitsschäden sowie kein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachweisen.
Nach aktuellem Stand der Wissenschaft hat Comirnaty bei Infektion mit der Delta-Variante eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent gegen eine schwere Covid-19-Erkrankung - bei der Omikron-Mutante zeigen erste Daten, dass der Schutz weniger gut ist.
Der Comirnaty-Impfstoff von BioNTech.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 3. März 2025

Das Mainzer Pharmaunternehmen BioNTech muss in einem Fall behaupteter Impfschäden nach einer COVID-Impfung keinen Schadensersatz zahlen. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main bereits am 19. Februar (Az.: 23 U 13/24). Betroffen ist der Impfstoff Comirnaty, der in Deutschland am häufigsten verimpft wurde.

„Die Klägerin habe bereits kein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffes zur Begründung von Ansprüchen nach § 84 des Arzneimittelgesetzes (AMG) dargelegt“, hieß es dazu in einem am 27. Februar veröffentlichten Schreiben des Gerichtes.

§ 84 des AMG besagt, dass eine Schadensersatzpflicht nur dann besteht, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen verursacht, „die über ein nach den medizinischen Erkenntnissen vertretbares Maß hinausgehen“ oder der Schaden aufgrund einer Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation entsteht, die nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht.

Gericht sieht keinen Kausalzusammenhang

Für die Beurteilung der Nutzen-Risiko-Abwägung ist es entscheidend, auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse abzustellen, wie das Gericht in seinem Schreiben erläutert. Die Klägerin könne kein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis darlegen und auch keinen Kausalzusammenhang zwischen der COVID-Impfung und den geltend gemachten Gesundheitsschäden nachweisen.

Im Jahr 2021 wurde die Klägerin dreimal mit dem Comirnaty-Impfstoff geimpft. Seitdem leide sie unter verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden, darunter Herzmuskelschwäche, starke Konzentrationsstörungen, körperliche Leistungseinbußen, verminderte Belastbarkeit, schnellere Erschöpfung im Beruf und Alltag, Wortfindungs- und temporäre Bewusstseinsstörungen sowie chronische Erschöpfung. Vor den Impfungen sei sie gesund und leistungsfähig gewesen.

Aufgrund der behaupteten Impfschäden forderte sie Schadenersatz und Schmerzensgeld von dem Biotechnologie-Unternehmen.

Gericht beruft sich auf „gebündelte Expertise“ der EMA und PEI

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte die Klage der Frau zuvor im Februar 2024 abgewiesen (Az. 2-12 O 264/22). In der aktuellen Berufungsverhandlung vor dem OLG wurde diese Abweisung bestätigt. Das OLG erklärte, dass die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch nach dem AMG geltend machen könne.

Bereits die Zulassung des Impfstoffs, die ein arzneimittelrechtlich unbedenkliches Nutzen-Risiko-Verhältnis voraussetzt, spreche für ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zum Zeitpunkt der Zulassung, so die Begründung des OLG.

Diese Einschätzung stimme mit der „gebündelten Expertise“ der European Medicines Agency (EMA) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) überein. Auch die Ständige Impfstoffkommission empfehle weiterhin den Impfstoff, so die Mitteilung.

Des Weiteren war der Vortrag der Klägerin aus Sicht des Gerichts nicht geeignet, die Zulassung des Comirnaty-Impfstoffs infrage zu stellen. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin nicht darlegen konnte, dass bei der Zulassungsentscheidung bekannte Umstände nicht berücksichtigt wurden oder dass nach der Zulassung Nebenwirkungen aufgetreten sind, deren Kenntnis eine Zulassung unmöglich gemacht hätte.

Der Vorwurf der Klägerin, dass die Zulassungsbehörden mögliche Risiken bei der Zulassungsentscheidung nicht angemessen berücksichtigt hätten, wurde daher vom Gericht zurückgewiesen.

Auch der Vorwurf einer Abweichung zwischen dem zugelassenen und dem verabreichten Impfstoff wurde als unbegründet angesehen, da es an belastbaren Anhaltspunkten fehle. Darüber hinaus konnte die Klägerin keine besondere Gefährlichkeit des Comirnaty-Impfstoffes nachweisen.

Antrag auf Revision möglich

Ihr Hinweis auf das Vorhandensein von Spike-Proteinen in ihrem Körper war für das Gericht nicht ausreichend, um eine besondere Gefährlichkeit des Impfstoffs zu belegen, da diese auch durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 verursacht worden sein könne.

Auch die Kritik an den Wirksamkeitsdaten und der Methodik zur Erhebung dieser Daten überzeugte das Gericht nicht. Es fehle an hinreichenden Anhaltspunkten, um diese Bedenken zu stützen.

Zudem konnte der Vortrag der Klägerin zum angeblich fehlenden Nutzen des Comirnaty-Impfstoffes das Gericht nicht überzeugen. Der Vortrag wurde als teilweise widersprüchlich und letztlich substanzlos eingestuft.

Die bloße Tatsache, dass die Übertragung von Viren nicht vollständig verhindert wird, entwertet nicht die Eigenschaft des Impfstoffs als Schutzimpfung. Die zahlreichen Literaturhinweise und zitierten Studien, die die Klägerin vorlegte, konnten die Vorwürfe nicht ausreichend stützen, so das Gericht in seiner Pressemitteilung. Daher sah das Gericht keine Fehler in den Fach- und Gebrauchsinformationen, die dem Impfstoff beigefügt wurden.

Die Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann durch eine Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung zur Revision beantragen.

206.797 Verdachtsmeldungen zu Comirnaty

Laut dem Robert Koch-Institut wurden in Deutschland von insgesamt 192 Millionen COVID-19-Impfungen etwa 75 Prozent des BioNTech-Impfstoffs Comirnaty verabreicht. Insgesamt sollen rund 65 Millionen Menschen in Deutschland gegen COVID-19 geimpft worden sein.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) verzeichnete bis zum 31. März 2023 insgesamt 206.797 Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen nach der COVID-19-Impfung mit Comirnaty. Darüber hinaus wurden 38.147 Verdachtsfälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen im Zusammenhang mit dem Comirnaty-Impfstoff gemeldet.

Bis zum gleichen Zeitpunkt erhielt das PEI insgesamt 340.282 Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen nach einer COVID-19-Impfung mit allen Impfstoffen. In 56.432 Fällen wurde der Verdacht auf eine schwerwiegende Impfnebenwirkung geäußert.

Laut einem Medienbericht vom Januar 2024 waren zu diesem Zeitpunkt 467 Impfschäden durch eine COVID-19-Impfung offiziell anerkannt worden. Der Bericht zufolge hatten bis dahin 11.827 Menschen einen Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens aufgrund einer COVID-Impfung gestellt.

Die Quelle beruft sich bei diesen Angaben auf eine Abfrage der zuständigen Behörden in allen 16 Bundesländern. Dem Bericht zufolge wurden mehr als 5.000 Anträge abgelehnt, 658 Anträge hatten sich aus verschiedenen Gründen erledigt, und 5.597 Anträge waren noch nicht bearbeitet worden.



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