Habeck: Personalentscheidungen erst nach Verhandlungen

Wer wird die Nummer eins der Grünen in einer neuen Regierung? Die Parteichefs Habeck und Baerbock haben sich schon untereinander verständigt. Das sorgt für Unmut in der Partei - und führt zu einem ungewöhnlichen Auftritt Habecks am Tag zwei nach der Wahl.
Titelbild
Robert Habeck und Annalena Baerbock bei einer Pressekonferenz zum Ausgang der Bundestagswahl.Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa/dpa
Epoch Times29. September 2021

Die Grünen wollen bei einer Regierungsbeteiligung erst nach den Koalitionsverhandlungen über ihre personelle Aufstellung entscheiden.

Parteichef Robert Habeck machte am Dienstag vor einer Fraktionssitzung klar, dass „selbstverständlich am Ende eines solchen Prozesses über Inhalt und Personal – das gesamte Tableau – die Partei über einen Parteitag oder eine Mitgliederbefragung“ entscheiden werde. Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Frage, wer den Vizekanzlerposten übernehmen werde, „völlig irrelevant“. „Wir haben ja nicht mal einen Kanzler.“

Habeck bekräftigte aber, dass er sich mit seiner Co-Vorsitzenden, der bisherigen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen schon über alle relevanten Fragen verständigt habe. Schon am Montag hatte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock auf die Frage, wer denn den Vizekanzlerposten übernehmen werde, gesagt: „Gehen Sie davon aus, dass wir komplett sortiert sind.“ Man wolle das jetzt aber nicht „zu Markte tragen“.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Online) berichtete kurz danach, dass die beiden sich schon vor längerer Zeit für den Fall eines schlechten Wahlergebnisses auf Habeck als Vizekanzler verständigt hätten. Der Deutschen Presse-Agentur wurden die Angaben aus Parteikreisen bestätigt.

In einem Dreierbündnis würden beide kleineren Koalitionspartner einen Vizekanzler stellen. Sollte Habeck diesen Posten übernehmen, würde das einen Rollenwechsel bedeuten: Die Nummer eins im Wahlkampf wäre dann nur noch die Nummer zwei und umgekehrt.

Trittin: Die Partei entscheidet

Beim linken Flügel der Partei sorgte die Ansage Habecks für Unmut. Der frühere Umweltminister und Fraktionschef Jürgen Trittin warnte davor, sich schon jetzt auf die Verteilung von Posten festzulegen. Darum könne es erst nach den Verhandlungen gehen. „Das entscheidet die Partei und nicht nur zwei Personen in persönlichen Gesprächen.“

Habeck trat nach den Berichten und der Kritik am Dienstag völlig unerwartet für ein zweiminütiges Statement vor die Kameras. Er werde mit Baerbock „in großer Gemeinsamkeit, in großer Geschlossenheit, in großer Stärke die Koalitions- und Sondierungsgespräche gemeinsam führen“, betonte er. Die Partei stehe „in 120-prozentiger Geschlossenheit“ hinter Baerbock. Habeck betonte auch, „dass es sich geradezu nicht geziemt, in Personalspekulationen einzusteigen, bevor wir überhaupt Sondierungsgespräche aufgenommen haben“.

Die Grünen waren am Sonntag bei der Bundestagswahl mit einem Wahlergebnis von 14,8 Prozent weit hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben. Kanzlerkandidatin Baerbock landete abgeschlagen auf Platz drei hinter Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU/CSU). Nun kommen Dreierbündnisse mit SPD und FDP oder mit Union und FDP in Frage.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rechnet eher mit einer sogenannten Ampel unter einem Kanzler Scholz. „Wir werden selbstverständlich mit allen demokratischen Parteien reden“, sagte er. Wahrscheinlicher sei aber, „dass es am Ende zu einer Ampel kommt“. Seine Partei wolle sich an einer Regierungsbildung beteiligen, die „keine Regierung des kleinsten gemeinsamen Nenners“ ist. In der laufenden Woche wollen Grüne und FDP miteinander sprechen. Danach will die SPD mit Vertretern beider Parteien reden.

Die neue Grünen-Fraktion hat 118 Abgeordnete. Das sind 51 mehr als in der vergangenen Legislaturperiode. Die Grünen-Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt und Hofreiter bleiben vorerst im Amt. Das sieht die vorläufige Geschäftsordnung vor, die die neue Fraktion sich bei ihrer konstituierenden Sitzung am Donnerstag (10.00 Uhr) geben will, wie die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann sagte. Auch sie selbst soll demnach zunächst kommissarisch im Amt bleiben. Über eine mögliche Neubesetzung der Führungsriege der Fraktion soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, wenn es mehr Klarheit über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen gibt. (dpa/oz)



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